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Medizin

Die Nachfrage steigt und steigt. Auch im Jahr 2021 war der Trend zu mehr Faltenbehandlungen ungebrochen, berichtet die Deutsche Gesellschaft für Ästhetisch-Plastische Chirurgie (DGÄPC).

Das sind die häufigsten Methoden der Faltenbehandlung

Botulinumbehandlungen belegten gemäß einer DGÄPC-Umfrage mit 33,5 Prozent den 1. Platz der nicht- beziehungsweise minimalinvasiven Behandlungen. Dermalfiller folgten knapp dahinter auf Platz 2 mit 32,1 Prozent.

Steigende Zahl an Problemen nach Behandlung

Weltweit wurden 1,6 Millionen Faltenbehandlungen mit Fillern im Jahr 2019 durchgeführt, ein Anstieg um 78 Prozent seit 2012. Aufgrund der schieren Masse kommt es auch bei der als sicher geltenden Behandlung zu einer steigenden Zahl an Komplikationen. Ihre Häufigkeit listet nun ein Forscherteam um Michelle Xiong im Journal of the American Academy of Dermatology auf.

In der sogenannten MAUDE-Datenbank („Manufacturer and User Facility Device Experience“) identifizierten sie für den Zeitraum von 2014 bis 2020 insgesamt 5.994 Meldungen.

Welche Komplikationen können nach Filler-Behandlungen auftreten?

Die häufigsten Komplikationen sind Entzündungen der Haut (16,0%), Schwellungen (14,1%), Infektionen (13,4%), Schmerzen (7,9%) und Erytheme (5,5%). Schwerwiegende Komplikationen sind seltener, allerdings bedeutsam. So machen Hautnekrosen 3,5 % der Komplikationen aus. Systemische Symptome, allergische Reaktionen und Blutdruckveränderungen treten zu jeweils 3,4% auf. In 1,5 % der Fälle wurde das Sehvermögen der Behandelten beeinträchtigt.

Welche Anwendungen besonders kritisch sind

Sowohl Hautnekrosen als auch die Beeinträchtigung des Sehvermögens traten am häufigsten im Zusammenhang mit Injektionen in die Wange, in die Nase und in die Nasolabialfalte auf. Hier sollte also mit besonderer Vorsicht injiziert werden. Immerhin: Schwellungen, Schmerzen und Erytheme haben seit 2014 abgenommen, vermutlich aufgrund des verbesserten Filler-Materials. Doch die Zunahme der bedenklichen Komplikationen deuten auf eine unzureichende Technik oder eine nichtsterile Arbeitsweise als Ursache hin.

Risiken durch Selbstinjektion von Hyaluron

Schon seit Jahren warnt die DGÄPC vor der massenhaften Verwendung von Fillern in Kosmetikstudios. Inzwischen treibt die Verharmlosung immer groteskere Blüten. Denn Filler gibt es mittlerweile auch zum Selbstinjizieren aus dem Internet. Die Produkte sind relativ niedrigpreisig, die Hemmschwelle gering, wenn Laien die Risiken nicht bewusst sind. Die unbedarfte Herangehensweise in den dilettantischen DIY-Videos auf Sozialen Medien ist teilweise nur schwer mitanzuschauen. Ästhetisch fragliche Ergebnisse gehören dabei zu den geringeren Problemen, denn medizinische Risiken werden weitgehend unterschlagen.

Gefahr durch Hyaluronsäure-Pens

Besonders leicht unterschätzt werden darüber hinaus sogenannte Hyaluronsäure-Pens ohne Nadel, die als vermeintlich sichere und schmerzfreie Alternative angepriesen werden. Die verschiedensten Modelle sind online schnell beschafft. Dass es durch die Druckluft mit bis zu 800 Stundenkilometern zu Verletzungen kommen kann, dass die Ware zudem oftmals unsteril ist und eine präzise Platzierung schwer möglich – all das spielt bei den Werbeversprechen naturgemäß keine Rolle. Die U.S. Food and Drug Administration (FDA) hat Hyaluron-Pens nicht zugelassen. Es seien schon ernste Verletzungen und in einigen Fällen dauerhafter Schaden an Haut, Lippen oder Augen aufgetreten.

Auf einem der großen Online-Marktplätze lautet indes die Empfehlung eines Anbieters explizit, vor der Verwendung des Pens nach Videos auf YouTube zu suchen, um die Anwendung dort zu erlernen.

Sicherheit durch Kenntnis

Die Deutsche Gesellschaft für Ästhetisch-Plastische Chirurgie (DGÄPC) warnt vor dem Trend zu Schönheitsbehandlungen durch Laien. „Jede ästhetisch-plastische Behandlung ist ein ernst zu nehmender medizinischer Eingriff und gehört in die Hände von Fachärzten und -ärztinnen. Ohne fachärztliche diagnostische Bewertung, Beratung und Durchführung besteht ein gesundheitliches Risiko“, betont DGÄPC-Vorstandsmitglied Dr. Lutz Kleinschmidt. Dr. Harald Kaisers, DGÄPC-Präsident, fügt hinzu: Nur Fachärzte und -ärztinnen kennen die komplexen anatomischen Strukturen, deren genaue Kenntnis eine sichere und zufriedenstellende Behandlung garantiert. Dieses Know-how stellen am besten gut ausgebildete Fachärztinnen und -ärzte sicher, um Komplikationen zu verhindern.“

Aufgrund der ernsthaften Komplikationen, die durch Behandlungsfehler entstehen können, fordert die DGÄPC eine strenge staatliche Regulierung.

Quellen und Literatur

DGÄPC-Statistik 2021: Ergebnisse der DGÄPC-Patientenbefragung 2020 / 2021
www.dgaepc.de/aktuelles/dgaepc-magazin/dgaepc-statistik-2021/

Xiong M et al. Retrospective analysis of the MAUDE database on dermal filler complications from 2014-2020. J Am Acad Dermatol 2022; https://doi.org/10.1016/j.jaad.2022.02.029

FDA: “Do Not Use Needle-Free Devices for Injection of Dermal Fillers – FDA Safety Communication”
www.fda.gov/medical-devices/safety-communications/do-not-use-needle-free-devices-injection-dermal-fillers-fda-safety-communication