Steuerbefreiung von notärztlichen Bereitschaftsdiensten
Marzena SickingSpäter Triumph: Nach mehrjährigem Rechtsstreit hat der BFH nun entschieden: Honorare für die notärztliche bzw. sanitätsdienstliche Betreuung auf Veranstaltungen sind doch nicht umsatzsteuerpflichtig.
Auseinandersetzungen, welche ärztlichen Leistungen als „Heilbehandlung“ zu qualifizieren und damit nach § 4 Nr. 14 Buchst. a UStG von der Umsatzsteuer befreit sind, sind Klassiker, die die Finanzgerichtsbarkeit immer wieder beschäftigen. Der jüngste Fall aus diesem Themenbereich hat es bis zum Bundesfinanzhof nach München geschafft.
Mit dem Finanzamt im Clinch lag ein Arzt, der in den Jahren 2008 und 2009 Bereitschaftsdienste bei Sport- und ähnlichen Veranstaltungen übernommen und abgerechnet hatte.
Ärztliche Beratung zu Gesundheitsgefährdungen
Zu seinen Aufgaben gehörte es dabei unter anderem, den Veranstaltungsbereich im Vorfeld zu kontrollieren und die Verantwortlichen im Hinblick auf mögliche Gesundheitsgefährdungen zu beraten. Während der Events sollte er bei kontinuierlichen Rundgängen frühzeitig Gefahren und gesundheitliche Probleme der anwesenden Personen erkennen und bei Bedarf ärztliche Untersuchungen und Behandlungen durchführen. Für diese Leistungen schrieb der Arzt jeweils Rechnungen über „notärztliche bzw. sanitätsdienstliche Betreuung“ – ohne darin Umsatzsteuer auszuweisen.
Dennoch forderte das Finanzamt ihn auf, für die beiden Jahre Umsatzsteuer zu zahlen. Die Arbeit, die er auf den Veranstaltungen verrichtet habe, sei nicht als Heilbehandlung zu qualifizieren. Gegen diesen Bescheid klagte der Arzt – zunächst ohne Erfolg.
Niederlage vor dem Finanzgericht
Das Finanzgericht Köln stellte sich auf den Standpunkt, dass zwar die ärztliche Überwachung der Blut- und in konkreten Fällen der Teilnehmer auf den Sportveranstaltungen als umsatzsteuerfreie ärztliche Heilbehandlung anzusehen sei. Die notärztliche Betreuung von Veranstaltungen sei ansonsten aber als umsatzsteuerpflichtige Leistung zu qualifizieren. Das Argument: Der Arzt stelle hier nur seine Anwesenheit für potenzielle Heilbehandlungen erst zur Verfügung. Das sei nicht mit dem tatsächlichen Erbringen gleichzusetzen (mehr dazu hier).
Der BFH kassierte nun diese Entscheidung – mit guten Argumenten
Zunächst führten die Münchener Richter aus, dass der Begriff der Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin „nicht besonders eng auszulegen“ sei. Er umfasst die Diagnose, die Behandlung und, soweit möglich, die Heilung von Krankheiten oder Gesundheitsstörungen ebenso wie Leistungen zur Vorbeugung oder solche, die der Arzt zum Schutz bzw. der Aufrechterhaltung oder Wiederherstellung der menschlichen Gesundheit erbringt. Auch steht es der Steuerbefreiung nicht entgegen, wenn Leistungen nicht gegenüber Patienten oder Krankenkassen erbracht werden.
Die Leistungen, des klagenden Arztes im Rahmen der Veranstaltungen entsprechen nach Meinung des höchsten deutschen Finanzgerichts diesen Maßstäben. Zu Unrecht habe die Vorinstanz ihr Urteil darauf gestützt, dass der Bereitschaftsarzt „lediglich Anwesenheit und Einsatzbereitschaft“ geleistet habe. Seine Beratungsdienste und die kontinuierlichen Rundgänge auf den Veranstaltungen selbst seien weit mehr als das. Entsprechend seien die Leistungen insgesamt als Heilbehandlung zu qualifizieren – und damit umsatzsteuerfrei.