Das Coronavirus und seine Folgen für Anleger
Karsten MattAnleger erleben gerade etwas, was man in dieser Form schon lange nicht mehr gesehen hat. Die Börse bewegt sich nach unten. Das Coronavirus entwickelt sich auch hier zu einer Pandemie, deren Ende nicht absehbar ist. Warum ist das eigentlich so? Das erklärt Finanzexperte Karsten Matt im folgenden Beitrag.
Ausschlaggebend sind verschiedene Faktoren:
1. Produktionsunterbrechungen : Menschen, die am Coronavirus erkrankt sind, werden zur Eindämmung der Epidemie unter Quarantäne gestellt. Trifft es mehrere Menschen an einem Ort, wird die Quarantäne ausgeweitet, es werden Dörfer abgeriegelt und Unternehmen geschlossen. Gerade in China passiert dies großflächig. Diese Schutzmaßnahmen führen zu massiven Liefer- und Produktionsengpässen auf der ganzen Welt. Produktionen stehen still, weil es an Nachschub fehlt, die Unternehmen nehmen kein Geld ein.
2. Konsumrückgang: Diese spezielle Situation der Pandemie sorgt dafür, dass auch die Nachfrage nach Konsum weltweit deutlich zurückgeht. Jemand, der sein Haus nicht verlassen darf, kauft sich kein Auto, geht nicht in Restaurants essen, bucht keine Urlaube und sucht mit seiner Familie auch keine öffentlichen Veranstaltungen auf.
Konsequenz: Die Märkte sinken
Direkte Konsequenz aus diesen Faktoren ist, dass Unternehmen aus den direkt betroffenen Branchen ein Liquiditätsproblem bekommen. Der Cashflow der Unternehmen sinkt dadurch, dass keine Gelder ins Unternehmen fließen, jedoch weiter Gelder abgehen, z.B. für Löhne, etc. Hatte ein Unternehmen in der Vergangenheit bereits Probleme und keinen ausreichenden Cashflow zur Verfügung, straft die Börse diese Unternehmen jetzt ab. Als Folge daraus werden Unternehmen vom Markt verschwinden, weil sie insolvent gehen.
Es gibt aber auch eine indirekte Konsequenz aus dieser Konstellation, die nicht weniger schlimm ist. Dadurch, dass die direkt betroffenen Branchen an der Börse unter Druck geraten und die Kurse sinken, steigt die Volatilität an den Märkten, d.h. die Schwankungen werden stärker. Dieser Anstieg der Volatilität führt dazu, dass institutionelle Anleger gezwungen sind, Aktienverkäufe zu tätigen, um die Schwankungen in ihren Portfolien zu reduzieren. Somit geraten auch Unternehmen unter Druck, die nicht direkt durch die Krise betroffen sind. Als Folge sinken Märkte noch stärker ab, als sie durch das Coronavirus sinken müssten.
Jeder Crash ist anders
Ist diese Kurskorrektur mit anderen Börsencrashs vergleichbar? Vergleicht man die aktuelle Situation mit der Weltwirtschaftskrise 2008 oder dem Börsencrash 2000, sieht man deutliche Unterschiede.
Platzen der Dotcom Blase 2000
Vor dem Platzen der sogenannten Dotcom Blase ging ein unglaublicher Hype durch Deutschland und die ganze Welt. Das Internet nahm Fahrt auf und neue Technologien überschwemmten die Märkte. Es wurden reihenweise Aktiengesellschaften gegründet, meist mit nicht mehr Substanz, als einer guten Idee. Vorreiter in Deutschland war der Börsengang der Deutschen Telekom, dem unzählige kleine Start Up Unternehmen folgten. Die Unternehmen erfuhren fantastische Bewertungen, die Kurse stiegen und stiegen und der DAX erreichte nie geglaubte Höhen. Es stiegen Anleger ein, die keinerlei Wissen über die Märkte hatten und vollkommen ohne Börsenerfahrung waren.
Gegen Ende des Booms stand fest, dass die meisten Unternehmen keinerlei Substanz hatten, die den Aktienkurs ansatzweise gerechtfertigt hätte. Als Folge schmierte ein Aktienunternehmen nach dem anderen ab. Die Kurse brachen ein, es folgten Panikverkäufe und die Menschen verloren Ihr Geld.
Weltwirtschaftskrise 2008
Am 15.September 2008 ging mit Lehmann Brothers eines der traditionsreichsten Investmenthäuser aller Zeiten Pleite und stürzte die ganze Weltwirtschaft in einen Crash.
Vorausgegangen war eine Immobilienblase in den USA, die durch schlechte Kredite mit niedriger Bonität entstand. Über viele Jahre wurden US Bürger in die Schuldenfalle gelockt, weil Geld nicht nur günstig war, sondern quasi jeder es bekommen konnte. So kauften sich Menschen Häuser, die niemals hätten Häuser kaufen dürfen und die Immobilienpreise stiegen immer weiter.
Als die US Notenbank begann, die Leitzinsen wieder anzuziehen, konnten viele Häuserbesitzer Ihre Häuser nicht mehr halten und mussten verkaufen, was dazu führte, dass die Immobilienpreise in den Keller stürzten. Dadurch entstand ein Misstrauen, gegenüber Banken und Versicherungen. Banken vertrauten sich untereinander nicht mehr und verliehen sich kein Geld mehr.
