Anleihen: Die Risikosignale nehmen zu
A&W RedaktionDie lange Niedrigzinsphase in Europa und Japan lässt Anleger, die auf der Bondseite investieren müssen, immer höhere Risiken eingehen. Doch aus den USA droht Gefahr, die auf die heimischen Rentenmärkte überschwappen könnte.
US-Anleihen gelten als die sichersten der Welt. Trotzdem war die Nachfrage zuletzt so niedrig wie seit der Finanzkrise nicht mehr. Das Verhältnis von Käufern zum Angebot lag nur noch beim Zweifachen, obwohl immer noch ein Drittel der neuen Anleihen von der Notenbank aufgenommen werden. In den letzten Jahren orderten viele institutionelle Investoren bis zum Dreifachen des Angebotes, um bei der Zuteilung berücksichtigt zu werden. Somit gibt es derzeit deutlich weniger Nachfrage.
Ein Grund dafür sind fehlende Käufer aus dem Ausland. Zahlreiche Länder, die sich in einem Konflikt mit den USA befinden, treten wesentlich seltener als Käufer bei den neuen Emissionen auf. Sie reduzieren ihre Bestände oder suchen sich Alternativen. Als prominentestes Beispiel sei hier China genannt.
Auswirkungen der Bonitätsverschlechterung auf die Märkte
Hinzu kommt, dass das Universum der mit einem Rating von BBB- ausgestatteten Unternehmensanleihen sich in den letzten zehn Jahren etwa verdreifacht hat. Sollten konjunkturelle Schatten auftreten, könnte die Bonität von US-Unternehmensanleihen im Volumen von bis zu einer Billion US Dollar herabgestuft werden. Fraglich ist, wie die Märkte derartige Bonitätsverschlechterungen verkraften würden.
FED-Chef Powell warnte bereits, dass angesichts der Rekordstände bei der Firmenverschuldung die Risiken zunehmen, wenn das Wachstum nachlässt. Hier droht ein Überangebot an Anleihen.
Niedrigzinsphase verschafft Unternehmen Zugang zum Markt
Auch in Europa hat sich das Anleihevolumen im BBB-Rating-Bereich stark vergrößert. Viele Unternehmen bekommen dank der Niedrigzinsphase überhaupt erst Zugang zum Markt. Einige dieser Firmen hätten in der Vergangenheit ohne das frische Geld gar keine Überlebenschance gehabt. Eine Liquiditätskrise ist zum aktuellen Zeitpunkt zwar noch nicht auszumachen. Doch würde die Europäische Zentralbank die Renditen nicht künstlich niedrig halten, müssten Unternehmen erheblich höhere Zinsen bieten, um Käufer anzusprechen.
Studien zufolge gibt es immer mehr Firmen, deren Überschüsse die künftigen Zinszahlungen nicht decken werden. Zahlreiche Banken im Euroland (besonders in Italien) haben nach wie vor gewaltige Summen an faulen Krediten in ihren Büchern, die allen Beteiligten bei einem wirtschaftlichen Abschwung um die Ohren fliegen dürfte.
Wirkung des billigen Geldes verpufft
Da längerfristig davon auszugehen ist, dass die strukturellen Probleme in Europa fortbestehen und die Wirkung des billigen Geldes immer mehr verpufft, droht sicher von dieser Seite Gefahr.
Vor einem Zusammenbrechen der Bondmärkte zu warnen, ist derzeit noch verfrüht. Doch die teilweise überbordende Verschuldung und die weiter ansteigenden Haushaltsdefizite zahlreicher Länder könnten urplötzlich zu einer gespenstischen Entwicklung an den Finanzmärkten führen.
Autor: Manfred Rath, Portfoliomanager bei der KSW Vermögensverwaltung AG in Nürnberg.