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Arbeitsrecht

Meist sind Praxisinhaber und -inhaberinnen überrascht, wenn ihnen ein gerichtlicher Pfändungs- und Überweisungsbeschluss für das Gehalt eines Mitarbeiters oder einer Mitarbeiterin ins Haus flattert. Die Verunsicherung ist groß. Kleine Arbeitgeber haben keine große Personalabteilung im Rücken und tun sich oft schwer, die Berechnungen korrekt durchzuführen. Dadurch laufen sie Gefahr, selbst einen finanziellen Schaden zu erleiden.

Neue Pfändungsfreigrenzen beachten

Arbeitgeber sind gesetzlich verpflichtet, bei einer Gehaltspfändung mitzuwirken. Sie müssen den pfändbaren Anteil des Gehalts an den Gläubiger abführen. Innerhalb von zwei Wochen müssen sie dem Gläubiger zunächst eine sogenannte Drittschuldnererklärung übermitteln (§ 840 Absatz 1 Zivilprozessordnung – ZPO). Sie müssen detailliert Auskunft darüber geben,

  • ob und inwieweit sie die Forderung als begründet anerkennen und zu einer Leistung von Zahlungen bereit sind,
  • ob es andere Personen gibt, die ebenfalls Ansprüche geltend machen,
  • ob und wegen welcher Ansprüche die Forderung bereits für andere Gläubiger gepfändet wurde.

Mit dem Pfändungsbeschluss wird dem Arbeitgeber verboten, die gepfändete Forderung, also das Gehalt, an den Arbeitnehmer auszubezahlen. Es gibt aber bestimmte Pfändungsfreigrenzen, die dem Arbeitnehmer von seinem Arbeitslohn verbleiben müssen, um seine Lebensgrundlage zu sichern. Diese sind in § 850c ZPO geregelt. Sie werden regelmäßig angehoben (aktuell am 1. Juli 2022) und hängen sowohl vom Einkommen als auch vom Vorhandensein von Ehe- oder Lebenspartnern sowie unterhaltspflichtigen Kindern ab.

Welche Gehaltszahlungen dürfen gepfändet werden?

Voll pfändbar sind alle Gehaltszahlungen, geldwerte Vorteile sowie Feiertagszuschläge. Urlaubsgeld ist dagegen nicht pfändbar. Andere Teile des Einkommens wie zum Beispiel Weihnachtsgeld oder die Bezahlung von Überstunden sind zum Beispiel nur anteilig pfändbar.

Der unpfändbare Grundbetrag (Nettobetrag) beträgt derzeit 1.330,16 Euro. Für die erste unterhaltspflichtige Person kommen zusätzlich 500,62 Euro hinzu, für die zweite bis fünfte jeweils 278,90 Euro (Stand Juli 2022). Im Internet gibt es Pfändungsrechner, die bei der Berechnung hilfreich sein können. Helfen können außerdem die Lohnbuchhaltung und der Steuerberater.

Übersteigt das Einkommen des Mitarbeiters die Pfändungsfreigrenze, darf der Praxisinhaber den überschießenden Betrag nicht mehr an ihn ausbezahlen. Tut er es dennoch, muss er den die Pfändungsgrenze übersteigenden Betrag nochmals an den Vollstreckungsgläubiger zahlen. Bei mehreren Gehaltspfändungen gilt der Prioritätsgrundsatz: Die zeitlich zuerst zugestellte Pfändung muss zuerst bezahlt werden. Verstößt der Arbeitgeber dagegen und zahlt versehentlich aufgrund einer nachrangigen Forderung, wird er gegenüber dem vorrangigen Gläubiger nicht von seiner Zahlungspflicht befreit. Er muss also auch hier nochmals bezahlen.

Sonderfall Unterhaltspfändung

Wird der Lohn eines Mitarbeiters gepfändet, weil er etwa den Unterhalt für sein Kind nicht bezahlt, gelten Sonderregeln. So gilt etwa die amtliche Lohnpfändungstabelle nicht. Im Pfändungs- und Überweisungsbeschluss wird genau festgelegt, was dem Mitarbeiter höchstens bleiben darf und wie viel der Arbeitgeber an den Gläubiger überweisen muss. Dabei ist der vom Gericht festgelegte Pfändungsfreibetrag meistens niedriger als der aus der amtlichen Tabelle.

Wegen Gehaltspfändung kündigen?
Eine Gehaltspfändung berechtigt den Praxisinhaber nicht ohne Weiteres zu einer Kündigung des Mitarbeiters. Denn das Schuldenmachen ist der privaten Lebenssphäre zuzurechnen. Eine Kündigung ist nur im Ausnahmefall zulässig, zum Beispiel dann, wenn dauernde Gehaltspfändungen einen derart hohen Arbeitsaufwand verursachen, dass es zu wesentlichen Störungen im Arbeitsablauf oder in der betrieblichen Organisation kommt. Das muss der Arbeitgeber aber nachweisen.