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Geldanlagen

Die Börsenwelt in China ist komplex; unterteilt wird sie in A-, B- und H-Aktien (siehe „Chinas Aktienwelt“). Der A-Aktienmarkt enthält die Papiere von rund 3.500 Unternehmen, die ausschließlich in Shanghai oder Shenzhen notiert sind und Ausländern bisher kaum zugänglich sind. Sie haben derzeit einen Börsenwert von 7.400 Milliarden Dollar. „Die A-Aktien sind so viel wert wie alle Aktien im Technologie-Index Nasdaq 100 inklusive seiner Schwergewichte Apple, Google und Amazon“, sagt Karl-Heinz Geiger von der SVA Vermögensverwaltung Stuttgart. Zum Vergleich: Der DAX bringt es mit gut 1.100 Milliarden Euro auf etwa ein Siebtel an Börsenwert.

A-Aktien für Investoren geöffnet

Die A-Aktien werden nun sukzessive für ausländische Investoren geöffnet und in den MSCI Emerging Markets-Index (EM) sowie andere Indizes aufgenommen. Damit dürften Chinas Unternehmen in den nächsten Jahren fast die Hälfte der Marktkapitalisierung im Schwellenländer-Index ausmachen. Schon jetzt bringen die chinesischen H- und B-Aktien dort rund ein Drittel auf die Waage. Fachleute der Crédit Suisse glauben, dass Chinas Gewicht durch die A-Aktien in dem viel beachteten Börsenbarometer um weitere 15 bis 20 Prozent wachsen wird. Im Juni hat MSCI gut 230 Unternehmen in seine Indizes aufgenommen, zunächst mit 2,5 Prozent ihres Wertes. Im September wird das Volumen jedoch verdoppelt, und weitere Aufnahmen sind abzusehen.

Milliarden werden an die chinesischen Börsen fließen

Durch die Integration könnten nach Expertenschätzungen in den kommenden Jahren mehrere Hundert Milliarden Euro an Anlagegeld an diese chinesischen Börsen fließen. Der Grund ist einfach: „Viele Fonds und ETFs sind verpflichtet, sich an diesen Indizes zu orientieren oder sie nachzubilden“, sagt Andreas Glogger von der Glogger & Partner Vermögensverwaltung. Doch lohnt sich für Privatanleger ein China-Investment? „Mit Radio Eriwan könnte man sagen: Das kommt auf die Unternehmen an“, sagt der Finanzprofi aus Krumbach (mehr dazu im Interview auf der nächsten Seite).

Vor allem Shenzhen mit seinen wachstumsstarken Unternehmen aus Zukunftsindustrien wie High Tech und Internet, Gesundheit und nachhaltigen Energien erscheint Glogger interessant. Dazu gehören etwa der Telekommunikationsausrüster Huawei, der Drohnenhersteller DJI oder BYD, ein Pionier in Sachen Elektroautos. An der Shanghaier Börse indes hat nur jedes fünfte Unternehmen mit Zukunftstechnologien zu tun, und der Staat hält dort bei weitem die meisten Aktien. Im Gegenzug sind Shenzhen-Aktien höher bewertet und spekulativer.

Wer daher vor Einzeltiteln zurückschreckt, hat die Wahl zwischen aktiv verwalteten Fonds und Indexfonds (ETFs). Doch selbst bei den ETFs müssen Anleger genau hinschauen, denn je nach Indexkonzept sind einige Giganten wie Tencent oder Alibaba drin oder draußen bzw. haben Finanzwerte das Übergewicht.

