Mehr Wertschätzung: PKV-Umfrage zeigt, was MFAs und ZFAs sich wünschen
Marzena SickingMedizinische Fachangestellte ist der beliebteste Ausbildungsberuf bei Frauen in Deutschland, dicht dahinter auf Platz 3 liegt der Beruf der Zahnmedizinischen Fachangestellten. Doch die ausgebildeten Kräfte wandern zunehmend ab.
Den Arzt- und Zahnarztpraxen droht Fachkräftemangel: Auszubildende wechseln nach Abschluss ins Krankenhaus oder orientieren sich neu, auch erfahrene MFAs wandern zunehmend ab. Sie wechseln in andere Praxen oder ins Krankenhaus, wo die Bezahlung besser ist. Das PKV Institut hat deshalb nachgefragt: Wie attraktiv ist der Beruf derzeit? Und was können Praxen tun, um gute MFAs und ZFAs zu halten? Hier sind die Ergebnisse.
45 Prozent der befragten MFAs und ZFAs haben in den vergangenen 12 Monaten Kündigungen von Teamkolleginnen miterlebt. 45 Prozent der Befragten gaben außerdem an, selbst unzufrieden im Job zu sein. „Das sind alarmierende Zahlen“, sagt Beatrix Wackerhagen, die als Medizinische Fachangestellte in einer Gemeinschaftspraxis für Strahlentherapie und Radioonkologie in Hildesheim tätig ist. „Unser Beruf war schon immer stressig. Aber seit Beginn der Pandemie arbeiten MFAs und auch ZFAs an der Grenze der Belastbarkeit. Dafür wünsche ich mir mehr Wertschätzung aus der Politik und auch innerhalb der Gesellschaft.“
Mitarbeiterzufriedenheit wird nicht erfasst
Nur jede fünfte Praxis erhebt laut Umfrage des PKV Instituts regelmäßig und systematisch die Mitarbeiterzufriedenheit – viele verpassen so die Chance, aus wertvollem Feedback Verbesserungen abzuleiten und die Praxis weiterzuentwickeln. Regelmäßige Zielvereinbarungs- und Mitarbeitergespräche stehen ebenso nur bei jeder fünften Befragten auf dem Plan.
„Auch wenn das in stressigen Zeiten besonders schwer ist: Wer sich Zeit nimmt und die Mitarbeiterperspektive einnimmt, der kann nur profitieren“, so Wackerhagen, die seit 39 Jahren im Beruf ist. In ihrer Praxis sind regelmäßige Fortbildungen für jedes Teammitglied vorgesehen, sie selbst nimmt jedes Jahr beispielsweise am MFA-Tag und ZFA-Tag in München teil.
Abwanderung auch in weniger qualifizierte Berufe droht
Ein Aspekt ist die Bezahlung von Medizinischen und Zahnmedizinischen Fachangestellten bei niedergelassenen Ärzten und Zahnärzten: MFAs und ZFAs in Kliniken verdienen oft mehr, auch Verwaltungsberufe im Gesundheitswesen werden allgemein höher vergütet. Wenn im September 2022 der neue Mindestlohn für qualifizierte Pflegehilfskräfte mit einjähriger Ausbildung in Kraft tritt, werden auch diese ein besseres Einstiegsgehalt haben als so manche MFA.
Dabei gehört zum Beruf der Medizinischen Fachangestellten wie auch der Zahnmedizinischen Fachangestellten eine dreijährige staatlich anerkannte Ausbildung im dualen System nach Berufsbildungsgesetz. „Es besteht die Gefahr, dass auch ausgebildete Fachkräfte in geringer qualifizierte Jobs wechseln, um ihren Lebensunterhalt besser bestreiten zu können“, sagt vor diesem Hintergrund Abrechnungsexpertin Jasmin Wenz, die freiberuflich für Praxen in ganz Deutschland tätig ist: „Es braucht dringend bessere Rahmenbedingungen für den Beruf, um die hervorragende ambulante Versorgung weiter sicherzustellen.“
Wunsch nach mehr Anerkennung
Eine faire Bezahlung ist wichtig, doch neben der finanziellen Honorierung wünschen sich viele der befragten MFAs und ZFAs vor allem mehr Wertschätzung: Während 52 Prozent der Befragten angaben, Wertschätzung innerhalb ihres Teams zu erfahren, erleben mit 35 Prozent deutlich weniger der Befragten auch ihre Praxisleitung als wertschätzend. Viele MFAs und ZFAs berichten zudem von zunehmend respektlosem Verhalten durch Patienten.
