Haftungsrisiken und Versicherungen für die Arztpraxis
Themenpartner VirchowbundWelche Versicherungen sind für niedergelassene Ärztinnen und Ärzte notwendig? Wie wählen Sie sinnvolle zusätzliche Versicherungen aus? Der Virchowbund und die Versicherungsexperten von Ecclesia MED klären auf.
Für niedergelassene Ärztinnen und Ärzte gibt es kaum Pflicht-Versicherungen, aber eine große Bandbreite an freiwilligen Versicherungen. Anders als Angestellte tragen Selbstständige die alleinige Verantwortung für ihre soziale Absicherung. Für sie ist die Versicherung bei Krankheit, Rente, Unfall oder Arbeitslosigkeit also nicht vorgeschrieben. Allerdings können solche Versicherungen sinnvoll sein. Auch bei anderen freiwilligen Versicherungen gilt es abzuwägen: Wie groß sind die Risiken bzw. mögliche Schäden im Vergleich zu den Kosten für die Versicherung?
Berufshaftpflicht
Die einzige Pflichtversicherung ist die Berufshaftpflicht über mindestens 3 Mio. Euro für Personen- und Sachschäden je Versicherungsfall. Für Vertragsärzte mit angestellten Ärzten, Berufsausübungsgemeinschaften und Medizinische Versorgungszentren sind es sogar 5 Mio. Euro.
Wichtig zu wissen: Die Summe muss mindestens 2-fach bzw. 3-fach innerhalb eines Jahres zur Verfügung stehen. Genaueres erklärt der Virchowbund auf seiner Webseite unter „Berufshaftpflicht“.
Fazit: notwendig
Krankenversicherung
Sind Sie selbstständig als Ärztin oder Arzt tätig, können Sie sich von der allgemeinen Pflicht zur Krankenversicherung befreien lassen. Eine Krankenversicherung ist jedoch sinnvoll.
Ob privat oder gesetzlich, ist Ihnen überlassen. Sind Sie bei einer gesetzlichen Krankenkasse versichert, müssen Sie auch Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung und zur Pflegeversicherung zahlen.
Fazit: sehr sinnvoll
Unfallversicherung
Eine Unfallversicherung schützt, wenn Sie bei der Berufsausübung einen Unfall erleiden – z. B. auf dem Weg zu einem Hausbesuch.
Fazit: sehr sinnvoll
Rentenversicherung
Als Ärztin oder Arzt in der Niederlassung zahlen Sie bei einem ärztlichen Versorgungswerk ein. Darüber hinaus können Sie in die gesetzliche Rentenversicherung einzahlen oder Sie lassen sich von der Pflicht befreien und wählen eine private Altersvorsorge.
Virchowbund-Tipp: Versicherungen können sich auch als Instrument zur Gewinnung und Bindung von Fachkräften anbieten. Nennen Sie Benefits wie eine betriebliche Altersvorsorge und betriebliche Krankenversicherung bereits in Ihrer Stellenanzeige.
Fazit: sehr sinnvoll
Rechtsschutzversicherung
Während Sie in der Berufshaftpflichtversicherung eine „passive“ Rechtsschutzversicherung (z. B. zur Abwehr unberechtigter Ansprüche) haben, können Sie mit einer eigenständigen Rechtsschutzversicherung Ihr Recht auch aktiv durchsetzen. Die Rechtsschutzversicherung kann Ihnen helfen, die Kosten für Anwälte, Gerichtsverfahren und andere Ausgaben zu tragen – beruflich oder privat bzw. auch als Verkehrsteilnehmer.
Fazit: sinnvoll
Betriebsunterbrechungsversicherung
Die Versicherung greift, wenn durch einen Schaden am Praxisinventar (Geräte, Möbel, Innenausstattung und Software Ihrer Praxis) oder durch technische Störungen die Tätigkeit Ihrer Praxis vorübergehend unterbrochen wird. Sie kann auch bei technischen Störungen und Datenverlust sinnvoll sein, die Ihre Arbeit so behindern, dass Sie nicht weiterarbeiten können.
Fazit: individuell sinnvoll
Gebäudeversicherung
Diese ist betriebswirtschaftlich empfehlenswert, wenn Sie Eigentümer des Praxisgebäudes sind. Teilweise schreibt das Kreditinstitut diese Versicherung sogar vor.
Fazit: individuell sinnvoll
Inventarversicherung
Eine Inventar- und Betriebsunterbrechungsversicherung deckt je nach Umfang der versicherten Gefahren Schäden z.B. gegen Brand, Leitungswasser oder Diebstahl an der Praxisausstattung oder durch eine dadurch entstehende Betriebsunterbrechung (z. B. vorübergehende Praxisschließung) ab.
Fazit: sinnvoll
Elektronik-Versicherung
Ergänzend zu einer Inventar- und Betriebsunterbrechungsversicherung ist eine Elektronikversicherung für Allgemein-, Medizin- oder Haustechnik empfehlenswert, sofern hochwertige IT-Ausstattung oder Medizingeräte vorhanden sind.