Diese Vertrauenskrise schwappte über den Teich und befiel weltweit alle Anleger und Kreditinstitute. Es kam zu einem Einschreiten der Regierungen und führte zu massiven staatlichen Zuschüssen an Banken, um das Vertrauen wieder herzustellen.
Kein Regimewechsel in Sicht
Bei der Kurskorrektur durch das Coronavirus sieht es jedoch anders aus. Während bei den vorher genannten Krisen und Crashs eine Neuorientierung an der Märkten stattfand, ist diese Neuausrichtung aktuell nicht zu sehen. Wir haben keinen dauerhaften Konsumeinbruch, aktueller Konsum wird nur verschoben. Wer ein Auto braucht, es sich aber jetzt aus oben genannten Gründen nicht kaufen kann, der kauft es eben etwas später. Die Weltbevölkerung steigt und die weltweite Armutsrate sinkt, was den Bedarf nach Konsum steigen lässt. Warum sollte also die Weltwirtschaft nach dem Coronavirus nicht die gleiche Fahrt aufnehmen, wie vor dem Coronavirus?
Welche Anleger sind die Verlierer dieses Crashs?
Anleger, die in Einzelaktien investiert sind und keine ausreichende Cashreserve zur Verfügung haben, können durchaus ein Problem bekommen. Wenn ein Aktienportfolio zu stark in Unternehmen investiert ist, die direkt oder indirekt durch die Börse abgestraft werden, kann es problematisch werden, bis hin zum Totalverlust in einzelnen Positionen.
Wer kann ruhig schlafen?
Alle Anleger mit Badehose macht es nichts aus, wenn Ebbe kommt, um den bekannten Spruch von Warren Buffett etwas abzuwandeln. Anleger, die sich im Vorfeld an die Grundregeln des Investierens gehalten haben, können entspannt durch diese Krise gehen. Welche Regeln sollte man eingehalten haben?
1. Persönliche Risikobereitschaft kennen : Ein Anleger sollte sich bereits beim Investieren des Geldes darüber Gedanken gemacht haben, wie weit sein Geld ins Schwanken geraten darf und danach sein Portfolio zusammengestellt haben. Beim Investieren nur an die Sonnentage zu denken ist genauso fahrlässig, wie ohne Schwimmen zu können ins Schwimmbecken zu springen. Man muss wissen, wie weit man einsinken darf, ohne die Nerven zu verlieren.
2. Investition in die Welt AG : Wer statt Einzelaktien ganze Märkte kauft und statt eines Landes, die ganze Welt mit seinem Portfolio abdeckt, der kann sich jetzt entspannt zurücklehnen. Sollten einzelne Unternehmen in Schieflage geraten, macht es der Branche an sich keine Probleme. Sollte eine Region wie China stark in Mitleidenschaft gezogen werden, ist ein Investor in die ganze Welt bestens diversifiziert. Es ist unbestritten, dass Anleger langfristig die Märkte nicht schlagen können. In dem aktuellen Beispiel sieht man, dass eine Investition in Märkte zusätzlich Sicherheit durch Streuung bietet.
3. Langfristig investiert bleiben: Ein Investor, der einen genauen Plan hat, sein Investitionsziel kennt und dadurch ausreichend Zeit hat sein Geld in den Märkten zu belassen, der sitzt diese Krise einfach aus. Es gibt deutlich mehr Sonnentage als Regentage an der Börse und nach jedem Abschwung kommt ein deutlicher Aufschwung.
4. Kaufen, wenn die Kanonen donnern: Wer ausreichend Geldreserven zur Verfügung hat und ein weltweit gestreutes Portfolio besitzt, sollte jetzt daran denken nachzukaufen. Der Gewinn des Kaufmanns liegt im Einkauf, sagt eine alte Kaufmannsweisheit. Wenn man an einer Tankstelle vorbeifährt, an der das Benzin günstig ist, dann tankt man wenn man clever ist nach, auch wenn man theoretisch noch ausreichend Benzin im Auto hätte. Diese Situation erleben wir gerade an der Börse. Man kann günstig einkaufen. Wer weiß, wie lange noch.
5. Coachen lassen : Emotion ist der Feind der Investition. Gerade in diesen Situation neigen sehr viele Anleger zu Kurzschlusshandlungen und Panikverkäufen. Unser Gehirn reagiert auf Gefahr immer gleich. Flucht aus der Situation. Dieses Verhalten wäre aber in der aktuellen Situation falsch und teuer. Geld verliert man an den Märkten nur, wenn man zur falschen Zeit seine Verluste realisiert. Clevere Investoren schützen sich selbst vor diesen Handlungen, indem sie die emotionale Komponente an einen Coach/Berater auslagern. Das bringt Ruhe, Sicherheit und höhere Rendite.
Krise = Chance
In jeder Krise steckt auch eine Chance. Das chinesische Zeichen für Krise besteht aus zwei Bestandteilen. Furcht und Chance. Da diese Krise nachweislich aus China stammt, sollten wir es genauso handhaben, wie das chinesische Zeichen uns erklärt. Der Furcht keine Chance geben, mutig nachinvestieren und darin die Chance sehen, günstig an den Märkten einzukaufen