„Bei vielen liegen derzeit die Nerven blank“, sagt Wackerhagen: „Überforderung ist zum Normalzustand geworden. Wir müssen im Moment viel einstecken. Aber wir können uns keinen Ausfall leisten, wir müssen einfach weiter funktionieren.“
Lediglich 4 Prozent der Befragten schätzen die gesellschaftliche Anerkennung für ihren Beruf als sehr hoch ein, immerhin 24 Prozent als hoch. Dagegen empfinden allerdings 55 Prozent die gesellschaftliche Anerkennung als gering, 17 Prozent gar als sehr gering.
Was MFA und ZFA alles tun
„Die wenigsten Menschen wissen, was wir alles beherrschen müssen, damit die Praxis funktioniert. Telefondienst und Terminvereinbarung sind nur ein Bruchteil unserer Arbeit“, sagt Wackerhagen: „Wir leisten Erste Hilfe bei einem Herzstillstand und beschwichtigen am selben Tag ungeduldige Patienten. Wir haben das medizinische Wissen, um zu jeder Untersuchung und Behandlung die richtigen Utensilien bereitzulegen und auch selbst Untersuchungen vorzunehmen. Wir haben die psychologischen Fähigkeiten, um jeden Patienten gut zu betreuen. Wir haben die notwendigen betriebswirtschaftlichen Kenntnisse, um die Praxis zu führen.“
Mehr Anerkennung für ihren Beruf wünscht sie sich auch von der Politik: „Wir bekommen keinen Bonus, unsere Mehrleistung wird marginalisiert. MFA ist immer noch mein Traumberuf, aber die Rahmenbedingungen müssen sich dringend ändern, damit wir auch in Zukunft junge Menschen für diesen Berufsweg gewinnen und halten können.
Praxisleitungen können Impulsgeber für mehr Wertschätzung sein
Etwa 50 Prozent der Befragten gaben an, Zusatzleistungen in Form von betrieblicher Altersvorsorge, Gesundheitsförderung, Fahrtkostenzuschüssen und ähnlichem zu erhalten. Nur 35 Prozent arbeiten laut Umfrage in Praxen, die mit flexiblen Arbeitszeitmodellen die Vereinbarkeit von Beruf und Familie fördern. 37 Prozent der Befragten haben eine Praxisleitung, die sie in ihrer gezielten individuellen Fort- und Weiterbildung unterstützt. Für kaum ein Drittel der Befragten stehen regelmäßige Teamevents auf dem Plan.
„Um diesen Job gut zu machen, braucht man Rückhalt im Team“, sagt Wackerhagen. „Deswegen ist es so wichtig, das Team zu stärken – mit gemeinsamen Fortbildungen, mit Teamevents, mit gemeinsamen Ausflügen und Festen.“
Geringschätzung führt zur Abwanderung
MFAs tragen hohe Verantwortung bei der Arbeit am Patienten, sie müssen sich laufend weiterbilden und medizinische wie gesetzliche Neuerungen in ihr tägliches Tun integrieren. Sie müssen Management- und menschliche Qualitäten unter einen Hut bringen und in jeder Situation empathisch und zugewandt bleiben, wie Iris Schluckebier, ausgebildete MFA mit 28 Jahren Berufserfahrung und Teilnehmerbetreuerin beim PKV Institut, betont: „Wer dann noch Geringschätzung von Patienten oder gar der Praxisleitung erfährt, neigt natürlich eher dazu, dem einstigen Traumberuf den Rücken zu kehren.“
Sie sieht Praxisleitungen und Patienten als potenzielle Impulsgeber auch für die gesellschaftliche Wertschätzung und Anerkennung des Berufs der MFA und ZFA: „Wenn die Praxisleitung wertschätzend und respektvoll mit den Mitarbeitenden umgeht, dann nehmen das auch die Patienten wahr. Unser aller tagtägliches Verhalten gegenüber MFAs und ZFAs ist ein politisches Statement und wichtige Voraussetzung für eine veränderte Wahrnehmung und gesellschaftliche Anerkennung dieses vielfältigen und hochrelevanten Berufs.“