Warum ePA-Manipulation die Kündigung einer MFA rechtfertigt
Judith MeisterWer in einer Arztpraxis arbeitet und nachträglich Daten in der elektronischen Akte eines Patienten verfälscht, muss damit rechnen, mit sofortiger Wirkung entlassen zu werden. Was Ärztinnen und Ärzte jetzt wissen sollten.
Die fristlose Kündigung ist das schärfste Schwert, dass Arbeitgebern zur Verfügung steht, um das Fehlverhalten eines Mitarbeiters zu sanktionieren. Entsprechend hoch sind auch die Anforderungen, die die Rechtsprechung an einen solchen Schritt stellt. Im Falle einer MFA einer thüringischen Arztpraxis allerdings waren sich die Gerichte einig, dass ihr Chef sie außerordentlich kündigen und mit sofortiger Wirkung vor die Tür setzen durfte – selbst nach 15 Jahren Betriebszugehörigkeit.
MFA versucht Fehler durch Daten-Manipulation in der ePA zu vertuschen
Um einen Fehler beim Versand einer Heilmittelverordnung zu vertuschen, datierte die Frau das Dokument in der elektronischen Patientenakte (ePA) um zwei Tage vor. Als ihr Chef auf die Unstimmigkeit aufmerksam wurde, befragte er sein Team, um den oder die Verantwortliche zu finden. Die MFA verneinte zwar, die Akte manipuliert zu haben. Weil die Indizien jedoch erdrückend waren, erhielt sie dennoch die fristlose Kündigung.
Gegen diesen Schritt ging die Frau gerichtlich vor, unterlag aber sowohl in erster als auch in zweiter Instanz. Sowohl das Arbeitsgericht Gera als auch das Landesarbeitsgericht (LAG) Thüringen hielten die Kündigung für gerechtfertigt und wiesen die Klage der Arbeitnehmerin ab.
Erwiesener Pflichtverstoß
Nachdem die Frau selbst in der ersten Instanz noch geleugnet hatte, die ePA manipuliert zu haben, hatte sie vor dem LAG ihren Fehler eingestanden – und damit, so das Gericht, eine schwerwiegende arbeitsvertragliche Pflichtverletzung eingeräumt. Diese, so heißt es in der Entscheidung weiter, sei an sich bereits geeignet, einen wichtigen Grund für eine außerordentliche Kündigung darzustellen (Urteil vom 28.02.2024 Az. 4 Sa 166/23).
Da die ePA nicht nur für die medizinische Behandlung wichtige Informationen enthalte, sondern auch der Dokumenta-tion von Behandlungsverläufen diene und gegebenenfalls als Nachweis im Rahmen von Haftungsfragen bedeutsam ist, gehöre es zu den arbeitsvertraglichen Pflichten des medizinischen Hilfspersonals, Eintragungen „sorgfältig und anweisungs- sowie wahrheitsgemäß vorzunehmen und nachträgliche Änderungen, die nicht den Tatsachen entsprechen, zu unterlassen“.
Auch der Argumentation der Helferin, sie hätte vor ihrem Rauswurf abgemahnt werden müssen, folgte die Kammer nicht. Ein solcher Schritt sei vorliegend entbehrlich gewesen, da das Vertrauen des Arztes in seine Mitarbeiterin unwiederbringlich verloren war. Dafür spreche auch der Umstand, dass die Frau sowohl ihren Chef als auch das Gericht mehrfach belogen und die Pflichtverletzung geleugnet habe. Das Urteil ist rechtskräftig.
Mit sofortiger Wirkung
Die nachträgliche Veränderung von Daten in der ePA ist eine so schwerwiegende arbeitsvertragliche Pflichtverletzung, dass sie auch bei langjährig Beschäftigten eine außerordentliche, fristlose Kündigung rechtfertigt: Dem Arbeitgeber ist es nach einem so gravierenden Fehlverhalten nicht zumutbar, das Arbeitsverhältnis bis zum Ablauf der Kündigungsfrist fortzusetzen.