Wirtschaftsnachrichten für Ärzte | ARZT & WIRTSCHAFT
Praxis
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Seit dem 1. Januar ist das eRezept für Praxisinhaber verpflichtend. Entgegen allen Unkenrufen haben viele Kolleginnen und Kollegen es auch schon im Vorfeld eingesetzt. Bis Ende Dezember 2023 wurden bereits über zwölf Millionen eRezepte in Apotheken eingelöst. Der Trend ist eindeutig: Waren es in der ersten Oktoberwoche noch knapp 300.000 eRezepte pro Woche, steigerte sich die Zahl Ende November 2023 bereits auf eine Million. „Viele Praxisteams haben in den vergangenen Wochen die Arbeit mit dem eRezept intensiviert und stellten häufig nach den ersten Erfahrungen komplett um“, meint Hannes Neumann, Produktmanager eRezept bei der gematik. Anfang Februar 2024 überschritt die Zahl der eingelösten eRezepte daher bereits die 60 Millionen-Marke.

Praxisinhaber sind offen für digitale Kommunikation

Wie Ärztinnen und Ärzte wirklich über digitale Innovationen denken, beleuchtet auch die aktuelle Untersuchung „Die Zukunft der Medizin – eine Trendstudie zum Mindset von Fachärzt*innen und Allgemeinmediziner*innen“. Im Auftrag des Deutschen Innovationsinstituts für Nachhaltigkeit und Digitalisierung sowie Bayer Vital wurden 336 Ärztinnen und Ärzte befragt. Das Ergebnis: Die Geisteshaltung der Befragten ist von großer Offenheit für digitale Transformation und neue Therapieansätze geprägt. So ist es für 89 Prozent selbstverständlich, im Berufsalltag digitale Kommunikationsformen zu nutzen. Nur jeder Zehnte gibt an, dass Messengerdienste, elektronische Terminvergabe oder moderne Diagnosegeräte bei der täglichen Arbeit nicht im Einsatz sind. Dabei werden der digitale Dienst KIM (Kommunikation im Medizinwesen) als Faxersatz und die elektronische Patientenakte von jeweils knapp 40 Prozent der Befragten genutzt. Unter den allgemeinen Kommunikationswerkzeugen liegt WhatsApp deutlich vor den Messengern anderer sozialer Netzwerke.

Ärzte sehen in künstlicher Intelligenz ein hohes Potenzial

Auch gegenüber dem Thema künstliche Intelligenz (KI) zeigen sich die Teilnehmer offen. Selbst wenn KI im medizinischen Alltag noch kaum verbreitet ist, wird das Potenzial für die Diagnostik erkannt. Ein gutes Jahr nach der Einführung von KI wie ChatGPT nutzen diese schon rund zwölf Prozent. Knapp 60 Prozent sagen, dass sie KI-Diagnosesoftware künftig nutzen werden. Auf die Frage, in welchen Bereichen im Praxisalltag sie den größten Mehrwert von KI sehen, antworteten 50,9 Prozent „zur Unterstützung bei Diagnosen“, während 26,2 Prozent deren Einsatz vor allem bei der Praxisorganisation sehen. Weniger geeignet halten Ärzte KI für den Einsatz bei der Patientenbetreuung (9,8 %).

Ärzte prüfen vor allem Sinn und Nutzen von digitalen Tools

Ein Schwerpunkt der Studie untersuchte auch Social Media. Hier zeigt sich das Befragten-Lager gespalten. Die eine Hälfte nutzt Social Media, die andere nicht. Bei den Befürwortern rangieren vor allem das Karrierenetzwerk LinkedIn (26,5 %) und die Videoplattform YouTube (21,1 %) auf den vorderen Plätzen, gefolgt von Facebook (14 %), Instagram (12,8 %), Xing (10,1 %) und X (5,4 %). Wenn Ärzte soziale Netzwerke beruflich nutzen, suchen sie hauptsächlich fachliche Informationen oder den Austausch mit Kollegen. Fort- und Weiterbildung über Social Media ist bei 30,7 Prozent beliebt. Daten und Studien aus der Wissenschaft werden dagegen eher klassisch rezipiert.

© MedTrix/Grafikquelle: Deutsche Innovationsinstitut für Nachhaltigkeit und Digitalisierung und Bayer Vital

WhatsApp ist auf Platz 1 der beliebtesten digitalen Kommunikations-Tools von Ärztinnen und Ärzten.

Bei DiGAs hält sich die ärztliche Begeisterung in Grenzen

Während die grundsätzliche Haltung der Ärztinnen und Ärzte gegenüber digitalen Innovationen positiv ist, differenzieren sie durchaus, was für ihren Berufsalltag sinnvoll und hilfreich ist. So hält sich die Begeisterung für Digitale Gesundheitsanwendungen (DiGAs) weiterhin in Grenzen. 72,6 Prozent haben bisher keine DiGA verordnet. „Ja, aber selten“ (bis zu 15) sagen 19,9 Prozent. Nur 4,5 Prozent verschreiben DiGAs häufiger. Die Gründe für die Zurückhaltung liegen im hohen Erklärungsbedarf für die Patienten, in den organisatorischen Hürden, in der Bürokratie zur jeweiligen Code-Aktivierung, in den fehlenden Testmöglichkeiten für Ärzte, am fehlenden Informationsmaterial, in den Kosten für Verschreibung und Abrechnung sowie an Zweifeln bezüglich Wirksamkeit und Nutzen.

Was Ärzte fordern, damit die Digitalisierung in der eigenen Praxis besser funktioniert

Damit die Digitalisierung im Gesundheitswesen schneller vorangeht, formulieren die Befragten auch klare Erwartungen. Denn die Digitalisierung in der eigenen Praxis selbst voranzutreiben, trauen sich wegen der komplexen Thematik die wenigsten zu. Sie fordern vor allem Hilfe bei der Anbindung an die Telematikinfrastruktur sowie eine Übersicht über funktionierende Software/Apps, IT-Schulungen und -Kurse. Als Fazit der Studie lässt sich sagen: Grundsätzlich sind die Ärztinnen und Ärzte offen für die Digitalisierung, sehen aber in der Bürokratie und fehlenden IT-Unterstützung noch Hemmnisse.

ARZT & WIRTSCHAFT-Umfrage: Was halten Sie von der Digitalisierung?

Ich bin ein großer Befürworter der Digitalisierung
Die Digitalisierung befürworte ich absolut. In meiner Praxis wurden die eRezepte inzwischen auf fast 100 Prozent hochgefahren. Das läuft gut. Es gab etwas Widerstand von den Apotheken, aber das wird besser. Ich wünsche mir auch eArztbriefe und hoffe in Zukunft auch auf die elektronische Patientenakte. Mein Fazit: Ich bin gegenüber der Digitalisierung voll und ganz positiv eingestellt.
Dr. med. Joachim Küpper, Hausarzt aus Düsseldorf

Digital heißt nicht automatisch schneller und einfacher
Wir kommen nicht um die Digitalisierung herum. Allerdings bringt die Digitalisierung im Gesundheitsbereich viele Schwierigkeiten mit sich und ist mit hohen Kosten verbunden. Nur weil etwas digital läuft, bedeutet das noch lange nicht per se eine Vereinfachung und Zeitersparnis. Teilweise benötige ich jetzt viel mehr Klicks, um zum Beispiel einen elektronischen Brief zu öffnen. Da besteht noch Verbesserungsbedarf. Im Privaten nutze ich natürlich WhatsApp, E-Mails und das Internet.
Dipl.-Med. Petra Becher, Hausärztin aus Bad Klosterlausnitz

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