Klage gegen negative Online-Bewertung: Arzt verliert aus Mangel an Gegenbeweisen
Judith MeisterKann ein Arzt vom Betreiber eines Online-Bewertungsportals verlangen, dass er negative Bewertungen über ihn löscht? Das Landgericht Koblenz hat zu dieser Frage ein für Praxisbetreiber unerquickliches Urteil gefällt.
Streitigkeiten wie diese sind fast schon moderne Klassiker: Wenn anonyme Nutzer auf Online-Bewertungsportalen zum Vernichtungsschlag gegen angeblich unfähige, unfreundliche oder wenig empathische Ärztinnen und Ärzte ausholen, fühlen sich viele Praxisinhaber aus gutem Grund ungerecht behandelt – und verklagen die Betreiber des Portals auf Unterlassung.
Arzt fordert Löschung der anonymen Bewertung
So war es auch im Fall eines Facharztes für Orthopädie und Unfallchirurgie, dem ein namenloser Verfasser auf einer solchen Plattform vorwarf, kein Interesse an seinen Beschwerden gehabt und innerhalb weniger Minuten ein MRT für notwendig befunden zu haben, ohne zu berücksichtigen, dass der Patient unter Klaustrophobie litt. Weiterhin führte der anonyme Nutzer, für jedermann ersichtlich, aus, dass der besagte Arzt ihn nicht nach Aufnahmen der letzten zwei Jahren gefragt habe.
Der Orthopäde wollte dies nicht auf sich sitzen lassen und forderte den Betreiber des Portals auf, die Bewertung zu entfernen. Der Anbieter der Plattform nahm sich der Sache zwar an, löschte aber den Beitrag nicht, sondern hörte den nur mit einer E-Mail-Adresse registrierten Verfasser der Bewertung an. Im Nachgang dieser Überprüfung blieb der Kommentar dennoch live.
Klage gegen das Online-Portal bleibt erfolglos
Der Arzt klagte daraufhin, hatte vor dem Landgericht (LG) Koblenz aber keinen Erfolg. Die 3. Zivilkammer wies seine Klage ab. Zwar betonte das Gericht, dass Hostprovider grundsätzlich als Störer auf Unterlassung bzw. Beseitigung kritischer Kommentare haften könnten. Denn diese stellen eine Plattform zur Verfügung, auf der anonyme Bewertungen abgegeben werden können. Diese Haftung als sogenannter mittelbarer Störer dürfe aber nicht über Gebühr ausgedehnt werden, wenn die rechtswidrige Beeinträchtigung nicht von ihnen selbst, sondern von einem Dritten stammt.
Ein Anspruch gegen den Portalbetreiber setze deshalb die Verletzung von Verhaltenspflichten, insbesondere von Prüfpflichten, voraus. Deren Umfang bestimme sich danach, ob und inwieweit dem als mittelbaren Störer in Anspruch Genommenen nach den Umständen des Einzelfalls eine Verhinderung der Verletzung zuzumuten sei.
Da der Portalanbieter im konkreten Fall unstreitig auf die Beschwerde des Arztes eine Stellungnahme des Nutzers eingeholt und diese an den Arzt zur Stellungnahme weitergeleitet hatte, habe er seiner Prüfpflicht genügt. Daran konnte auch die Behauptung des Arztes nichts ändern, er habe zu dem fraglichen Patienten überhaupt keinen Kontakt gehabt.
Arzt muss Beweisen, dass Beurteilung jeglicher Grundlage entbehrt
Zwar komme grundsätzlich eine Verletzung des Klägers in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht in Betracht, wenn der in der angegriffenen Äußerung enthaltene tatsächliche Bestandteil unrichtig gewesen sei und dem Werturteil damit jegliche Tatsachengrundlage fehle (siehe Kasten). Dass ein solcher Fall vorliege, müsse aber der Arzt beweisen. Dies sei vorliegend nicht geschehen. Vielmehr war das Vorbringen des Orthopäden, es habe kein Patientenkontakt stattgefunden, zu unsubstanziiert. Deshalb waren weitergehende Pflichten des Hostproviders in diesem Fall zu verneinen (LG Koblenz, Urteil vom 19.06.2024, Az. 3 O 46/23).
Was Ärzte online (nicht) hinnehmen müssen
Die Bewertung von Ärzten im Internet ist grundsätzlich durch die Meinungsfreiheit geschützt. Eine solche Meinungsäußerung zeichnet sich durch ihre Subjektivität aus. Wenn sie keine unwahren Tatsachenbehauptungen enthält, kann sie daher weder richtig noch falsch sein. Unzulässig ist es jedoch, das Persönlichkeitsrecht des Arztes zu verletzen, etwa durch Beleidigungen oder Diffamierung. Die Grenzen zwischen den Bereichen sind oft fließend. Im Zweifel lohnt eine Beratung durch einen Anwalt.