Zweigpraxis: Wenn Ärzte nicht nur an einem Ort tätig sind
Heiko FeketeEine Zweigpraxis zu eröffnen, kann für Niedergelassene verschiedene Gründe oder Notwendigkeiten haben. Dabei gibt es einiges zu beachten – auch das Finanzamt schaut möglicherweise genauer hin. Das sollten Sie vor der Eröffnung wissen.
Vertragsärzte, die zum Beispiel ihr Leistungsspektrum erweitern, neue Partner in die Berufsausübungsgemeinschaft aufnehmen oder Platz für Praxisequipment brauchen, planen möglicherweise mit einer Zweigpraxis. Sie kann auch dann sinnvoll sein, wenn ein Umzug zu teuer oder wegen des Praxismietvertrags nicht möglich ist.
Die rechtlichen Grundlagen für eine Zweigpraxis sind in § 24 der Zulassungsverordnung für Ärzte (Ärzte-ZV) geregelt. Die Verordnung schreibt zum einen vor, dass Vertragsärzte ihre Sprechstunde am Vertragsarztsitz, den Ort ihrer Zulassung, halten müssen.
Sie dürfen gleichzeitig an maximal zwei weiteren Orten ärztlich tätig sein, wenn dies die Patientenversorgung an den weiteren Standorten verbessert. Zusätzlich darf die ordnungsgemäße Versorgung am Hauptsitz durch eine Zweigpraxis nicht beeinträchtigt sein.
Diese Kriterien gelten für die Zweigpraxis
Entscheiden sich Niedergelassene dafür, eine Zweigpraxis zu eröffnen, müssen sie die Genehmigung der zuständigen Kassenärztlichen Vereinigung einholen. Die KV als ärztliche Zulassungsbehörde prüft beispielsweise, ob der andere Standort die Versorgungssituation im KV-Bezirk verbessert. Dazu können neben einem erweiterten Leistungsspektrum folgende Punkte zählen:
- Die Sprechzeiten werden erweitert, sodass Patienten auch abends oder am Wochenende die Praxis aufsuchen können
- Durch die Zweigpraxis verringern sich die Wartezeiten
- Der neue Standort ist besser erreichbar
Leistungen in der Zweigpraxis müssen Vertragsärzte persönlich erbringen, oder sie können sie nach erfolgter KV-Genehmigung an angestellte Ärztinnen und Ärzte delegieren.
So sieht eine mögliche Alternative zur Zweigpraxis aus
Neben einer Zweigpraxis besteht für Niedergelassene auch die Möglichkeit, auf ausgelagerte Praxisräume zurückzugreifen. Im Gegensatz zur Zweigpraxis ist dafür keine Genehmigung seitens der KV notwendig.
Praxischefs müssen die Zulassungsbehörde aber schnellstmöglich darüber informieren, wo und wann sie ihre Tätigkeit in den ausgelagerten Praxisräumen aufnehmen. Darüber hinaus gelten folgende Voraussetzungen für dieses Nutzungsmodell:
- nur spezielle Untersuchungen oder Behandlungen zulässig
- räumliche Nähe zum Vertragsarztsitz (nicht mehr als 30 Minuten entfernt) – hierzu hat auch das Bundessozialgericht in einem Urteil Klarheit geschaffen
- keine Sprechzeiten am Standort der ausgelagerten Räume
- Erstkontakt mit Patienten immer am Vertragsarztsitz
- persönliche Leistungserbringung
Gibt es rechtliche Stolperfallen?
Neben den zulassungsrechtlichen Aspekten sind auch steuerrechtliche Besonderheiten zu beachten. Denn die Finanzverwaltung könnte bei einer Zweigpraxis rein theoretisch von einer Gewerbesteuerpflicht ausgehen, wenn Praxisinhaber dort einen angestellten Arzt beschäftigen und nicht leitend und eigenverantwortlich tätig werden.
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat vor einigen Jahren zwar geurteilt, dass selbständige Ärzte ihren Beruf grundsätzlich auch dann leitend und eigenverantwortlich ausüben, wenn sie ärztliche Leistungen von angestellten Ärzten erbringen lassen. Aber diese müssen laut Urteil den „Stempel der Persönlichkeit“ des Praxisinhabers tragen – er muss laut BFH-Urteil auf die Tätigkeit des angestellten Personals durch regelmäßige Kontrolle maßgeblich Einfluss nehmen (16.07.2014, Az. VIII R 41/12).
Wie sehr eine Zweigpraxis damit einen solchen Stempel trägt, könnte im Einzelfall unterschiedlich gedeutet werden. Wollen Ärztinnen und Ärzte ihre Leistungen auch an einem weiteren Standort anbieten, sollten sie sich daher umfassend beraten lassen – vor allem in steuerrechtlicher und betriebswirtschaftlicher Hinsicht.