Wirtschaftsnachrichten für Ärzte | ARZT & WIRTSCHAFT
Finanzen

Landwirtschaftliche Flächen gelten als traditionelles Investment für langfristige Anleger. Ist das eine Option für jedermann nach dem Motto „Acker statt Aktien“?

Meller: Setzen Sie bitte auf keinen Fall als einzige Geldanlage auf einen Acker! Bei einem überschaubaren Gesamtvermögen gilt es zuallererst ein Wertpapierdepot aufzubauen, das ist ertragsversprechender und flexibler. Ist hier ein ausreichender Bestand erreicht, kann es Sinn machen, durch Edelmetallpositionen für eine noch breitere Streuung zu sorgen. Erst wenn das alles in trockenen Tüchern ist, würde ich über ein zusätzliches Direktinvestment in Ackerland oder Ähnliches nachdenken.

Hans-Heinrich Meller, Vorstand bei der FiNUM.Private Finance AG
Foto: V-Bank

Was bedeutet der Klimawandel für die Landwirtschaft?

Meller: Die reine Nutzung als landwirtschaftliche Fläche wird durch höhere Temperaturen, Wassermangel oder auch ungewöhnlich lange Regenperioden immer komplexer. Es gibt zwar große Fortschritte etwa bei angepassten Züchtungen oder dem Einsatz von künstlicher Intelligenz von der passenden Sortenauswahl bis zur effizienten Beregnung. Aber letzten Endes werden die Herausforderungen für die Landwirtschaft in Deutschland und der restlichen Welt größer werden.

Welchen Effekt hat das auf die Nachfrage nach landwirtschaftlichen Flächen hierzulande?

Meller: In manchem Fällen wird der Klimawandel dazu führen, dass der Anbau von gewohnten Kulturen in vielen Regionen nur noch mit künstlicher Beregnung möglich ist oder ganz aufgegeben werden muss. Aber nur, weil irgendwo zum Beispiel kein Weizen oder Mais mehr angebaut werden kann, bedeutet das noch lange nicht, dass ein Acker nicht rentabel genutzt werden kann.

Kann das auch eine Chance für Landbesitzer sein?

Meller: Gerade die Flächen, die bisher für die Landwirtschaft eher uninteressant waren, etwa wenig ertragsversprechende Flächen zum Beispiel in der Eifel, haben ganz andere Perspektiven bekommen. Die Möglichkeiten reichen von geeigneteren Pflanzen etwa zur Produktion von Biosprit bis zur Hybridnutzung als Weidefläche für Schafe mit darüber gebauter Fotovoltaikanlage zur Stromerzeugung. Hier werden heute oft sehr ordentliche Verkaufspreise erzielt, die bei einer ausschließlich traditionellen landwirtschaftlichen Nutzung nicht denkbar wären.

Würden Sie empfehlen, ein im Familienbesitz befindliches Stück Nutzland eher schnell zu verkaufen oder lieber möglichst lange zu behalten?

Meller: Wer es sich leisten kann, also über ausreichend anderweitiges flexibles Vermögen verfügt, der sollte so ein landwirtschaftliches Vermögen derzeit auf gar keinen Fall leichtfertig verkaufen. Die Preisentwicklung geht im Großen und Ganzen steil aufwärts und letztlich gilt eine Grundregel: Ackerland und Co. können nicht einfach vermehrt werden. Gleichzeitig steigt der Bedarf an Flächen, egal ob für die Produktion von Nahrungsmitteln oder Biokraftstoffen und die alternative Stromerzeugung. Begrenztes Angebot bei steigender Nachfrage, das spricht stark dafür, dass Feld, Wald und Wiese in Zukunft noch wertvoller als jetzt sein dürften.

Checkliste: Die ersten Schritte bei einer Feld-, Wald- und Wiesen-Erbschaft

  1. Nachfolgereglung anstreben
    Durch die gesetzliche Erbfolge entstehen schnell Erbengemeinschaften, die nur einstimmig handeln können. Kommt es zum Streit, bleibt oft nur der Verkauf. Sollen landwirtschaftliche Flächen für die nächsten Generationen erhalten werden, ist es deswegen sinnvoll, rechtzeitig über ein Testament, Schenkungen etc. für eindeutige Regelungen zu sorgen.
  2. Steuerberater aufsuchen
    Selbst wenn in einer Familie seit Jahrzehnten niemand mehr als Landwirt tätig ist, können verpachtete Flächen einem ruhend landwirtschaftlichen Betrieb zugerechnet werden. Auch bei einer eventuell möglichen Mithilfe bei der Erschließung als Bauland lauern Steuerfallstricke. Je früher hier der Rat eines thematisch versierten Experten genutzt wird, desto besser.
  3. Wert ermitteln
    Über die Landwirtschaftskammern können Informationen eingeholt werden, in welcher Preisregion ein Stück Nutzland liegt. Wer wirklich verkaufen will, sollte das nicht unbedingt auf eigene Faust machen. Regional vernetzte Experten können oft bessere Preise erzielen als Laien.
  4. Pachtperspektive abschätzen
    Ist in der Familie keiner mehr als Bauer aktiv, werden entsprechende Flächen in den meisten Fällen verpachtet sein. Hier kann es sich durchaus lohnen, einen genauen Blick in den Pachtvertrag zu werfen. Läuft der in nächster Zeit aus, gibt es durch die Nutzung alternativer Energien heute oft einen breiteren Interessentenkreis als noch vor einigen Jahren und bessere Einnahmemöglichkeiten.
  5. Vermögenssituation analysieren
    Um rational zu entscheiden, ob Agrarland besser behalten oder verkauft werden sollte, sollte eine Analyse der persönlichen Vermögenssituation erfolgen. Ist zum Beispiel genug Reserve für die Altersvorsorge vorhanden oder stehen Eigenkapital-intensive Projekte wie der Kauf eines Eigenheims an? Grundsätzlich könnten gefragte Nutzflächen in Zukunft als Investment interessant sein, aber sind nicht in jedem Vermögensmix wirklich gut aufgehoben.

Autor: Florian Junker