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Wie erfährt ein Erbe außerhalb der Familie davon, dass er geerbt hat?

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Carolin Vogel, Fachanwältin für Steuerrecht bei der Münchner Kanzlei CHP

Carolin Vogel: Wer nicht zum engeren Familienkreis zählt, erfährt von einer Erbschaft in der Regel durch ein Schreiben des Nachlassgerichts. Dazu muss allerdings das Gericht erst einmal Kenntnis davon erlangen, dass der Erblasser verstorben ist. Ist dann das Testament bei Gericht oder einem Notar hinterlegt oder jemand aus der Familie legt es vor, werden die darin genannten Erben informiert.

Warum ist es wichtig, den Zeitpunkt zu beachten und nicht zu lange abzuwarten?

Vogel: Erben haben eine sechswöchige Ausschlagungsfrist, ob sie das Erbe antreten wollen oder nicht. Die Zeit läuft, sobald man Kenntnis von der Erbschaft erlangt hat, und die Frist lässt sich nicht verlängern. Im Idealfall haben Erblasser und Erbe deswegen schon vorher alles gut durchgesprochen und der Erbfall trifft einen nicht unvorbereitet. Ist das alles eine große Überraschung, macht es Sinn, möglichst zügig den Rat von Fachleuten einzuholen.

In welchen Fällen ist es ratsam, ein Erbe auszuschlagen?

Vogel: Erben treten praktisch in die Fußstapfen des Erblassers und das gilt für Vermögenswerte genauso wie für Verbindlichkeiten. Es ist dabei nicht möglich, sich nur die positiven Dinge herauszupicken, sondern es gilt das alles oder nichts Prinzip. Sind die Schulden insgesamt höher als der Wert des Nachlasses, macht es Sinn, die Nachfolge erst gar nicht anzutreten. Aber dies bedarf der näheren Prüfung.

Warum ist es gerade auch bei geerbten Immobilien sehr empfehlenswert, auf Termine zu achten?

Vogel: Da gibt es mehrere Aspekte, warum der Zeitpunkt eine Rolle spielt, wie etwa Haltefristen bei der Gewinnbesteuerung. Handelt es sich zum Beispiel um das Familienheim und der Ehepartner oder die Kinder des Erblassers bewohnen es noch zehn Jahre, fallen in der Regel keine Erbschaftsteuern für denjenigen an. Auch die Eigentümerberichtigung, also die Eintragung der Erben ins Grundbuch, ist nur in den ersten zwei Jahren kostenfrei, was eine erhebliche Kostenersparnis bedeuten kann.

Wieso sind Erbengemeinschaften gerade bei Immobilien oft der Ausgangspunkt von Streit?

Vogel: Wenn mehr als eine Person eine Immobilie erbt, führt das automatisch immer zu einer Erbengemeinschaft und Abstimmungsbedarf. Das ist kein Problem, wenn sich alle einig sind, aber das ist erfahrungsgemäß nicht immer der Fall. Je mehr Menschen in einer Erbengemeinschaft zusammengebunden sind, desto schwieriger kann es werden, sich hier auf ein gemeinsames Vorgehen zu einigen. Welche Sanierungsmaßnahmen werden zum Beispiel durchgeführt, wer darf einziehen, zu welchen Konditionen wird vermietet? Nicht selten führt das dann zu Streit und letztlich einem Verkauf der Immobilie, was nicht unbedingt die beste Lösung sein muss.

Macht es denn im Moment eher Sinn, eine Immobilie zu behalten oder ist es besser zu verkaufen?

Vogel: Das lässt sich nicht pauschal beantworten und hängt im Einzelfall von vielen Faktoren wie der Lage, Mietnachfrage oder dem Sanierungsbedarf ab. Aber grundsätzlich sind Immobilien als langfristige Anlageklasse nach wie vor beliebt. Im Einzelfall müssen dabei aber mögliche Kosten und der zeitliche Aufwand etwa für den Erhalt oder Vermietung miteinkalkuliert werden. Gerade unter dem Aspekt der in den letzten Jahren hohen Inflation, dürfte das sprichwörtliche Betongold aber als stabile Anlageklasse seine Berechtigung in einem breit aufgestellten Vermögensmix behalten.

5 wichtige Schritte als plötzlicher Erbe

  • Wer von einer Erbschaft erfährt, sollte nicht abwarten, sondern sich sofort einen Überblick über die Vermögenswerte und Verbindlichkeiten verschaffen. Um Auskunft von Banken und Co. zu bekommen, braucht es in der Regel ein beglaubigtes Testament oder ein gerichtliches Eröffnungsprotokoll der Erbschaft. Bei Unsicherheiten ist es sinnvoll, möglichst gleich am Anfang Rat von Fachleuten wie Anwälten und Steuerberatern einzuholen, die mit solchen Themen vertraut sind.

  • Sie sind sich nach sechs Wochen nicht sicher, ob es besser ist, ganz auf das Erbe zu verzichten? Dann können Sie eine Nachlassverwaltung beantragen. Hier bezahlt ein vom Nachlassgericht bestellter Verwalter zunächst aus der Erbmasse die Schulden, zusätzlich werden die Kosten der Nachlassverwaltung vom Erbe abgezogen. Der große Vorteil: Reicht das Geld nicht aus, haftet der Erbe nicht mit seinem Privatvermögen.

  • Es wird Ihnen erst nach ein paar Monaten klar, dass Ihr Erbe vielleicht doch keine „goldene Gans“, sondern ein „Fass ohne Boden“ ist? Gut zu wissen: Die Nachlassverwaltung kann bis zu zwei Jahre nach Anfall der Erbschaft beantragt werden.

  • Sie haben alles verpasst? Dann gibt es noch ein letztes Mittel, das Nachlassinsolvenzverfahren. Auch hier wird die Haftung für die Schulden des Erblassers auf den vorhandenen Nachlass beschränkt. Diese „Insolvenz“ hat keine Auswirkung auf die Kreditwürdigkeit des Erben, kostet aber Gebühren und der Nachweis, dass das Erbe überschuldet ist, kann arbeitsaufwendig sein.

  • Es gibt doch ein positives Ergebnis für Ihre Erbschaft und es handelt sich dabei um mehrstellige Beträge? Dann sollten Sie sich einen Überblick über Ihre Vermögens- und Lebenssituation verschaffen. Denn wer größere Summen frühzeitig klug positioniert, kann erheblich mehr zum Beispiel im Alter für den Ruhestand aufbauen oder mit der Übertragung auf Kindern Steuern sparen, wenn das Geerbte rechtzeitig weitergegeben wird.

Quelle:

VBank/Florian Junker