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Medizinrecht

Medizinisches Cannabis ist seit 2017 in Deutschland verschreibungsfähig. Ärztinnen und Ärzte aller Fachrichtungen können Cannabis mittels Betäubungsmittel-Rezept verordnen, etwa zur Schmerzlinderung bei Schwerkranken. Die Krankenkassen übernehmen die Kosten für Therapien allerdings nur, wenn dem Patienten nicht anders wirksam geholfen werden kann.

Damit hat der Gesetzgeber eine hohe Hürde eingebaut. Ärztinnen und Ärzte, die Cannabis verordnen, müssen belegen, dass die Therapie sinnvoll ist. Dazu muss eine schwerwiegende Erkrankung vorliegen. Eine andere Medikation darf nicht zur Verfügung stehen. Durch die Einnahme von Cannabis muss eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf eine spürbare Besserung des Krankheitsverlaufs oder der Symptome bestehen. Ein vorheriger Antrag bei der Krankenkasse ist unbedingt erforderlich.

Häufig werden Ärzte dann mit der bangen Frage konfrontiert: „Darf ich noch Auto fahren? Verliere ich meine Fahrerlaubnis?“ Nach § 24a II Straßenverkehrsgesetz handelt derjenige, der unter der Wirkung berauschender Mittel am Straßenverkehr teilnimmt, ordnungswidrig. Zudem schließt der illegale Konsum von Cannabis nach der Fahrerlaubnisverordnung die Fahreignung aus. Mit der Fragestellung hat sich das Verwaltungsgericht Düsseldorf beschäftigt (24.10.2019, Az. 6 K 4574/18).

Behörden stellen sich oft quer

In dem Fall hatte es die Fahrerlaubnisbehörde abgelehnt, einem Cannabis-Patienten eine Fahrerlaubnis neu zu erteilen. Das Verwaltungsgericht Düsseldorf entschied aber aufgrund eines medizinisch-psychologischen Gutachtens anders. Dieses hatte dem Patienten eine ausreichende psychophysische Leistungsfähigkeit attestiert. Der Gutachter kam zwar zu der Einschätzung, dass der Kläger die Einnahme von Medizinalcannabis wohl nicht vom Führen eines Kraftfahrzeugs trennen könne, er also wegen der Medikation unter dem Einfluss von Cannabis Auto fahren werde.

Es stellte aber gleichzeitig klar, dass Patienten, die Medizinalcannabis verschrieben bekommen, anders als illegale Cannabis-Patienten zum Führen von Kraftfahrzeugen geeignet sein können. Und zwar unter folgenden Voraussetzungen:

  • Sie müssen Cannabis zuverlässig nach der ärztlichen Verordnung einnehmen.
  • Es dürfen keine dauerhaften Auswirkungen auf die Leistungsfähigkeit festzustellen sein.
  • Die Grunderkrankung darf für sich genommen einer sicheren Teilnahme am Straßenverkehr nicht entgegenstehen.
  • Der Patient muss verantwortlich mit dem Medikament umgehen können. Das setze insbesondere voraus, dass er nicht fährt, wenn seine Medikation verändert wird.

Das Gericht schob auch ständigen Kontrollen durch die Fahrerlaubnisbehörde einen Riegel vor. Cannabis-Patienten dürfe nicht von vornherein auferlegt werden, sich regelmäßig untersuchen zu lassen. Allerdings könne die Fahrerlaubnisbehörde den Patienten nach einiger Zeit dazu auffordern, seine fortbestehende Eignung nachzuweisen. Das Gericht begründete dies mit einer möglicherweise schädlichen Langzeitwirkung einer dauerhaften Einnahme von Cannabis.

Autofahren mit Medizinalcannabis – so geht’s
Der Patient muss sich aus Sicht des behandelnden Arztes in einem stabilen und gut eingestellten Zustand befinden, die Einnahme des Betäubungsmittels darf seinen Allgemeinzustand nicht wesentlich negativ beeinflussen. Zu Beginn der Therapie und in der Phase einer Dosisveränderung muss der Arzt von einer aktiven Teilnahme am Straßenverkehr abraten. Patienten sollten vom Arzt zudem darauf hingewiesen werden, dass sie sich unbedingt an die verordnete Dosierung halten müssen. Wenn das korrekt verordnete Medikament vom Patienten nicht bestimmungsgemäß eingenommen wird, liegt ein Missbrauch vor, der nach dem Straßenverkehrsgesetz eine Ordnungswidrigkeit darstellt. Patienten sollten zudem alle Dokumente mit sich führen (Rezeptkopie, ärztliches Attest und Dosierungsanweisung).

Ina Reinsch