Ehrenamtsbezüge und Umsatzsteuer: steuerstrafrechtliches Risiko für Ärzte?
Dennis Janz LL.M.Ehrenamtliche Bezüge können umsatzsteuerpflichtige Höhen erreichen. Was können kassenärztliche Funktionäre tun, welche über viele Jahre keine Umsatzsteuer entrichtet haben? Müssen Sie mit Bestrafungen wegen steuerlicher Vergehen rechnen? Diese Leserfrage beantwortet Steuerberater Dennis Janz LL.M., Steuerstrafverteidiger* und Fachberater im ambulanten Gesundheitswesen (IHK).
Nach § 4 Nr. 26 UStG ist die ehrenamtliche Tätigkeit von der Umsatzsteuer befreit, wenn sie für juristische Personen des öffentlichen Rechts ausgeübt wird (§ 4 Nr. 26 Buchst. a UStG). Gleiches gilt, wenn das Entgelt für diese Tätigkeit nur in Auslagenersatz und einer angemessenen Entschädigung für Zeitversäumnis besteht (§ 4 Nr. 26 Buchst. b UStG).
Was ist eine ehrenamtliche Tätigkeit?
Zu den ehrenamtlichen Tätigkeiten gehören nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) alle Tätigkeiten, die
- in einem anderen Gesetz als dem UStG ausdrücklich als solche genannt werden,
- man im allgemeinen Sprachgebrauch herkömmlicherweise als ehrenamtlich bezeichnet oder
- vom materiellen Begriff der Ehrenamtlichkeit umfasst werden
Letzer setzt das Fehlen eines eigennützigen Erwerbsstrebens, die fehlende Hauptberuflichkeit und den Einsatz für eine fremdnützig bestimmte Einrichtung voraus (vgl. BFH, Urteil vom 14.05.2008 – XI R 70/07, zuletzt BFH, Urteil vom 20.08.2009 – V R 32/08).
Wie die Finanzverwaltung es sieht
Die Finanzverwaltung hatte bereits in einem Schreiben vom Januar 2012 mit der Einführung von Betragsgrenzen vorgegeben, bis zu welcher Höhe von einem “noch angemessenen Entgelt” bei einer ehrenamtlichen Tätigkeit ausgegangen werden kann. Wird die Grenze nicht überschritten, kommt eine Steuerbefreiung zur Anwendung. Damit besteht für die Betroffenen hier Rechtssicherheit.
Nicht nur Geld, auch Zeit zählt
Doch Vorsicht: Nicht nur die Aufwandsentschädigung, sondern auch der dafür geleistete Zeitaufwand müssen derart angemessen sein, dass diese Zahlung nicht auf eine hauptberufliche Beschäftigung hindeutet und auch kein leistungsorientiertes Gehalt erfolgt. Demzufolge kann – neben der Bezahlung – auch ein großer zeitlicher Umfang des ehrenamtlichen Engagements für die Steuerbefreiung schädlich sein.
Begrenzung der Tätigkeiten
Die sogenannte Nichtbeanstandungsgrenze beträgt 50 € pro Tätigkeitsstunde und 17.500 € im Jahr.
Auslagenersatz
Die Erstattung der tatsächlich entstandenen Kosten ist für die Berechnung der o.g. Betragsgrenzen von 50 € bzw. 17.500 € nicht miteinzubeziehen. Der Begriff des Auslagenersatzes richtet sich nach den Lohnsteuer-Richtlinien. Hierunter fallen demnach auch der pauschale Kilometersatz für Kfz in Höhe von 0,30 € und der Pauschbetrag für Verpflegungsmehraufwendungen.
Pauschale Vergütungen
Eine vom tatsächlichen Zeitaufwand unabhängige Vergütung (z.B. laufend gezahlte Pauschale bzw. monatlich oder jährlich laufend gezahlte pauschale Vergütung sowie ein gesondert gezahltes Urlaubs-, Weihnachts- und Krankheitsgeld) sind nicht als Entschädigung für Zeitversäumnis anzusehen. Folglich führen sie zur Nichtanwendung der Befreiungsvorschrift. Sämtliche für diese Tätigkeit gezahlten Vergütungen unterliegen dann der Umsatzsteuer.
Vertragsregelungen
Wie dargestellt, fallen pauschale Vergütungen grundsätzlich nicht unter diese Steuerbefreiung. Allerdings wird die Zahlung pauschaler Entschädigungen für die Steuerbefreiung akzeptiert, wenn diese gemäß Vertrag, Satzung oder Beschluss eines laut Satzung hierzu autorisierten Gremiums geregelt sind, die Betragsgrenzen (50 €/Tätigkeitsstunde, 17.500 €/Jahr) nicht überschritten werden und eine konkrete Anzahl an Tätigkeitsstunden pro Woche/Monat/Jahr geregelt ist.
Nach § 370 AO begeht Steuerhinterziehung, wer den Finanzbehörden oder anderen Behörden über steuerlich erhebliche Tatsachen unrichtige oder unvollständige Angaben macht, die Finanzbehörden pflichtwidrig über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis lässt und dadurch Steuern verkürzt oder für sich oder einen anderen nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt. Der Versuch ist strafbar. Steuern sind dann verkürzt, wenn sie nicht, nicht in voller Höhe oder nicht rechtzeitig festgesetzt werden. Nach § 371 AO besteht die Möglichkeit der Selbstanzeige, um dadurch Straffreiheit zu erlangen.
Wird die Finanzbehörde pflichtwidrig über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis gelassen und werden dadurch Steuern verkürzt oder andere nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt, ist die Steuerhinterziehung durch Unterlassung nach § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO erfüllt, diese Norm wäre in Fällen der Nichtabgabe von Umsatzsteuerjahreserklärungen erfüllt.
§ 371 AO ermöglicht in den Fällen der Steuerhinterziehung i.S.d. § 370 AO die strafbefreiende Selbstanzeige. Voraussetzungen der strafbefreienden Selbstanzeige ab 1.1.2015:
Nach § 371 AO erlangt ein Tatbeteiligter für sich Straffreiheit, wenn er zu allen Steuerstraftaten einer Steuerart (hier die Umsatzsteuer) in vollem Umfang Angaben berichtigt, ergänzt oder nachholt (§ 371 Abs. 1 AO), eine Sperrwirkung nicht eingetreten ist (§ 371 Abs. 2 AO) und er die hinterzogenen Steuern, die Hinterziehungszinsen nach § 235 AO und die Zinsen nach § 233a AO, soweit sie auf die Hinterziehungszinsen nach § 235 Abs. 4 AO angerechnet werden, innerhalb der ihm bestimmten angemessenen Frist entrichtet (§ 371 Abs. 3 AO).
Fazit:
Betroffene Steuerpflichtige sollten aufgrund der durchaus komplizierten Ausgestaltungsmöglichkeiten des Ehrenamts eine steuer(straf)rechtliche Prüfung des jeweiligen Sachverhalts vornehmen lassen. Eine sodann erstellte strafbefreiende Selbstanzeige wäre der Ausweg für den Mandanten.
*zertifizierter Berater für Steuerstrafrecht (FernUniversität Hagen)