Wirtschaftsnachrichten für Ärzte | ARZT & WIRTSCHAFT
Praxisführung

Praxisgründungen scheitern in der Regel nicht aus Mangel an medizinischer Fachkompetenz. Häufig finden sich die Fehler, die eine Praxis ins Trudeln bringen, schon in der Planung bspw. im Bereich Liquiditätssteuerung. Ärzte als Existenzgründer sind fachlich sicherlich auf dem neuesten Stand, im Hinblick auf Finanzen jedoch meist ziemlich ahnungslos. Leider aber gehören Fehler in der Liquiditätsplanung mit zu den folgenschwersten Versäumnissen. Was ist also zu tun?

Risiken bei Praxisgründung minimieren

Bei einer Praxisgründung sollte – vergleichbar mit Gründungen in produzierenden oder anderen Wirtschaftsbereichen – mit einer Eigenkapitalquote kalkuliert werden. Nicht immer ist das aber die Regel. Sogar Praxisgründungen mit null Eigenkapital kommen heutzutage vor. Die Risiken sind entsprechend höher. Umso genauer muss geplant und gewirtschaftet werden.

Wer als Praxisgründer über eine gesunde Eigenkapitalbasis verfügt, genießt von Anfang an einige Vorteile: Vorhandene Vermögenswerte in Form von Immobilien, Geräten oder Geld führen automatisch zu einer verbesserten Bonität. Gleichzeitig fällt der zu leistende Kapitaldienst niedriger aus. Gründer, die über eine solide wirtschaftliche Basis verfügen, können die zu erwartenden, finanzschwachen ersten Jahre deutlich entspannter überstehen.

Finanzierungsbedarf exakt planen

Gerade in der Gründungsphase gehen viele Ärzte ein höheres Risiko ein als es eigentlich notwendig wäre. Oft werden schlichtweg die Anforderungen, die an sie als Praxisinhaber und damit auch als Unternehmer gestellt werden, übersehen. Ein wesentlicher Punkt ist der Finanzierungsbedarf. Wer ihn nicht richtig kalkuliert, dem schwinden schon die finanziellen Ressourcen, bevor die Einnahmen das notwendige Niveau erreichen. War es zuvor noch so unkompliziert, Banken vom Gründungsprojekt zu überzeugen, wendet sich das Blatt: Ist das Geld erst knapp, wird es deutlich schwieriger, die Kredite auszudehnen, ohne dabei die Zinsbelastungen maßgeblich in die Höhe zu treiben und die bereits angespannte Situation zusätzlich zu belasten.

Was also tun? Begleitend zu einem Konzept, das Strategie und Machbarkeit des Projektes beinhaltet, braucht es eine genaue Finanzplanung. Das bedeutet, der Finanzierungsbedarf der ersten Gründungsjahre bis zum Break-even sollte eben nicht nur geschätzt, sondern mittels monatsgenauer Liquiditätsplanung errechnet werden. In der Planung sollten sämtliche aktuellen und zukünftigen Verbindlichkeiten wie bspw. auf den Gründer zukommende Steuervoraus- oder Nachzahlungen, Versicherungsverbindlichkeiten und Investitionskosten berücksichtigt sein. Klar, Gründer müssen sparen, aber es lohnt sich nicht, am falschen Ende zu sparen und damit seine berufliche Zukunft zu gefährden, noch bevor sie richtig beginnen kann.

Ungeliebtes Kind Rechnungswesen

Weder Buchführung noch Rechnungswesen sind gemeinhin Teil der ärztlichen Ausbildung. Sicherlich ist für den Behandlungserfolg bei Patienten die fachlich-medizinische und nicht die betriebswirtschaftliche Kompetenz des Arztes wesentlich. Doch Niedergelassene sind nicht „nur“ Mediziner, sondern tragen auch die Verantwortung für eine ausreichend finanzielle Stabilität und damit für die Zukunft der Praxis. Keine Praxis kann auf Dauer funktionieren, ohne verlässliche Wirtschaftlichkeit. Sie ist eine Grundvoraussetzung, damit ein Arzt seinen Dienst am Patienten auch auf Dauer ausüben kann. Ein Rechnungswesen, das zeitverzögert, ungenau oder unübersichtlich arbeitet, birgt hohe Risiken für die Arztpraxis. Mit veralteten und/oder ungenauen Daten wird selbst das beste Controlling unwirksam. Genau deshalb dürfen Praxisinhaber das Thema Buchführung nicht vernachlässigen. Mehr noch: Praxen mit einer korrekten, aktuell gehaltenen Datenlage verfügen über beste Voraussetzungen für ein solides Controlling, mit dessen Hilfe Potenziale besser erkannt und Kurskorrekturen – sofern erforderlich – rechtzeitig eingeleitet werden können. Warum das so wichtig ist, lesen Sie hier.

Liquidität geht vor Rentabilität

Ausreichende Liquidität entscheidet maßgeblich über die Zukunft einer Praxis. Deshalb ist es erforderlich, sie gegenüber der Rentabilität immer vorrangig zu behandeln. Zwar mindert hohe Liquidität die Rentabilität; eine unzureichende Liquidität aber kann sich schnell zu einer existenzbedrohlichen Situation entwickeln. Die Liquiditätsentwicklung sollte stets im Blick gehalten und auch zukünftige Belastungen einkalkuliert werden. Negative Liquiditätsentwicklung droht beispielsweise, wenn Investitionen zu früh, zu spät, unwirtschaftlich oder gar nicht geplant werden. Hat die Praxis bspw. mit einer ansteigenden Verschuldung oder Zinslast, rückläufigem Cashflow, schrumpfendem Eigenkapital zu kämpfen? Ist eine Verlängerung der Entschuldungsdauer notwendig? Dann heißt es: Achtung – Alarm. Spätestens jetzt müssen die Ursachen ermittelt und ein Konzept erarbeitet werden, wie die Praxis wirtschaftlich gesunden und auf Dauer rentabel existieren kann.

Fazit

Praxisinhaber müssen sich heute – von Anfang an – verstärkt auch mit medizinfernen Themen wie Finanzplanung, Rechnungswesen, Praxiscontrolling und Wirtschaftlichkeit auseinandersetzen. Dabei muss längst nicht jede Aufgabe vom Inhaber selbst erledigt werden. Es braucht aber ein wesentliches Grundverständnis des Inhabers, verbunden mit dem regelmäßigen Nachhalten der gesetzten Ziele. Nur so kann es gelingen, die Praxis in Balance zu halten und so die Versorgung der Patienten langfristig zu sichern. Denn am Ende gilt – salopp ausgedrückt: „ohne Moos nix los“.

 

Stephan Kock

Inhaber und Geschäftsführer, Kock + Voeste Existenzsicherung für die Heilberufe GmbH

info@kockundvoeste.de