Die Elektronikversicherung hat in der Regel einen weitgehenderen Versicherungsumfang als eine Inventar- oder Betriebsunterbrechungsversicherung und greift zum Beispiel auch bei unsachgemäßer Handhabung, Über-/Unterspannung oder einfachem Diebstahl.
Fazit: individuell sinnvoll
Cyber-Versicherung
IT-Sicherheit ist Chefsache. Als Praxisinhaber haften Sie selbst gegenüber Dritten, auch wenn Sie einen IT-Dienstleister beauftragen.
Cyber-Versicherungen gibt es in unterschiedlicher Qualität und Ausprägung. Sie können sich sowohl auf Eigenschäden (z. B. Betriebsunterbrechung, Einnahmeausfall) als auch auf Schäden Dritter beziehen (z. B. Datenschutzverletzung). Sie können auch Schäden abdecken, die durch technische Störungen oder Datenverluste entstehen, zum Beispiel durch Phishing, Viren, andere Malware und Cyberangriffe. Die verschiedenen Angriffsarten und Gegenmaßnahmen erklärt der Virchowbund auf seiner Webseite unter dem Stichwort Cybercrime.
Fazit: sinnvoll
Datenschutzversicherung
In der Regel ist diese Versicherung bereits in der Cyber-Versicherung enthalten. Sie schützt gegen Verstöße gegen Datenschutzgesetze und Datenschutzrechte, einschließlich Verstößen gegen die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO). Sie kann dazu beitragen, Kosten für Rechtsstreitigkeiten, Sanktionen und Strafen zu minimieren.
Fazit: individuell sinnvoll
Praxisausfallversicherung
Diese Versicherung schützt Sie, wenn die Praxis z. B. wegen Krankheit geschlossen bleiben muss, aber die Kosten weiterlaufen.
Virchowbund-Tipp: Achten Sie darauf, ob der Versicherungsschutz nur für Ihren Krankheitsfall oder Unfall gilt oder auch für Ihre Angehörigen. Lesen Sie mehr im Praxisärzte-Blog unter „Praxisausfall: So schützen Sie sich“.
Fazit: individuell sinnvoll
Krankentagegeldversicherung
Eine Krankentagegeldversicherung zahlt Ihnen im Krankheitsfall ein Tagegeld, um den Verdienstausfall auszugleichen. Sie kann eine Ergänzung zur Praxisausfallversicherung sein.
Fazit: individuell sinnvoll
Berufsunfähigkeitsversicherung
Eine Berufsunfähigkeitsversicherung zahlt eine monatliche Rente, wenn Sie als Ärztin oder Arzt durch Krankheit oder Unfall Ihren Beruf nicht mehr ausüben können. Im Vergleich zu anderen Berufsgruppen haben Ärzte ein höheres Risiko, berufsunfähig zu werden.
Fazit: individuell sinnvoll
Die passenden Versicherungen auswählen
Ein einziges Versicherungspaket, das alle möglichen Risiken und Schäden abdeckt, gibt es nicht. Sie werden für Ihre Praxis und berufliche Tätigkeit immer mehrere Versicherungen brauchen.
Bedenken Sie dabei auch Ihr Fachgebiet: Je nach Spezialisierung haben Fachärzte unterschiedliche Risiken und brauchen daher speziell zugeschnittene Versicherungen.
Optimaler Schutz bedeutet aber nicht nur, die nötigen Versicherungen zu haben, sondern auch unnötige Versicherungen und damit unnötige Kosten zu vermeiden. Dafür ist eine genaue Analyse Ihrer individuellen Situationen und Risiken wichtig – am besten mithilfe einer kompetenten Beratung. Mitglieder im Virchowbund können sich dafür an die Ecclesia MED wenden.
So finden Sie kompetente Beratung:
- Ihr Berater – idealerweise ein Versicherungsmakler – sollte provisionsunabhängig beraten, auf Ärztinnen und Ärzte spezialisiert sein und sich mit Risiken und Besonderheiten von Arztpraxen auskennen.
- Der Berater sollte interdisziplinär aktiv sein. Oft ist die Zusammenarbeit mit Anwalt, Steuerberater, Praxisausstatter und Betriebswirt nötig.
- Ist der Berater Mitglied in einem Berufsverband, können Sie von Sondervereinbarungen mit Versicherungen profitieren.
Der Virchowbund und Ecclesia MED haben gemeinsam eine umfangreiche Infobroschüre zu Versicherungen für Ärzte herausgegeben. Hier können Sie die Broschüre herunterladen.
Von A wie Arbeitsrecht bis Z wie Zulassung: Der Verband der niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte Deutschlands (Virchowbund) antwortet in der Kolumne „Praxis aktuell“ auf häufige Fragen, die niedergelassene und angestellte Ärzte und MFA im Praxisalltag umtreiben und gibt Tipps aus der Rechtsberatung.