Abgabe von Präparaten an Bluter: Finanzamt stuft Gemeinschaftspraxis als gewerblich ein
A&W RedaktionDie Abgabe von Präparaten an Bluter zur Heimselbstbehandlung kann steuerrechtliche Folgen haben: Eine Gemeinschaftspraxis wurde vom Finanzamt aufgrund dieses Vorgangs komplett als Gewerbebetrieb eingestuft.
Werden von einer Gemeinschaftspraxis Präparate an Hämatophiliepatienten (Bluter) zur Heimselbstbehandlung abgegeben, ist die gesamte Tätigkeit der Inhaber als gewerblich zu behandeln. Das hat das Finanzgericht Düsseldorf in einem Urteil bestätigt (Az.: 3 K 3295/15 F, G).
Wirtschaftliche Erwägungen der Krankenkassen führen demnach nicht dazu, dass die Abgabe der Präparate als unselbstständiger Teil der ärztlichen Heilbehandlung anzusehen wäre.
Ärzte klagen gegen Entscheidung des Finanzamts
Geklagt hatte eine 2011 gegründete ärztliche Partnerschaftsgesellschaft, an dieser sind zwei Fachärztinnen und ein Facharzt beteiligt. Zum Leistungsangebot der Gemeinschaftspraxis gehören Diagnostik und Therapieempfehlungen. Außerdem unterhält die Praxis ein Speziallaboratorium für Blutgerinnung inklusive eigener Molekularbiologie sowie ein Notfalldepot für sämtliche Gerinnungsfaktorkonzentrate.
Behandelt werden vornehmlich Kassenpatienten im Rahmen einer sogenannten integrierten Versorgung nach § 140a ff. SGB V. Die Krankenkasse zahlt dem Arzt hierbei laut Vertrag für die Behandlung der Patienten Fallpauschalen, die sowohl die medizinische Betreuung als auch die Abgabe von Arzneien und Hilfsmitteln beinhalten. Neue Patienten werden zunächst ca. drei Mal in der Woche in der Praxis behandelt. Die ersten 50 bis 100 Injektionen werden durch Ärzte in der Praxis durchgeführt und die Patienten darauf geschult, sich die Injektionen künftig auch zuhause selbst verabreichen zu können.
Das Finanzamt sah bei der Abgabe der Medikamente eine gewerbliche Tätigkeit
Das Finanzamt erklärte, dass aufgrund der Abgabe der Präparate an Bluter zur Heimselbstbehandlung im Rahmen der integrierten Versorgung die gesamte Tätigkeit der Gemeinschaftspraxis als gewerblich zu behandeln ist. Der Ein- und Verkauf von Wirtschaftsgütern stelle nämlich eine typische gewerbliche Tätigkeit dar, die der freiberuflichen Tätigkeit wesensfremd sei. Dagegen klagten die Ärzte und vertraten vor Gericht die Ansicht, dass es sich bei der Gemeinschaftspraxis um eine insgesamt freiberuflich tätige Personengesellschaft handele. Teilweise gewerbliche Tätigkeiten, die zu einer sog. Infektion führen würden, lägen nicht vor.
Das Finanzgericht sah dies jedoch anders und erklärte, das Finanzamt habe die Einkünfte der Klägerin zu Recht als insgesamt gewerblich qualifiziert. Zwar bestätigte das Gericht, dass die Abgabe der Präparate durch die Ärzte Effizienzvorteile bringe und von den Krankenkassen aufgrund der insgesamt geringeren Kostenbelastung bevorzugt wird. Allein aufgrund dieser wirtschaftlichen Erwägungen könne die Abgabe der Präparate aber nicht als unselbstständiger Teil der ärztlichen Heilbehandlung angesehen werden.
Auch wenn die Patienten einer engmaschigen Kontrolle durch die Praxis unterliegen, gäbe es keine Notwendigkeit, ihnen die benötigten Präparate in der Praxis zu verkaufen. Der Verkauf könne ebenso gut durch eine Apotheke erfolgen, ohne dass dies Einfluss auf die ärztliche Heilbehandlung hätte. Auch bei anderen, schwerwiegenden Erkrankungen sei eine engmaschige Kontrolle der Patienten und ggf. eine Neueinstellung der Medikation erforderlich, dennoch erfolge der Kauf der verschriebenen Medikamente in solchen Fällen in der Apotheke. Eine Notwendigkeit der Abgabe durch die behandelnden Ärzte bestand nach Ansicht der Richter hie nicht und hatte auch keinen Einfluss auf den Behandlungserfolg.