Zum Teufel mit den Strafzinsen: Meins bleibt meins!
Karsten MattÜber Generationen galt das Prinzip: Wer sein Geld zur Bank bringt, wird mit einem Zins für sein Vorhaben belohnt. Das hat sich in den letzten Jahren jedoch gründlich geändert. Nachdem sich der Zins für Spareinlagen kontinuierlich gegen null senkte, wird es seit wenigen Jahren noch schlimmer.
Viele Anleger bekommen in diesen Tagen unerfreuliche Post von ihren Banken und Sparkassen. Diese teilen ihnen mit, dass sie für ihr erspartes Geld jetzt Gebühren zahlen sollen – also statt positiven Verwahrzinssätzen negative Strafzinsen “bekommen”.
Negativzinsen
Banken nennen das “Verwahrentgelt” und bestrafen damit diejenigen Sparer, die sich in der Vergangenheit ein größeres Polster auf dem Bankkonto angespart haben. Sparer bekommen diesen Zinshammer mit der Hauspost mitgeteilt. Unter dem Betreff „Informationen zu Ihrem Zinssatz“ wird man darüber informiert, dass man zukünftig ab einem Sparguthaben von 250.000 €, bei manchen Banken sogar schon ab 100.000 €, um die 0,5% Zinsen zahlen muss.
Warum gibt es Strafzinsen?
Für die Einführung der Negativzinsen gibt es mehrere Gründe: Banken geraten zunehmend unter Druck. Früher verdienten sie gut damit, mehr Zinsen für Kredite zu verlangen, als für Sparguthaben zu gewähren. In diesen Zeiten bauten Banken aber auch einen großen Kostenapparat auf, der ihnen heute auf die Füße fällt. Nun sucht man nach neuen Einnahmequellen.
Zugleich sorgt die Weltpolitik dafür, dass Zinsen seit vielen Jahren quasi nicht mehr vorhanden sind und auf absehbare Zeit wohl auch nicht mehr wiederkommen. Seit 2014 verlangt die europäische Zentralbank von den europäischen Banken zudem Strafzinsen, wenn sie Geld bei der Notenbank parken. Aktuell liegt der Strafzins bei 0,5%. Dieser wurde zuerst an Firmenkunden weitergegeben und wird jetzt auch an Privatkunden weitergereicht, weil die Kosten nicht mehr kompensiert werden können.
Katalysator Corona
Corona verschärft diese Krise noch weiter. Die Pandemie sorgt dafür, dass keine Zinswende eintreten wird. Bankkunden brauchen Kredite, an denen die Bank wenig Geld verdient. Kredite drohen auszufallen, weil Kreditnehmer durch die harten Lockdowns pleite gehen. Es gibt also kaum eine Chance, den Anlegern den Strafzins zu ersparen. Man muss sich vielmehr Gedanken machen, ob alle Banken diese Krise überleben werden.
Wem gehört das Geld auf der Bank?
Als Banken und Sparkassenkunde ist man meist der irrigen Annahme erlegen, dass das Geld, welches man der Bank zum Verwahren gegeben hat, weiterhin einem selbst gehört. Das ist so aber leider nicht richtig. Seit Inkrafttreten des Sanierungs- und Abwicklungsgesetz (SAG) am 1.1.2015 gehört das Geld erst einmal der Bank. Das betrifft Festgeldkonto, Tagesgeldkonto, Girokonto und Sparbuch. Zahlt der Sparer auf diese Bankprodukte ein, gehört das Geld zukünftig der Bank. Er wird quasi Gläubiger der Bank. Und ein Gläubiger glaubt bekanntlich, dass er bekommt, was ihm zusteht. Weil er es nicht sicher weiß. Sollte eine Bank in Schieflage geraten, garantiert der Staat ihren Spareinlagen bis 100.000 € Sicherheit. Auch daran muss man glauben, wenn es zu einem Bankencrash kommt.
Gefährliche Alternativen
Um den Minuszins zu vermeiden, flüchten Anleger von vermeintlich sicheren Anlageformen mit Negativzins zu anderen Produkten und begeben sich dabei in neue Gefahren. Von ihren Hausbanken werden sie daran selten gehindert, denn diese verdienen kräftig mit. Bitcoin, Zertifikate, Gold, Silber, Immobilien und Immobilienfonds, Aktien. Die Alternativen zu Spareinlagen sind groß und verlockend. Aber ähnlich wie beim Goldrausch zu Beginn des 20. Jahrhunderts in den USA, wird es auch bei diesen Anlagen wenige Gewinner und sehr viele Verlierer geben. Denn die alternativen Anlagemöglichkeiten sind oft mit einem hohen und oftmals unkalkulierbaren Risiko verbunden.
Erfolg ist planbar
Was also soll man tun? Zielen und planen heißt die echte Erfolgsformel. Bevor sich ein Anleger in neue Anlageformen stürzt, sollte er überlegen, mit welchem Ziel er sein Geld an den Finanzmärkten arbeiten lassen möchte. Danach sollte er einen Plan zur Zielerreichung erstellen. Kurz- und mittelfristige Ziele sollten einer anderen Risikoklasse angehören als langfristige Ziele. Als Faustformel kann man nehmen, dass kurzfristige Ziele einen Zeitraum von 3-5 Jahren umfassen, mittelfristige Ziele 5-10 Jahre und langfristige Ziele über 10 Jahre hinausgehen.
