Forschende entdecken seltene Entzündungskrankheit bei 5-jähriger
Dr. Melanie SöchtigEine fünfjährige Patientin mit wiederkehrenden Fieber- und Entzündungsschüben hat Ärzte in Österreich vor ein Rätsel gestellt. Mittlerweile ist klar, dass sie unter einer bislang unbekannten Autoinflammationsstörung leidet.
Was versteht man unter seltenen Erkrankungen?
In Europa gilt eine Krankheit per Definition als selten, wenn sie höchstens eine von 2.000 Personen betrifft. Unter dem Begriff „seltene Erkrankungen“ finden sich die verschiedensten Krankheitsbilder, von denen viele genetisch bedingt sind.
Neue Krankheit: Physphomevalonatekinase Deficiency
Zu den sogenannten seltenen Erkrankungen gehört auch für die neu identifizierte Krankheit Physphomevalonatekinase Deficiency (PMKD).
Entdeckt hat die Erkrankung ein internationales Forschungsteam um Prof. Jürgen Brunner von der Medizinischen Universität Innsbruck. Jetzt haben die Wissenschaftler ihre Erkenntnisse im Journal of Allergy and Clinical Immunology publiziert.
Grundlage bildete der Fall eines damals neun Monate alten Mädchens, das 2019 erstmals ins Krankenhaus eingewiesen wurde. Neben hohem Fieber wies die Patientin Bläschen im Mund sowie erhöhte Entzündungswerte im Blut auf. Die Ergebnisse weiterführender Untersuchungen, einschließlich einer Knochenmarkspunktion, waren unauffällig.
5-Jährige mit unbekannter Autoinflammationsstörung
Als sie zwei Jahre später mit einem erneuten Fieberschub Brunner vorgestellt wurde, ging der Kinder- und Jugendrheumatologe seinem Verdacht auf ein periodisches Fiebersyndrom nach. Dabei handelt es sich um eine Gruppe von autoinflammatorischen Erkrankungen, bei denen es scheinbar ohne äußere Einflüsse („auto“) immer wieder zu Entzündungen („Inflammationen“) kommt. „Das Interessante an manchen dieser Autoinflammationsstörungen ist, dass sie Stoffwechsel und Entzündung verbinden“, erklärte Brunner in einer gemeinsamen Medieninformation der Medizinischen Universität Innsbruck und der Tirol Kliniken.
Ein Hinweis, dass Brunner mit seiner Einschätzung auf der richtigen Fährte lag, lieferten erhöhte Konzentrationen von Mevalonsäure, die an der Synthese von Cholesterin beteiligt ist, im Urin der kleinen Patientin. Im Rahmen einer Exomsequenzierung stellten die Forschenden einen Defekt im Gen des Enzyms Phosphomevalonatkinase (PMVK) fest. „Das passt wiederum zur vermehrten Ausscheidung von Mevalonsäure“, so Brunner.
Dass im Körper der Patientin keine PMVK gebildet wird, bestätigte auch eine Enzymanalyse. Während die genetische Veränderung bei den gesunden Eltern und Geschwistern nur auf einem Chromosom (heterozygot) nachgewiesen wurden, waren bei dem Mädchen beide Chromosomen betroffen (homozygot). Deshalb traten die Symptome nur bei ihr zutage.
Betroffenes Kind erfolgreich behandelt
Inzwischen ist die Patientin fünf Jahre alt und erhält jeden Monat eine Injektion mit einem Interleukin-1 Antagonisten, der die Entzündung in ihrem Körper erfolgreich unterdrückt. „Dem Mädchen geht es gut, es ist völlig normal entwickelt, besucht den Kindergarten und hat inzwischen alle Schutzimpfungen erhalten“, sagte Brunner.