Chronische Erkrankungen: Diabetes macht kein hitzefrei
Marcus SefrinWarum es wichtig ist, Menschen mit Diabetes über die Auswirkungen von Klimawandel und Hitze auf ihre Gesundheit zu informieren, und welche Tipps in der Praxis gegeben werden können.
Manche Menschen muss man immer noch über den Klimawandel aufklären. Zumindest kann man es versuchen, gerne mit der Kant’schen Definition im Sinn, nach der Aufklärung den Ausgang des Menschen aus seiner selbst verschuldeten Unmündigkeit erfordert. Deutlich erfolgversprechender ist es, Menschen über die Risiken aufzuklären, die mit dem Klimawandel einhergehen.
Extremwetter und Diabetes - eine unheilvolle Kombination
Oft sind zum Beispiel die Risiken von extremen Wetterlagen in Bezug auf ihre Erkrankung den Personen mit Diabetes nicht bewusst. Darauf hat das Deutsche Diabetes-Zentrum (DDZ) hingewiesen. Besonders im Sommer sei es daher wichtig, über die gesundheitlichen Auswirkungen aufzuklären. In einem Review belegen Forscher des DDZ anhand verschiedener Studien, dass hohe Temperaturen und speziell Hitzewellen auch und gerade bei Diabetes Hospitalisierungen und Mortalität steigen lassen – wie im Übrigen auch das andere Extrem, also Kälteperioden. Es gibt aber auch Hinweise auf eine höhere Diabetes-Inzidenz bei höheren Temperaturen. Auch Luftverschmutzung hängt mit dem Klimawandel zusammen. Sie steigert nicht nur langfristig das Diabetes-Risiko, sondern kann Patienten mit Diabetes auch kurzfristig Probleme bereiten, zum Beispiel war bei Waldbränden ihre kardiovaskuläre Mortalität erhöht. Es gibt auch verschiedene Studien, die zeigen, dass Naturkatastrophen, zum Beispiel Hochwasser oder Hurrikans, die Stoffwechseleinstellung beeinträchtigen.
Achtung Hitzekomplikationen bei Diabetes-Patienten
Dabei hat auch unter Diabetes-Patienten nicht jeder das gleiche Risiko für Hitzekomplikationen. Besonders anfällig sind laut DDZ Menschen höheren Alters, mit Übergewicht, mit einem hohen HbA1c-Wert sowie solche, die mit Insulin behandelt werden. Auch Menschen mit einer typischen Begleit- und Folgeerkrankung des Diabetes wie Hypertonie, kardiovaskulärer Erkrankung oder chronischer Niereneinschränkung zählen zum anfälligen Personenkreis. Die Autoren rufen dazu auf, für solche Hochrisikogruppen maßgeschneiderte Präventionsprogramme zu erarbeiten und umzusetzen.
Neben den mit Diabetes assoziierten Begleiterkrankungen gibt es einen weiteren wichtigen Grund, warum anhaltend hohe Temperaturen Menschen mit Diabetes besonders zu schaffen machen: die eingeschränkte Durchblutung der Haut, begleitet von weniger effektivem Schwitzen. Folge: Der Körper überhitzt schneller. Eine Überhitzung und Dehydrierung könne wiederum zu einem schwankenden Blutzucker-Spiegel führen.
Bei Diabetes auch Infektionskrankheiten im Blick behalten
Auch ein beeinträchtigtes Immunsystem gehört zu den Begleiterscheinungen eines Diabetes. Zu einer weniger beachteten Konsequenz des Klimawandels gehört, dass manche Krankheitserreger leichter übertragen werden können, nicht zuletzt weil sich manche Moskito-Arten dadurch ausbreiten. Für Menschen mit Diabetes besteht generell ein höheres Risiko für schwere Verläufe von Infektionskrankheiten, das wurde auch für Chikungunya- und Dengue-Fieber gezeigt.
Das Gespräch mit betroffenen Personen suchen
Die Experten raten, in Gesprächen mit betroffenen Personen die Risiken anzusprechen und Tipps zu geben: genügend trinken, direkte Sonneneinstrahlung vermeiden, für Kühlung sorgen, den Blutzucker im Blick behalten und gegebenenfalls frühzeitig ärztliche Hilfe holen.
Behandler und politisch Verantwortliche können nach Überzeugung der Autoren ebenso zur Klimaresilienz von Menschen mit Diabetes beitragen. Ärzte können Patienten nicht nur darüber informieren, sondern auch deren Risiken im Blick behalten. Aufgabe von Politikern sei neben dem generellen Klimaschutz zum Beispiel die Entwicklung von Hitzeschutzplänen.
Breites Informationsangebot
Die Webseite www.klima-mensch-gesundheit.de der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) informiert mit Tipps und Broschüren über Hitze- und UV-Schutz sowie Allergien.
Ratter-Rieck JM et al. Diabetologia 2023;doi:10.1007/s00125-023-05901-y