Wirtschaftsnachrichten für Ärzte | ARZT & WIRTSCHAFT
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Drohungen und Einschüchterungen, Beschimpfungen und Beleidigungen – 80 % der Ärztinnen und Ärzte sowie ihrer Mitarbeitenden haben in den letzten 12 Monaten verbale Angriffe erlebt, oft mehrfach. Das zeigt eine Umfrage der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV). 43 % der Befragten gaben außerdem an, in den vergangenen fünf Jahren mindestens einmal körperlich angegriffen worden zu sein – 60 % im vergangenen Jahr.

Welche Formen von Gewalt treffen Praxisteams?

Die Übergriffe reichten von Schubsen, Anspucken und Anrempeln bis zu Faustschlägen, Tritten oder dem Einsatz von Gegenständen als Waffe. Ein Arzt berichtete im Rahmen der Umfrage sogar, von einem Patienten vor der Praxis zusammengeschlagen worden zu sein. Jeder vierte Befragte hatte die Polizei eingeschaltet und/oder Anzeige erstattet. Ein Drittel der Praxen hat aufgrund der zunehmenden Gewaltbereitschaft Notrufsysteme installieren lassen, das Personal geschult, Fluchtwege geschaffen und potenziell gefährliche Gegenstände wie Vasen oder Brieföffner vor dem möglichen Zugriff der Patienten entfernt.

Warum gefährdet Gewalt die medizinische Versorgung?

Die Zunahme der Übergriffe hat Folgen: Viele Ärztinnen und Ärzte sowie ihre Mitarbeitenden berichten, dass ihnen der Beruf keinen Spaß mehr mache und es schwieriger werde, gutes Personal zu halten oder zu gewinnen. Aggressive Patienten gefährden somit die Versorgung aller Menschen im Land. Die KBV unterstützt daher die von der Bundesregierung angestrebte Verschärfung des Strafrechts. Nach Plänen des Bundesjustizministeriums sollen Angriffe auf medizinisches Personal, Rettungskräfte und andere im öffentlichen Interesse Tätige härter bestraft werden, wenn sie geeignet sind, das Gemeinwohl erheblich zu beeinträchtigen. So sieht der Referentenentwurf beispielsweise bei hinterlistigen Überfällen künftig regelmäßig einen erhöhten Strafrahmen von sechs Monaten bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe.

Was plant die Bundesregierung zum Schutz von Praxisteams?

Mit dieser Strafverschärfung scheint die Regierung endlich auf die jahrelangen Forderungen der Ärztevertreter einzugehen. Der Vertreterversammlung der KBV gehen diese Pläne jedoch nicht weit genug. Sie hat am 13. September 2024 eine Resolution verabschiedet. Darin wird die Verschärfung des Strafrechts unterstützt. Gefordert wird aber auch eine umfassende Unterstützung der betroffenen Praxen, insbesondere durch psychologische Betreuung, Rechtsberatung und den notwendigen Schutz vor weiteren Übergriffen.

Wie beeinflusst Anspruchsdenken das Verhalten der Patienten?

„Die Verrohung der Sitten ist erschreckend“, sagt Dr. Andreas Gassen, Vorstandsvorsitzender der KBV. „Ein gesamtgesellschaftlicher Werteverfall trifft auf ein überlastetes und kaputt gespartes Gesundheitssystem.“ Viele der in der KBV-Umfrage befragten Praxen sehen die Ursache für die Gewaltbereitschaft in einem gestiegenen Anspruchsdenken der Patienten. Wenn Patienten nicht sofort drankommen oder das gewünschte Rezept nicht erhalten, würden manche ausfällig und beleidigend. Manche lassen auch ihren Frust über die Gesundheitspolitik an den Fachkräften aus, die ihnen helfen wollen. In einer Welt, in der sich der Einzelne immer mehr um sich selbst dreht, wird es wohl notwendig sein, Gesetze nicht nur zu verschärfen, sondern – wie die KBV betont – auch konsequent durchzusetzen.

Schockierend: Der 5-Jahres-Trend

  • 85 % der Ärzte und Praxismitarbeitenden haben in den letzten fünf Jahren vermehrt Beschimpfungen, Beleidigungen oder Bedrohungen erlebt.

  • 48 % sagen, dass im selben Zeitraum auch körperliche Gewalt zugenommen hat.

  • 43 % haben selbst körperliche Gewalt bei der Ausübung ihrer Tätigkeit erlebt.

Quelle:

Online-Umfrage Ende August 2024 der Kassenärztlichen Bundesvereinigung