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Arbeitsrecht

Das deutsche Arbeitsrecht schützt alle Arbeitnehmer in Praxen, in denen regelmäßig mehr als zehn Angestellte arbeiten, vor sozial ungerechtfertigten Kündigungen. Besonders intensiv ist der Schutz für Schwangere. Sie können nur in extremen Ausnahmefällen ihren Job verlieren. Zudem braucht der Arbeitgeber, der eine Schwangere kündigen will, eine behördliche Zustimmung. 

Welche Fristen gelten bei Schwangeren für Klagen gegen die Kündigung?

Der besondere Kündigungsschutz für werdende Mütter greift ab Beginn der Schwangerschaft und läuft erst vier Monate nach der Entbindung aus. Versucht der Arbeitgeber in dieser Zeit, sich von der betreffenden Arbeitnehmerin zu trennen, muss sie aber, wie jede andere Kollegin auch, binnen drei Wochen gegen die (unwirksame) Kündigung klagen. Das gilt zumindest in Fällen, in denen die Schwangerschaft sowohl der werdenden Mutter als auch dem Arbeitgeber bekannt ist.

Welche Frist gilt, wenn die Schwangerschaft unbekannt ist?

Weiß der Praxischef hingegen noch nicht, dass eine Mitarbeiterin in anderen Umständen ist, hat die nach deutschem Recht zwei Wochen Zeit, den Arbeitgeber über die Schwangerschaft zu informieren und damit die Kündigung unwirksam zu machen.

Welche Frist gilt, wenn die Schwangerschaft erst nach der Kündigung festgestellt wird?

Doch welche Fristen gelten, wenn die gekündigte Mitarbeiterin erst nach Ablauf der zwei Wochen feststellt, dass sie ein Kind erwartet? Mit dieser Frage befasste sich vor kurzem der Europäische Gerichtshof (EuGH) (27.06.2024, Az. C-284/23).

Im konkreten Fall ging es um eine Pflegehelferin, die beim Arbeitsgericht Mainz gegen ihre Kündigung geklagt hatte. Das Problem war, dass die Frau erst einen Monat nach ihrer Kündigung bemerkt hatte, dass sie schwanger ist. Die dreiwöchige gesetzliche Klagefrist war somit bereits abgelaufen. Und auch eine nachträgliche Zulassung der Klage kam nicht mehr in Betracht, weil auch die hierfür einschlägige Frist von zwei Wochen abgelaufen war. Das Arbeitsbericht Mainz hätte die Klage daher abweisen müssen. Es rief aber wegen europarechtlicher Bedenken den EuGH an, um zu erfahren, ob die kurzen deutschen Fristen in solchen Fällen rechtmäßig sind.

Die Luxemburger Richter teilten diese Sorge und befanden, dass die Klagemöglichkeiten für Schwangere laut EU-Recht geschützt werden müssen. Die Zwei-Wochen-Frist sei besonders kurz und könne für Schwangere problematisch sein. Das Arbeitsgericht Mainz muss nun prüfen, ob die Zwei-Wochen-Frist tatsächlich einen Nachteil für Schwangere darstellt und so kurz ist, dass sie als unzulässig gelten muss. Je nachdem, wie das Gericht entscheidet, könnte sich die Rechtsposition schwangerer Arbeitnehmerinnen noch einmal deutlich verbessern. 

Informationspflichten von Schwangeren: Wann und wie den Arbeitgeber informieren?

Schwangere müssen ihren Chef oder ihre Chefin unverzüglich nach Bekanntwerden der Schwangerschaft darüber informieren, damit entsprechende Schutzmaßnahmen getroffen werden können.  Ebenso sollten sie den errechneten Geburtstermin mitteilen. Er ist wichtig, um den Termin für das Beschäftigungsverbot vor und nach der Geburt zu errechnen.