Wirtschaftsnachrichten für Ärzte | ARZT & WIRTSCHAFT
Geldanlagen

Wir Deutschen sind laut einer IWF und EZB Studie Europameister im Sparen. Wir sind aber auch das europäische Schlusslicht im Nettovermögen. Länder wie Zypern, Portugal oder Griechenland haben deutlich mehr Nettovermögen als wir.

Kein Finanzwissen!

Warum ist das so? Wir haben einfach kein Finanzwissen. Die wenigsten Deutschen kennen die Bedeutung des Zinseszins, wissen wie sich Inflation auf ihr Vermögen auswirkt oder ob es einen Unterschied zwischen Sparen und Investieren gibt.

Ärzte investieren z.B. gerne in Ihre eigene Praxis, in Autos oder ihr Eigenheim. Fragt man, was Spekulieren bedeutet, geht es immer um Aktien oder die Börse generell. In Deutschland spart man daher am liebsten mit Rentenversicherungen, Tagesgeld, Sparbüchern oder Bausparverträgen.

Wie der Markt funktioniert

Wenn eine Arztpraxis effektiv arbeiten will, muss sie investieren, z.B. in Geräte, Möbel, IT oder Personal. Dadurch werden Patienten besser betreut, die Praxis wird wirtschaftlicher und der Praxiswert steigt. In der freien Wirtschaft ist es ähnlich. Unternehmen benötigen oft frisches Investitionskapital, um zu wachsen, effektiver zu werden und damit konkurrenzfähig zu bleiben.

Dieses Geld beschaffen sie sich auf zwei Arten:

1. Sie leihen sich Geld. Das passiert in Form einer Anleihe. So hat der Leihende die Möglichkeit Zinsen zu erhalten und am Ende das geliehene Kapital zurückzubekommen. Anleihen gibt es nicht nur von Unternehmen, sondern auch von Staaten.

2. Sie beteiligen Anleger am Unternehmen. Dies geschieht in Form von Aktien. Hinter jeder Aktie steckt also ein Unternehmen, in dem Menschen arbeiten und Waren oder Dienstleistungen produzieren. Wirtschaftet dieses Unternehmen gut, dann erhält der Aktionär eine Dividende und die Aktie steigt im Wert. Der Anleger erhält eine Rendite auf sein eingesetztes Kapital.

Hier kann der Anleger investieren

Deutsche Aktienunternehmen bilden den deutschen „Aktienmarkt“. Die 30 größten Unternehmen bilden den „Deutschen Aktien Index“ (DAX). Analog dieser Methodik gibt es ganz unterschiedliche Märkte, in die ein Anleger investieren kann. Eine Rendite auf eingesetztes Kapital entsteht alleine durch die Wirtschaftskraft der Unternehmen. Ohne die Arbeit in den Unternehmen, finanziert durch Anleger, kann kein Aktienfonds der Welt Rendite machen.

Spekulieren oder Investieren

Worin unterscheidet sich jetzt der Investor vom Spekulanten? Das hängt von verschiedenen Faktoren ab.

Diversifikation als Erfolgsgeheimnis

„Nicht alle Eier in einem Korb“. Wenn Anleger an den Aktienmärkten investieren wollen, dann liegt die Kunst darin, das anzulegende Geld breit zu streuen, um möglichst alle relevanten Märkte parallel abzubilden. Harry Markowitz hat bereits 1952 mathematisch nachgewiesen, dass eine breite Streuung (Diversifikation) das Risiko einer Geldanlage senkt und die Rendite erhöht. Je breiter man sich also an den Aktienmärkten aufstellt, desto geringer wird das Risiko und desto höher die Rendite. Hierfür bekam Markowitz 1991 den Nobelpreis.

Am einfachsten streut man sein Geld, indem man nicht in einzelne Unternehmen, sondern in ganze Märkte investiert, z.B. den amerikanischen, den europäischen, den asiatischen, etc. Märkte abbildende Fonds nennt man Exchange Traded Funds oder kurz ETF. Über dieses Hilfsmittel ist es jedem Anleger möglich, auch mit kleineren Beträgen eine große Diversifikation zu erreichen. Spekulanten sehen keine Chance in der breiten Streuung. Vielmehr ist hier das vermeintliche Herrschaftswissen über einzelne Unternehmen oder kleinere Märkte die Grundlage der Anlagephilosophie.

