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Recht

Als niedergelassene selbstständige Ärztin mit eigener Praxis schwanger zu werden, muss Frau sich leisten können. Denn es gibt für Selbstständige keinen gesetzlichen Mutterschutz wie für Arbeitnehmerinnen, die sechs Wochen vor und acht Wochen nach dem Geburtstermin nicht beschäftigt werden dürfen, aber Lohnersatzleistungen in Form des Mutterschaftsgeldes erhalten. Das führt dazu, dass selbstständige Ärztinnen noch hochschwanger in der Praxis stehen oder schon kurz nach der Entbindung wieder arbeiten, um die finanziellen Verluste gering zu halten.

Das Thema Mutterschutz für Selbständige ist endlich in der Politik angekommen

Zwar können sich schwangere Vertragsärztinnen für einen Zeitraum von zwölf Monaten von einem Kollegen oder einer Kollegin vertreten lassen, ohne dass es einer Genehmigung der Kassenärztlichen Vereinigung bedarf. Das mag die Praxis am Laufen halten, deckt aber nicht den persönlichen Verdienstausfall ab. Zudem müssen Ärztinnen damit rechnen, dass während ihrer Abwesenheit Patienten abspringen oder MFA wechseln.

Endlich kommt auch politisch Bewegung in dieses Dilemma. Denn Nordrhein-Westfalen hat am 5. März 2024 im Bundesrat einen Entschließungsantrag zum Mutterschutz für Selbstständige eingebracht. Die Bundesregierung wird darin aufgefordert, für Selbstständige während der Schwangerschaft und nach der Entbindung gleichwertige gesetzliche Mutterschutzleistungen zu gewähren wie für Arbeitnehmerinnen.

Nordrhein-Westfalens Wirtschaftsministerin Mona Neubaur (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) sagte dazu: „Mutterschutz für Selbstständige ist längst überfällig. Alle, die ein Kind bekommen, müssen auch das Recht auf einen gesetzlichen Schutz haben. Eine Schwangerschaft darf für Selbstständige nicht die Bedrohung ihrer unternehmerischen Existenz bedeuten. Wenn wir die Nachteile für Selbstständige abbauen, tun wir etwas für die Gleichstellung und gegen den Fachkräftemangel. Deshalb setzen wir uns im Bundesrat dafür ein, gleichwertigen Mutterschutz zu schaffen.“

Bereits 2010 hat die Europäische Union (EU) eine Richtlinie verabschiedet, die EU-Mitgliedsstaaten verpflichtet, für selbstständige und angestellte Frauen gleichwertige Mutterschaftsleistungen zu gewähren. Der Bundesrat fordert die Bundesregierung nun auf, sich mit den Länderforderungen zu befassen. Feste Fristvorgaben gibt es hierfür aber nicht.

Ärztinnen begrüßen den Vorstoß bei Mutterschaftsleistungen für Selbständige

Der Hartmannbund begrüßte die Initiative aus NRW. „Wir freuen uns, dass unserer Forderung nach Beendigung der Benachteiligung von niedergelassenen Ärztinnen bei Mutterschaftsleistungen nun politische Schritte folgen“, sagte Dr. Wenke Wichmann, Sprecherin des Ausschusses Ärztinnen im Hartmannbund. „Die Einführung von Mutterschaftsleistungen analog zur Absicherung der angestellten Ärztinnen ist ein gerechter Schritt, der die einzelne Ärztin und damit auch die ambulante Versorgung stärkt“, ergänzten Co-Sprecherinnen Dr. Galina Fischer und Dr. Sabine Wedekind. Der zunehmende Ärzte- und Fachkräftemangel sei Grund genug, eine von der Gesellschaft getragene Lösung für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf für niedergelassene Ärztinnen und alle selbstständigen Frauen in Deutschland zu finden. Zunächst muss aber ein Gesetzentwurf erarbeitet werden. Bis zu einem geltenden Gesetz könnte es noch einige Zeit dauern.

„Mutterschutz für alle!“ – Das möchte die Initiative erreichen

Nordrhein-Westfalen unterstützt mit einem Entschließungsantrag im Bundesrat die Initiative „Mutterschutz für alle!“, die inzwischen ein eingetragener Verein ist und vor einigen Jahren von der selbstständigen und damals schwangeren Tischlermeisterin Johanna Röh ins Leben gerufen wurde.

Sie hatte 2022 im Petitionsausschuss des Bundestags eine Anhörung erreicht. In dieser fordern sie und ihre Mitstreiterinnen unter anderem

  • voll bezahlten gesetzlichen Mutterschutz auch für Selbstständige,

  • im Falle einer Krankschreibung aufgrund von Schwangerschaftsbeschwerden die unmittelbare Zahlung von Krankentagegeld ab dem ersten Tag der Krankschreibung mit der Erlaubnis zur geringfügigen formellen Betriebsführung,

  • keine Abzüge beim Krankengeld,

  • das Nichtantasten von Betriebsvermögen,

  • die private Versicherbarkeit von hohen Betriebsausfällen über einen gesetzlichen Basisschutz hinaus.

Ina Reinsch

Ina Reinsch

Stellvertretende Ressortleiterin Wirtschaft, ARZT & WIRTSCHAFT

ina.reinsch@medtrix.group

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