Zwei andere Varianten empfehlen sich daher: Wer mit ETFs auf jene Aktien setzen will, die sukzessive von MSCI aufgenommen werden, kauft den iShares MSCI China A. Weitaus umfassender ist der ETF von Wisdom Tree auf den S&P 500 China. „Der Fonds enthält die 500 größten und liquidesten chinesischen Aktien aus allen chinesischen Börsensegmenten – also auch Titel aus dem A-Aktienmarkt“, so Geiger. Positiv ist die Branchenverteilung: Sie hat weder bei Finanzwerten noch bei Technologieriesen Schlagseite.

auw.de FINANZEN-Extra-Info:

A, B oder H: Chinas Aktienwelt

In China ist der Aktienmarkt in A-, B- und H-Aktien unterteilt. A-Aktien werden in Shanghai und Shenzhen in der Landeswährung Renminbi gehandelt und waren bis vor Kurzem chinesischen Investoren vorbehalten. Ausländer konnten erst seit Kurzem und unter sehr strikten Bedingungen A-Aktien handeln. Seit Juni 2018 öffnet sich dieser Markt durch die Aufnahme in die Indizes von MSCI sukzessive ausländischem Kapital. Auch B-Aktien werden in Shanghai und Shenzhen gehandelt, und sie stehen ausländischen Privatanlegern offen. Die Handelswährung in Shanghai ist der US-Dollar, in Shenzhen der Hongkong-Dollar. H-Aktien sind chinesische Wertpapiere, die an der Hongkonger Börse in der dortigen Währung gehandelt werden und allen Anlegern zugänglich sind. (julu)

Fonds für China-Investments *

Fondsname ISIN Schwerpunkt/aktuelle Anzahl Kosten
iShares MSCI China A IE00BQT3WG13 aufgenommene A-Aktien / 234 0,65 %
Wisdom Tree S&P 500 China LU1440654330 500 größte China-Aktien 0,75 %
x-trackers MSCI China LU0514695690 Informationstechnik (40 %) / 153 0,65 %
x-trackers Harvest FTSE 50 LU1310477036 Finanzwerte (56 %) / 50 0,65 %
iShares Emerging Markets IE00B0M63177 Schwellenländer (China 33 %) 0,75 %
* alle Fonds kaufen die Anteile physisch oder einen Großteil davon (Optimierung) / Quelle: justetf.com

Interview mit Andreas Glogger, GLOGGER & PARTNER Vermögensverwaltung in Krumbach

“Chinas Aktienmarkt bietet viel Potenzial”

Herr Glogger, der Indexanbieter MSCI erschließt jetzt Chinas A-Aktien für ausländische Anleger. Wie beurteilen Sie die Chancen?

Andreas Glogger: Grundsätzlich positiv. Es gibt in diesem riesigen Börsensegment viele rasch wachsende Gesundheitsfirmen, die die zunehmend älter werdenden Chinesen bedienen. Auch die Aktien aussichtsreicher Technologieunternehmen sind im A-Aktienmarkt notiert.

Was ist mit Konsumtiteln? Immerhin leben in China 1,3 Milliarden Menschen!

Es gibt in der Tat etliche Marken, die sich bei der wachsenden Mittelschicht großer Beliebtheit erfreuen – dazu gehört etwa die Destillerie Kweichow Moutai, die der einzige legale Produzent des beliebten Maotai-Schnapses ist. Viele solcher Aktien standen bzw. stehen bislang nur chinesischen Anlegern offen.

Auf was ist bei der Auswahl von China-Aktien zu achten?

Mit der Aufnahme in die MSCI-Indizes müssen Unternehmen bereits bestimmte internationale Standards bei der Rechnungslegung erfüllen. Für die Auswahl der Aktien sind darüber hinaus eine gute Unternehmensführung, ausreichende Bilanzstärke, ein leicht zu verteidigender Wettbewerbsvorteil und die Achtung von Minderheitsaktionären wichtig.

Und wie sieht es mit den Risiken aus?

Chinas Aktienmarkt wird viel stärker von den Entscheidungen der Politik geprägt als der Westen. Auch steht die öffentliche Verantwortung eines Unternehmens manchmal mehr im Vordergrund als die Gewinnmaximierung. China sollte daher stets eine Beimischung in einem global ausgerichteten Aktiendepot sein.

Sind nicht auch die vielen chinesischen Privatanleger ein Risikofaktor? Sie gelten als Zocker.

Privatanleger halten tatsächlich drei Viertel der Aktien an der Wachstums-Börse in Shenzhen. Sie reagieren oft heftig und irrational auf Schlagzeilen und kurzfristige Entwicklungen. Dieses Verhalten sorgt für starke Schwankungen, bietet für Anleger mit Plan aber auch Chancen.