Rentenbesteuerung: Kurz vor der nächsten Reform
A&W RedaktionDie neue Bundesregierung hat die Aufgabe, zeitnah die Rentenbesteuerung zu überarbeiten. Künftige Rentner könnten doppelt zur Kasse gebeten werden – wie die Richter des Bundesfinanzhofs befürchten. Wer betroffen ist und welche Lösung die Koalition anstrebt.
Das darf nicht sein: Aus versteuertem Einkommen werden Rentenversicherungsbeiträge gezahlt und der Fiskus greift in der Rentenzeit – also in der Auszahlungsphase – nochmals zu. „Doppelbesteuerung ist verfassungswidrig“, erklärt Daniela Karbe-Geßler, Leiterin der Steuerabteilung beim Bund der Steuerzahler.
Urteil des Bundesfinanzhofs macht Druck
Im Mai beschäftigte sich der Bundesfinanzhof in zwei Verfahren vor dem Bundesfinanzhof ( Az: X R 33/19; AZ: X R 20/19) damit, wie eine solche Doppelbesteuerung zu ermitteln ist. Die Richter sehen die Gefahr, dass künftige Rentner durchaus vom zweifachen Zugriff des Fiskus betroffen sein könnten. „Dies folgt daraus, dass der für jeden neuen Rentnerjahrgang geltende Rentenfreibetrag mit jedem Jahr kleiner wird“, erklären die obersten Finanzrichter den Zusammenhang. Rechnerisch dürfte dieser Freibetrag in vielen Fällen nicht mehr ausreichen, um die aus versteuertem Einkommen geleisteten Teile der Rentenbeiträge im Alter zu kompensieren.
Derzeitige Rentner eher nicht betroffen
Die Richter sind sich zwar einig, dass Senioren bisher nicht doppelt besteuert werden. Aber für künftige Neurentner muss das eben nicht mehr gelten. Hintergrund: Das gesamte System wurde 2005 umgestellt. Bis dahin blieben die Renten bis auf einen kleinen Ertragsanteil stets steuerfrei. Diese Regel wurde geändert, und zwar so, dass Neurentner einen stetig steigenden Anteil ihrer Rente versteuern müssen. Entsprechend bleiben die Einzahlungen steuerfrei. Beispiel: Rentner, die seit 2021 erstmals eine Rente beziehen, erhalten 19 Prozent steuerfrei. Jene, die sich ab 2040 in den wohlverdienten Ruhestand verabschieden, versteuern nach der geltenden Rechtslage ihre gesetzliche Rente komplett.
Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs muss der Gesetzgeber reagieren, um die Doppelbesteuerung der gesetzlichen Rente zu vermeiden. Doppelt besteuert würden alle, die weniger Rente steuerfrei kassieren als sie versteuert Beiträge eingezahlt haben. Je höher der Besteuerungsanteil der Rente, desto wahrscheinlicher wird die Doppelbesteuerung und betrifft damit immer mehr Rentner.
Tipp: Um eine Doppelbesteuerung nachzuweisen, müssen zu den Beitragszahlungen auch die jeweiligen Steuerbescheide vorliegen. Deshalb sollte man – für den Fall der Fälle – diese Papiere aufbewahren.
Was künftige Rentner erwartet
Die Bundesregierung muss jetzt schnell nachbessern. Und hierzu finden sich im Koalitionsvertrag einige Angaben, wie die Ampel die Sache angeht. „So will die neue Regierung einerseits den vollständigen Abzug von Rentenversicherungsbeiträgen bei der Steuer schon ab dem Jahr 2023 einführen, statt bisher 2025. Andererseits wollen sie die Rente nicht schon im Jahr 2040 in voller Höhe besteuern, sondern erst ab 2060. „Bisher steigt für jeden Rentnerjahrgang der Anteil der Rente, der besteuert wird, um jährlich ein Prozent. Dieser Anstieg verlangsamt sich dann auf 0,5 Prozent pro Jahr ab dem Jahr 2023“, kommentiert Andreas Islinger, Steuerberater und Leiter der Rentenberatung der Kanzlei Ecovis.
Wichtig: Klar ist für die Richter, dass es bei privaten Renten, die – anders als die gesetzliche Altersrente – lediglich mit dem jeweiligen Ertragsanteil besteuert werden, keine Doppelbesteuerung geben kann. Wenn Ärzte nur in ihr Versorgungswerk eingezahlt haben, sind sie in der Regel nicht betroffen. Das Urteil bezieht auf die Ein- und Auszahlungen in der gesetzlichen Rentenversicherung.