Wirtschaftsnachrichten für Ärzte | ARZT & WIRTSCHAFT
Sozialrecht

Nicht nur Krankenhäuser sind seit einiger Zeit begehrte Renditeobjekte kapitalmarktorientierter Finanzinvestoren. Die viel geschmähten Heuschrecken zeigen zunehmend auch Interesse an kleineren Freiberuflerpraxen und MVZ (Medizinische Versorgungszentren). 

Entsprechend hat die Bundesärztekammer bereits vor Jahren ein Konzeptpapier vorgelegt, um den Einfluss fachfremder Finanzinvestoren in die ambulante Gesundheitsversorgung einzudämmen und zu verhindern, dass schiere Gewinnmaximierung Einfluss auf die Organisation und die Tätigkeit einer Freiberufler-Gesellschaft nimmt. Denn damit, so die Befürchtung, sei eine qualitativ hochwertige Patientenversorgung nicht mehr gewährleistet. 

EUGH stärkt Unabhängigkeit von Freiberuflergesellschaften

Ähnliche Sorgen gab es auch in anderen verkammerten freien Berufen. Der deutsche Gesetzgeber hat daher etwa für Rechtsanwaltsgesellschaften ein sogenanntes Fremdbesitzverbot aufgestellt, das es der Anwaltschaft verbietet, reine Kapitalinvestoren in Kanzleien zu holen. 

Eine vergleichbare Regelung für den ärztlichen Berufsstand findet sich in § 95 Abs. 1a SGB V (5. Sozialgesetzbuch). Diese Vorschrift untersagt es Dritten, in Arztpraxen oder ambulante medizinische Einrichtungen zu investieren oder sie zu betreiben. Das soll die Unabhängigkeit von Ärzten und die Qualität der medizinischen Versorgung sichern und den Einfluss von Finanzinvestoren auf die Patientenversorgung verhindern.

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat das anwaltliche Fremdbesitzverbot nun einer kritischen Prüfung unterzogen und ein eindeutiges Urteil für die Unabhängigkeit von Freiberuflern gesprochen (Urteil vom 19.12.2024, Az. C-295/23). Nach der Entscheidung aus Luxemburg dürfen Mitgliedsstaaten die Beteiligung reiner Finanzinvestoren am Kapital einer Freiberuflergesellschaft verbieten. Die damit einhergehende Beschränkung der Niederlassungsfreiheit und des freien Kapitalverkehrs sei durch das Ziel gerechtfertigt, zu gewährleisten, dass die Berufsträger unabhängig und unter Beachtung ihrer Berufs- und Standespflichten agieren können, so das Gericht. 

Für die ärztliche Unabhängigkeit und gegen reines Renditestreben.

Mit dieser Entscheidung stützt der EuGH auch die von Seiten der Ärzteschaft immer wieder erhobene Forderung, den Schutz der Patientinnen und Patienten vor der Einflussnahme durch Finanzinvestoren umfassend sicherzustellen. Finanzinvestoren können sich zwar auch bisher nicht direkt als Gesellschafter an einem medizinischen Versorgungszentrum beteiligen. Möglich ist aber eine mittelbare Beteiligung etwa durch ein Krankenhaus in privater Trägerschaft, das sich als Gesellschafter an einem MVZ beteiligt. 

Die MVZ stellen insofern eine Ausnahme vom Fremdbeteiligungsverbot dar, da sie die Beteiligung von bestimmten Gesellschaftertypen zulassen, die nicht als Ärzte im jeweiligen MVZ mitarbeiten (können). 

MVZ sind keine Renditeobjekte

Das Urteil des EuGH stellt klar, dass die Beschränkung des Gesellschafterkreises von MVZ zusammen mit dem grundsätzlichen Fremdbeteiligungsverbot an Arztpraxen mit europäischem Recht vereinbar sind. Die Entscheidung hebt den Schutz der ärztlichen Unabhängigkeit und die Qualität der MVZ hervor, wird von Kritikern aber auch als Investitionshindernis angesehen.

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