Beispiel:
Nehmen wir an, dass auf Ihrem Geschäftskonto 400.000 € aufgelaufen sind. Für eine geplante Anlage bietet sich hier ein einfaches Kontensystem an. Auf einem Geschäftskonto deponiert man das Geld für kurzfristige Neuanschaffungen und Renovierungen und zahlt 100.000 € ein. Das zweite Konto beinhaltet das Geld für mittelfristige Investitionen, wie z.B. den geplanten Umbau der Praxis in 5 Jahren. Hier werden für den entsprechenden Zeitraum ca. 150.000 €. angelegt Und auf dem Konto für die langfristigen Ziele sind aktuell schon 150.000€ eingeplant. So werden Gelder von Beginn an zweckgebunden und man erhält mehr Überblick. Den mittelfristigen Bereich kann man z.B. mit Anleihen-Investments absichern, langfristig ist das Geld in einem vernünftigen ETF Portfolio perfekt aufgehoben.
Fokus auf die richtige Produktauswahl
Hat man im ersten Schritt seine Ziele klar definiert, ist es wichtig die passenden Produkte für seine Ziele zu finden. Passt das Risiko zu mir? Gibt es versteckte Kosten, die meine Rendite auffressen? Verstehe ich das Produkt, in welches ich investieren möchte? Kann mich dieses Finanzprodukt zu meinem persönlichen Ziel bringen? Kann mir meine Bank dieses Produkt liefern? Gerade letzteres ist stark zu bezweifeln, da Banken kein Interesse daran haben, Produkte anzubieten, die vorrangig dem Anleger einen Mehrwert liefern.
Investition in Finanzbildung
Niemand kann überall wirklich gut sein. Ein guter Arzt, Zahnarzt, Unternehmer muss noch lange kein guter Anleger sein, auch wenn er die geistigen Fähigkeiten dazu sicherlich besäße. Dennoch ist Finanzbildung wichtig. Man muss verstehen, was die gut geschulte und verkäuferisch geschickte Finanzindustrie verkaufen möchte. Man muss in der Lage sein, die richtigen Fragen zu stellen und für sich die richtigen Rückschlüsse daraus zu ziehen.
Einfach und effizient investieren
Die hilfreichsten Finanzanlagen sind die, die wenig kosten, efiizient Rendite erwirtschaften und einfach nachvollziehbar sind. Gerade die Exchange Traded Funds (ETF) sind in der Lage, im mittel- und langfristigen Bereich einen starken Beitrag zur persönlichen Zielerreichung zu leisten. Mit geringsten Kosten bilden sie einen breiten Markt ab. Ein weltweit anlegender ETF vereint durchaus die Wirtschaftskraft von über 1500 Unternehmen bei einer Kostenquote von ca. 0,2%. Ein Vergleich mit einem normalen Fonds wird da schwer, weil die Bank dort schon alleine mit Ausgabeaufschlag bei jedem Kauf bis zu 5% der Investitionssumme einkassiert. Vermittelt eine Bank ETF oder Indexfonds? Sicherlich nicht in einem „kostenfreien Beratungsgespräch“, weil sie daran keinen Cent verdienen kann.
Indexfonds und ETF sind auf Unternehmen aber auch auf Anleihen zu erwerben. Das versetzt den Anleger in die Lage, seine eigene Risikoaffinität auf sein ETF-Portfolio zu übertragen. Je mehr Risikobereitschaft der Anleger hat und länger die Laufzeit sein kann, desto weniger Anleihen baut man im Portfolio ein. Je ängstlicher der Anleger und kürzer die Laufzeit, desto weniger Aktien-ETF werden implementiert.
ETF-Anleger konnten in 2020 auf besonders sichere Anleihen eine Rendite von über zwei Prozent erzielen und somit ihr Vermögen nicht nur vor dem Strafzins bewahren, sondern sogar leicht vermehren.
Meins bleibt meins
Der Vorteil einer Geldanlage in ETF liegt also darin, dass man zum einen Kosten spart, also effizient investiert und dadurch mehr Rendite für sein Geld erreicht. Zum anderen rückt man aber auch die Besitzverhältnisse des Geldes wieder gerade. Lege ich mein Geld in einem Depot an, so bleibe ich Eigentümer meines Geldes, da es als Sondervermögen bei der verwahrenden Bank eingelagert ist. Kommt die Bank in Schieflage, hat sie kein Zugriffsrecht auf mein Vermögen. Ein Sicherheitsaspekt, welcher einfach nicht außer Acht gelassen werden darf.
Fazit
Die Probleme bei den deutschen Banken sind zum Großteil hausgemacht. Unflexibel, zu teuer und zu wenig auf der Seite ihrer Kunden. Der Strafzins ist nur das sichtbare Zeichen eines langsamen Verfalls. Anleger müssen diese Abwärtsspitale jedoch nicht mitmachen. Jeder hat die Chance mit einer gesunden Strategie, diesen Kreislauf zu durchbrechen. Wer sein Geld schützen möchte, sollte sich zuallererst informieren, einen Plan erstellen und dann handeln.