Probearbeit: So finden Sie die besten Mitarbeiter
Ina ReinschWelche Bewerberinnen und Bewerber richtig gut sind und ins Team passen, können Ärztinnen und Ärzte herausfinden, indem sie potentielle Mitarbeiter zu einem Schnuppertag einladen. Beim Thema Probearbeit müssen Praxisinhaber jedoch einige Spielregeln beachten. Die wichtigsten Fragen und Antworten.
Probearbeiten ist in vielen Arztpraxen üblich. Ein Schnuppertag bietet nicht nur der Bewerberin einen authentischen Einblick in den Praxisalltag, sondern zeigt auch dem Chef oder der Chefin sowie den festen Mitarbeitern, wie die Neue arbeitet und ob sie zu ihnen passt.
Wie ist ein Schnuppertag rechtlich einzuordnen?
Korrekt bezeichnet man solche Schnuppertage als Probearbeit oder sogenanntes Einfühlungsverhältnis. Beide Seiten sollen die Möglichkeit erhalten, sich besser kennenzulernen. Das Einfühlungsverhältnis ist kein Arbeitsverhältnis. Während eines Schnuppertages untersteht der Bewerber daher nicht dem Direktionsrecht des Chefs, muss keine Arbeitsleistung erbringen oder sich an konkrete Arbeitszeiten halten. Das ist wichtig. Denn hält sich der Praxisinhaber nicht daran, kann schnell ein festes, unbefristetes Arbeitsverhältnis entstehen. Die Grenzen sind oftmals schwer zu ziehen. Doch mit klaren Regeln klappt es.
Wie lange darf die Probearbeit dauern?
Ein paar Stunden bis einige Tage. Eine einheitliche Linie gibt es in der Rechtsprechung nicht. Es kommt wie so oft auf die Umstände an. Experten empfehlen, die obere Grenze bei maximal einer Woche zu ziehen, um zu verhindern, dass unbeabsichtigt ein Arbeitsverhältnis zustande kommt. Auf der sicheren Seite sind Ärzte mit kürzeren Zeiträumen über ein paar Stunden, zum Beispiel an einem Vormittag oder Nachmittag.
Darf eine Bewerberin Probe arbeiten, obwohl sie noch als MFA in einer anderen Praxis angestellt ist?
Der Noch-Arbeitgeber wird kaum begeistert sein, wenn die MFA ihre Fähigkeiten in einer anderen Praxis einsetzt. Diese Konkurrenzsituation kann unter Umständen arbeitsrechtliche Folgen haben, ebenso wie ein Probearbeiten während der Arbeitszeit. Urlaubstage sollten dagegen für eine Bewerbung und ein kurzes Schnuppern in der neuen Praxis genutzt werden können. Im Ergebnis ist das aber nicht das Problem des neuen Chefs, sondern das der Bewerberin.
Muss der Arzt den Bewerber für die Probearbeit bezahlen?
Schnuppertage sind kein Arbeitsverhältnis und setzen auch keine Arbeitsleistung voraus. Daher werden sie in der Regel auch nicht vergütet. Der Arzt oder die Ärztin kann natürlich etwas Geld spendieren, jedoch nicht als Lohn, sondern als Aufwandsentschädigung. Hier ist wichtig, in einer Vereinbarung eindeutig festzuschreiben, dass es sich nicht um eine Vergütung für geleistete Arbeit handelt. Auch der Mindestlohn gilt daher nicht.
Welche Arbeiten darf der oder die Neue am Schnuppertag übernehmen?
An Schnuppertagen dürfen Bewerber nur kleinere Aufgaben erledigen, damit noch von einem Einfühlungsverhältnis gesprochen werden kann. Der Kandidat sollte also nur mitlaufen und nicht selbst im großen Stil Arbeitsleistungen erbringen. Eine MFA kann also bei Untersuchungen dabei sein oder der Kollegin am Computer über die Schulter sehen. Auch eine Blutabnahme ist mal drin, aber am Morgen zwei Stunden im Labor Blut abnehmen geht zu weit. Es empfiehlt sich, den Bewerber zu Beginn des Schnuppertages darauf hinzuweisen, dass er zu keiner Arbeitsleistung verpflichtet ist.
Wann kommt durch die Probearbeit ein richtiges Arbeitsverhältnis zustande?
Geht das Probearbeiten über ein Beschnuppern hinaus und wird der Bewerber in die Praxis und ihre Abläufe eingegliedert, geraten Ärzte schnell in die Gefahr, stillschweigend ein Arbeitsverhältnis einzugehen. Das ist möglich, weil ein Arbeitsvertrag auch mündlich, formfrei und konkludent zustande kommen kann. Entscheidend ist auch nicht die Bezeichnung als „Probearbeit“. Es kommt allein auf das tatsächliche Geschehen an. Folgende Indizien sprechen laut Rechtsprechung für ein Arbeitsverhältnis und sollten daher dringend vermieden werden:
- Der Bewerber muss am Schnuppertag bestimmte Arbeitszeiten und Pausen einhalten,
- er verrichtet dauerhaft oder mehrfach konkrete Arbeiten, die ihm vom Chef aufgetragen wurden,
- der Bewerber muss Dienstkleidung wie etwa ein Praxis-T-Shirt mit Logo tragen,
- Bewerber und Arzt vereinbaren eine Vergütung.
Wer haftet eigentlich für Schäden, die der Bewerber beim Probearbeiten verursacht?
Verursacht der Kandidat einen Schaden in der Praxis oder bei einem Patienten, ist seine private Haftpflichtversicherung zuständig. Daher ist es ratsam, sich vom Bewerber vor dem Schnuppertag schriftlich bestätigen zu lassen, dass er eine Haftpflichtversicherung besitzt.
Welche Versicherung greift bei einem Unfall des Bewerbers?
Hat der Bewerber während des Probearbeitstags einen Unfall, greift in der Regel nicht die gesetzliche Unfallversicherung, denn es liegt kein Arbeitsverhältnis vor. Hier kann es allerdings dazu kommen, dass die Krankenversicherung genauer hinsieht und die Umstände überprüft, unter denen ihr Versicherungsnehmer gearbeitet hat. Stellt sich dann heraus, dass der Bewerber auf Anweisung des Arztes gehandelt hat, ist er zwar gesetzlich unfallversichert, der Chef muss dann aber mit Regressforderungen der Berufsgenossenschaft rechnen, weil er das Arbeitsverhältnis nicht gemeldet und den Arbeitnehmer somit schwarz beschäftigt hat.
Muss der Arbeitgeber den Kandidaten anmelden?
Nein, solange kein Arbeitsverhältnis vorliegt, muss der Arzt den Bewerber weder beim Finanzamt noch bei den Sozialversicherungsträgern anmelden.
Sollte der Arzt vor dem Schnuppertag eine Vereinbarung mit dem Bewerber schließen?
Das ist nicht unbedingt nötig, kann bei Meinungsverschiedenheiten aber hilfreich sein, um das Probearbeiten von einem normalen Arbeitsverhältnis abzugrenzen (siehe Checkliste). Arbeitgeber sollten darin festhalten, dass der Interessent weder zur Arbeitsleistung verpflichtet noch der Arzt weisungsbefugt ist.
Checkliste: Probearbeit rechtssicher vereinbaren
Ärztinnen und Ärzte sollten mit dem Bewerber eine schriftliche Vereinbarung über die Probearbeit schließen. Das ist ratsam, um späteren Meinungsverschiedenheiten vorzubeugen. Die Vereinbarung sollte unter anderem folgende Angaben enthalten: