Streit um Präsenzpflicht: MVZ klagt erfolgreich gegen KV Bayerns
Judith MeisterEin MVZ plant die Eröffnung einer Filiale an einem entlegenen Standort. Die KV will das nur erlauben, wenn der ärztliche Leiter dort zweimal pro Woche Dienst tut. Damit aber kommt sie vor Gericht nicht durch.
Dass es um die medizinische Versorgung im ländlichen Raum nicht zum Besten steht, ist hinlänglich bekannt. Das liegt aber längst nicht nur daran, dass junge Ärztinnen und Ärzte oft lieber in Ballungsräumen praktizieren wollen als in strukturschwächeren Regionen. Oft gibt es auch Störfeuer von Seiten der Kassenärztlichen Vereinigungen (KV). Das beweist ein aktueller Fall aus Bayern, mit dem sich nun das Sozialgericht (SG) München befassen musste.
Der konkrete Fall
Konkret ging es um ein Medizinisches Versorgungszentrum (MVZ), das bei der KV Bayerns die Genehmigung zum Betrieb einer vom Hauptstandort rund 85 Kilometer entfernten Filiale beantragte. Dort hatte es bislang eine Einzelpraxis gegeben. Deren Inhaberin sollte nun allerdings nur noch angestellt für das MVZ tätig werden.
Die KV sah in der beantragten Filiale sowohl eine qualitative als auch eine quantitative Verbesserung der Patientenversorgung und erteilte die beantragte Genehmigung. Allerdings versah sie diese mit einer Auflage, die für die MVZ-Betreiber wenig attraktiv war: Der ärztliche Leiter des MVZ sollte an mindestens zwei Werktagen pro Woche ebenfalls vor Ort in der Filiale tätig werden, und zwar zeitlich in einem solchen Umfang, dass eine Beurteilung über das Verhalten der Mitarbeiter aus eigener Anschauung möglich sei. Gegen diese Auflage der KV wandte sich das MVZ per Widerspruch.
Die KV hielt die Auflage weiterhin für erforderlich und nannte dafür folgende Gründe: Die Präsenzpflicht des ärztlichen Leiters solle der Erfüllung der Versorgungspflichten des Vertragsarztes am Vertragsarztsitz sowohl am Hauptstandort des MVZ als auch in der Filiale dienen, da die beiden Standorte rund anderthalb Fahrstunden voneinander entfernt seien. Eine solche Distanz sei mit der durch das Bundessozialgericht geforderten tatsächlichen Einwirkungsmöglichkeit des ärztlichen Leiters im MVZ in der Filiale nicht in Einklang zu bringen.
Die Betreiber des MVZ wollten das nicht hinnehmen und klagten vor dem Sozialgericht München. Ihr Argument: Die Auflage der KV diene mitnichten der Erfüllung der Versorgungspflichten des Vertragsarztes. Die diesbezüglichen Vorgaben der Zulassungsverordnung beträfen nur die Binnenstruktur und die Zulassungsvoraussetzungen eines MVZ. Diese seien überdies Sache des Zulassungsausschusses und nicht der KV. Mit diesem Vortrag hatten sie vor Gericht Erfolg.
Die Gerichtsentscheidung
Das SG München entschied, dass die KV die Genehmigung der Filiale schon mangels einer rechtlichen Grundlage nicht an eine solche Auflage koppeln dürfe (Urteil vom 11.7.2024, Az. S 28 KA 95/22). Insbesondere enthalte der Bundesmantelvertrag-Ärzte keine ausgestaltende Regelung zur Frage der Präsenz der ärztlichen Leitung von MVZ in Zweigpraxen. Daher widerspreche es der in § 24 Abs. 4 Ärzte-Zulassungsverordnung vorgesehenen Zuständigkeitsverteilung, wenn die KV hier in Form einer Auflage Vorgaben mache, für die dem Grunde nach die Partner der Bundesmantelverträge zuständig seien.