Ghosting im Job: Was tun, wenn neue Mitarbeiter plötzlich nicht mehr kommen?
Ina ReinschDas Bewerbungsgespräch ist gut gelaufen, der Vertrag unterschrieben, doch plötzlich taucht die neue MFA nicht mehr auf. Das ist nicht nur ärgerlich, sondern hat für die Praxis oft einen personellen Engpass zur Folge. Welche rechtlichen Möglichkeiten Arbeitgeber haben.
Warum? Das ist wohl die Kernfrage, wenn sich nach einem freundlichen E-Mail-Kontakt, einem Telefonat oder einem Vorstellungsgespräch ein Bewerber oder eine Bewerberin um eine freie Stelle nie wieder meldet. Das Phänomen heißt Ghosting. Es ist vor allem vom Dating oder aus privaten Beziehungen bekannt. Plötzlich taucht ein Freund oder eine Freundin ab und kappt alle Verbindungen, als hätte es ihn oder sie nie gegeben. Dieses Verhalten greift auch in der Arbeitswelt um sich. Was in Beziehungen als extrem verletzend empfunden wird, hinterlässt im beruflichen Kontext vor allem Ratlosigkeit und Verärgerung. Und ein paar juristische Fragen.
Denn gibt es nicht genügend andere Bewerber oder hat die Praxis diesen bereits abgesagt, muss der Praxisinhaber die Stelle von neuem ausschreiben. In manchen Fällen kommt es sogar vor, dass eine frisch eingestellte Bewerberin am ersten Arbeitstag gar nicht erst erscheint oder ein neuer Mitarbeiter zwei Tage arbeitet, sich dann aber nie wieder blicken lässt. Hier geht es auch um einen finanziellen Schaden.
Schadensersatz ist möglich
Das Jobportal Indeed hat 2019 in einer Studie Zahlen aus den USA zum Ghosting in der Arbeitswelt veröffentlicht. Demnach tritt das Phänomen seit 2017 verstärkt auf. 83 Prozent der befragten Unternehmen gaben an, schon einmal von einem Bewerber oder einer Bewerberin geghostet worden zu sein. In der Studie wurden auch die Ghoster befragt. Die Hälfte von ihnen gab an, schon einmal nicht zum Vorstellungsgespräch erschienen zu sein. 46 Prozent hatten nicht mehr auf Nachrichten reagiert. Nicht zum ersten Arbeitstag erschienen waren sogar 22 Prozent. Mehrfachnennungen waren möglich.
Über die Gründe für ein solches Verhalten kann nur spekuliert werden. Vielen erscheint es wohl als der Weg des geringsten Widerstands, einfach zu verschwinden und nicht ordentlich abzusagen – etwas, das junge Menschen aus der Unverbindlichkeit der digitalen Welt mitnehmen und älteren Semestern eher fremd sein dürfte.
Ohne Vertrag kein Schaden
Professionell absagen
Auch Praxisinhaber sollten Bewerbern ordentlich absagen, wenn sich herausstellt, dass sie nicht die geeignete Besetzung sind. Begründen müssen sie eine Absage aber nicht.
Ist der Arbeitsvertrag noch nicht unterschrieben und taucht ein Bewerber einfach unter, ist es für die Praxis meistens schwierig, einen materiellen Schaden zu beweisen. Zwar entsteht bereits mit der Aufnahme von Vertragsverhandlungen ein gesetzliches Schuldverhältnis, das zu Sorgfalt und gegenseitiger Rücksichtnahme verpflichtet. Der Abbruch von Vertragsverhandlungen allein begründet aber noch keinen Schadensersatzanspruch. Zu ersetzen wäre allenfalls ein sogenannter Vertrauensschaden. Tritt ein Arbeitnehmer seinen Dienst aber nach Vertragsunterzeichnung schuldhaft nicht an, liegt ein Vertragsbruch vor. Der Arbeitgeber kann Schadensersatz wegen Nichterfüllung verlangen. Dazu zählt der Ausgleich der Nachteile durch das Fehlen der Arbeitskraft, also beispielsweise zusätzliche Kosten für Aushilfen oder Überstunden für andere Mitarbeiter.
Vertragsstrafe für Ghosting vereinbaren
Viele Arbeitgeber vereinbaren daher im Arbeitsvertrag eine Vertragsstrafe für den Fall des Nichtantritts der Arbeitsstelle. Das erleichtert die Durchsetzung von Ansprüchen. Vorsorglich sollte die Vertragsstrafe auf die Höhe eines Bruttomonatsgehalts begrenzt werden, denn eine zu hohe Vertragsstrafe kann unwirksam sein. Gleichzeitig sollte die Kündigung des Arbeitsverhältnisses vor Dienstantritt ausgeschlossen werden, da sich der Bewerber sonst auf ein rechtmäßiges Alternativverhalten berufen könnte.