Anlagedauer: „In der Länge liegt die Würze.“

Gute Ergebnisse erfordern einen langen Atem. Schaut man sich die Entwicklung des Deutschen Aktien Index (DAX) an und sucht nach den schlechtesten Perioden, erkennt man, dass ab einer Anlagedauer von 14 Jahren noch keine negative Rendite erwirtschaftet wurde. Für den weltweiten Markt erreicht man dies bereits nach 10 Jahren. Kapital braucht also Zeit zum Arbeiten. Hier kann man sich massiv zur Spekulation abgrenzen, denn Spekulanten haben generell einen kurzen Atem. Dabei werden gerade die langfristigen Anleger an den Kapitalmärkten mit hoher Rendite belohnt. Hierzu ein Beispiel: Gäbe es die Möglichkeit, sich rückwirkend seit 1926 an den 500 größten Unternehmen der USA zu beteiligen, hätte man die stattliche Rendite von 10,2% p.a. erreicht.

Märkte abbilden: „Niemand kann die Märkte schlagen.“

Der Nobelpreisträger Eugene Fama weist seit den 60er Jahren regelmäßig nach, dass es unmöglich ist, auf längere Dauer die Märkte zu “outperformen”. Lucky Shots gibt es zwar immer aber über eine Dekade betrachtet ist nachgewiesen, dass niemand ertragreicher ist, als die Märkte selbst. Es ist also reines Glück, ob ein Fondsmanager aufs richtige Pferd setzt oder nicht. Das ist dann reine Spekulation.

Ein kluger Investor versucht also gar nicht erst, durch „Market Timing“ oder „Stock Picking“ erfolgreicher zu sein, als der Markt, er sucht die größtmögliche Nähe zur Rendite der Märkte. Er handelt ruhig und diszipliniert an den Märkten und lässt sich durch Kursschwankungen nicht verleiten, sondern bleibt bei seiner Strategie. Gemäß der aktuellen Kapitalmarktforschung ist die richtige Anlagestruktur entscheidend für den Anlageerfolg.

Disziplin: „Wir müssen nicht schlauer sein, sondern nur disziplinierter.“

Studien beweisen (z.B. Prof. Hackethal, 2017), dass ein Investment nur dann funktioniert, wenn man langfristig und diszipliniert investiert, statt darauf zu spekulieren, Renditen durch vermeintliches Herrschaftswissen zu optimieren. Im Schnitt zerstört man zwischen 3% und 5% seiner Anleger-Rendite.

Wer den ganzen Fachzeitschriften und selbsternannten Börsengurus folgen möchte, der handelt als Spekulant und nicht als Investor. Wenn man aber den Gesetzmäßigkeiten der Märkte folgt und nicht versucht dagegen anzuschwimmen, dann kann man als Investor ruhigen Gewissens an den Aktienmärkten investieren.

Fazit: „Werden Sie Investor!“

Rendite entsteht immer, wenn jemand auf dieser Welt eine gute Idee hatte und diese in ein erfolgreiches Unternehmen eingebunden hat. Menschen und Unternehmen arbeiten vom Prinzip her mit dem gleichen Ziel, nämlich Mehrwert zu schaffen. Solange dieses System sich nicht ändert, werden die Märkte wachsen. Manchmal wachsen sie schneller und manchmal weniger schnell. So ist es seit Jahrhunderten und so wird es auch zukünftig sein. Sie können daran teilhaben, ohne Spekulant zu sein.

Investieren Sie langfristig, diversifizieren Sie möglichst breit und verhalten Sie sich bei Kursschwankungen diszipliniert und besonnen. Nutzen Sie Ihre Gelegenheit und werden Sie Investor!

Karsten Matt

Honorarberater, Bürogemeinschaft Sincereo Investments

matt@sincereo.de