Finanzsteuerung: Praxis-Finanzen mit Kennzahlen steuern
A&W RedaktionOhne präzise Finanzsteuerung funktioniert selbst das beste QM-Management nicht. Wir verraten, wie Sie mit nur wenigen Kennzahlen Ihre Praxis auf Kurs halten.
Finanzsteuerung…
….ist fester Bestandteil des mittlerweile verpflichtenden Qualitätsmanagements (QM). Zum einen, weil die QM-Ziele sie oft aufführen, zum anderen, weil die Abrechnung ganz selbstverständlich zu den Praxisabläufen gehört. Dennoch fühlen sich viele Niedergelassene mit Controlling und Finanzplanung schnell überfordert. Dafür hat man doch den Steuerberater. Der ist wichtig, doch eigene Finanzsteuerung kann er nicht ersetzen.
Dabei ist das Controlling…
…der Praxisfinanzen gar zeitaufwendig und schwierig. Mehr als eine halbe Stunde im Monat sollte es nicht beanspruchen. Wie kommt man dahin? Zunächst braucht es klare Ziele, die erreichbar und messbar sind. Und zwar für Praxisinhaber und Mitarbeiter gleichermaßen. Diese Ziele können dann auch gleich als QM-Ziele dienen. Dabei heißt Controlling nicht, etwa zu kontrollieren. Controlling ist vielmehr ein koordinierter Kreislauf aus planen, kontrollieren und steuern. Grundlage hierfür sollten zeitnahe betriebswirtschaftliche Auswertungen der Praxis sein. Nun bedarf es noch ein paar einfacher Instrumente, um die Praxis zu steuern und den Grad der Zielerreichung zu bestimmen. Erfahrene Praxisinhaber greifen da zu einer Zusammenstellung aller relevanten betriebswirtschaftlichen Zahlen. Die Daten liefert der Steuerberater.
Essenzielle Daten…
…sind dabei Umsatz, Personalkosten, alle sonstigen Kosten (etwa Materialkosten, Zinsen, Miete), Buchwert des Anlagevermögens, Abschreibungen, Gewinn, private Entnahmen, Steuerzahlungen, offene Rechnungen, Verbindlichkeiten gegenüber der Bank oder der Saldo der Konten. Die Informationen kommen aus der Summen- und Saldenliste (auch die Privatkonten berücksichtigen), den betriebswirtschaftlichen Auswertungen und der Einnahmen-Überschussrechnung, die der Steuerberater in der Regel einmal jährlich erstellt.
Hat man diese Daten…
… sollte man die sechs betriebswirtschaftlichen Kenndaten (siehe A&W-Doku) ermitteln, mit denen die Praxis leicht steuerbar ist. Kennzahlen gibt es viele: solche, die die Rentabilität der Praxis aufzeigen, wie etwa Umsatzrendite oder Personalkostenquote, solche, die die Liquidität angeben, wie etwa Entschuldungskraft, Resttilgungsdauer, Sofortliquidität, und solche, die die Produktivität beschreiben, wie etwa Mitarbeiterproduktivität, Stundenumsatz.
Besonders wichtig ist…
…aber die Umsatzrendite. Sie zeigt, wie viel Gewinn vom Umsatz übrig bleibt, und damit auch, wie viel dem Arzt durch seine Arbeit bleibt. Hält die Umsatzrendite ihr Niveau oder steigt sie sogar, ist das gut. Ein Vergleich mit vorhergehenden und natürlich den nachfolgenden Perioden signalisiert, wenn Handlungsbedarf besteht.
Die Personalkosten-Quote zeigt…
…wie viel vom Umsatz Monat für Monat für die Gehälter weggeht. Doch hier gilt es aufzupassen. Durch Entlassungen lassen sich nur im ersten Augenblick Kosten senken. Weniger Mitarbeiter bedeutet meist auch Umsatzeinbuße, da weniger Personal nicht dieselbe Leistung bringen kann. Wartezeiten der Patienten könnten sich verlängern, unter Umständen verliert man sogar Patienten. Das Personal sollte eigentlich die letzte Stellgröße sein, an der gedreht wird.
Bedeutsam ist auch der Cash-Flow…
Er zeigt dem Praxisinhaber nämlich, was tatsächlich übrig bleibt. Außerdem bezieht er alles mit ein, was noch an Geld fließen oder hereinkommen wird. Damit bietet diese Kennzahl also den besten Überblick.
Die Entschuldungskraft illustriert…
…wie hoch der Anteil des Fremdkapitals (Schulden) am Cash-Flow ist und belegt damit in welchem Maß die Praxis ihre Schulden tilgen kann.
Aber auch der Umsatz je Arztstunde…
…ist wichtig. Daran erkennt man etwa, ob zehn Stunden Öffnungszeiten wirklich mehr bringen als nur sieben Stunden. Oder ob sich der Praxisinhaber nicht besser etwas mehr Freizeit gönnen, dafür aber produktiver arbeiten sollte.
Die Sofortliquidität…
…spiegelt das Risiko des Niedergelassenen, Kreditmittel aufnehmen zu müssen, wenn etwa größere Steuerzahlungen oder unvorhergesehene Ersatzinvestitionen anstehen.
Praxen in finanzieller Notlage…
…sollten zuallererst ihre Gemeinkosten durchzuforsten. Hier lassen sich erfahrungsgemäß bis zu 40 Prozent der gesamten Kosten einsparen. So etwa kann man schauen, was bestellt wird und was davon überhaupt wirklich genutzt wird. Oder lassen sich vielleicht bessere Bestellkonditionen aushandeln? Besser als Pfennigfuchserei ist aber, in Kosten-Nutzen-Relationen zu denken. Dabei wird man sein Ziel aber nur selten auf direktem Wege erreichen. Die Kennzahlen sind aber die Parameter, die zeigen, wo die Grenze ist. Dafür sollten sie regelmäßig ermittelt werden, einmal im Quartal ist das Minimum.
Die wichtigsten Kennzahlen für die Finanzsteuerung der Praxis
- Umsatzrendite = Gewinn ÷ Umsatz;
- Personalkostenquote = Personalkosten ÷ Umsatz;
- Cash-Flow = Gewinn – Privatentnahmen – Vorsorgeaufwand – Steuern + Abschreibungen;
- Entschuldungskraft = Cash-Flow ÷ Restschulden;
- Umsatz je Arztstunde = Umsatz ÷ Arbeitsstunden des Arztes;
- Sofortliquidität = (Saldo der Geldkonten + offene Forderungen) ÷ offene kurzfristige Verbindlichkeiten.