Krankenversicherung: Lieber gesetzlich als privat?
Heiko FeketeDie meisten Ärztinnen und Ärzte haben die freie Wahl, ob sie sich gesetzlich oder privat krankenversichern. Neben der Kostenfrage spielt bei dieser Entscheidung auch mit hinein, wo der Gesundheitsschutz besser ist – und ob ein Wechsel ohne Weiteres möglich ist. Eine einfache Antwort darauf gibt es nicht.
Knapp die Hälfte der Privatversicherten in Deutschland wird künftig noch stärker zur Kasse gebeten: Wie der Verband der Privaten Krankenversicherung vorrechnet, werden die Beiträge um durchschnittlich rund sieben Prozent steigen. Nach eigenen Angaben sollen die Beitragserhöhungen unter anderem die gestiegenen Kosten im Gesundheitswesen decken und als Kapitalanlage für die Versicherten dienen.
Aber auch bei den gesetzlichen Krankenkassen geht die Preisspirale nach oben: Der gesetzlich festgelegte durchschnittliche Zusatzbeitragssatz steigt dieses Jahr auf 1,7 Prozent – 2023 betrug er 1,6 Prozent, 2022 lag er bei 1,3 Prozent.
Auf dem Papier sind Patienten bei einer privaten Krankenversicherung (PKV) im Vergleich zur gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) oft besser versorgt. Anspruch und Wirklichkeit gehen aber immer öfter auseinander: Im Jahr 2022 hat die Schlichtungsstelle für die PKV 6.429 Beschwerden, und damit 6,42 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum gesammelt.
Häufig gab es Streit um die Versicherungsprämien oder den angegebenen Leistungsumfang. Ob Ärzte lieber auf eine gesetzliche Krankenkasse oder die PKV zurückgreifen sollen, hängt von mehreren Faktoren ab. Hier eine Übersicht:
Wie unterscheiden sich die Beiträge?
In der GKV orientieren sich die Beiträge an der Höhe des Einkommens und an der Beitragsbemessungsgrenze. Die liegt 2024 für die gesetzliche Krankenversicherung bei einem Jahresgehalt von 62.100 Euro (5.175 Euro monatlich). Ob Angestellte verpflichtend in der gesetzlichen Krankenversicherung versichert sind oder nicht, bestimmt die Versicherungspflichtgrenze.
Für das Jahr 2024 gilt dies bis zu einem Jahresarbeitsentgelt von 69.300 Euro (5.775 Euro monatlich) – wer mehr verdient, kann sich freiwillig privat krankenversichern. Selbstständige, und damit auch Niedergelassene, können sich frei aussuchen, ob sie sich gesetzlich oder privat krankenversichern möchten.
Der höchstmögliche monatliche Beitrag liegt für Selbstständige zwischen 950 und 1.000 Euro – in die Berechnung fließen auch die Pflegeversicherung, der individuelle Zusatzbeitragssatz der Krankenkasse und der Versicherungssatz von 14 Prozent ein: Den müssen Selbstständige komplett aus eigener Tasche bezahlen, bei Angestellten beteiligt sich auch der Arbeitgeber am Beitragssatz. Alter, Beruf oder gesundheitliche Verfassung spielen bei der Beitragserfassung keine Rolle.
Bei der PKV ist das anders. Hier werden die Tarife nach diesen Kriterien berechnet und es gibt vor Vertragsabschluss eine Gesundheitsprüfung. Bei Vorerkrankungen können die Versicherer einen Risikozuschlag erheben oder schlimmstenfalls sogar den Vertrag ablehnen. Das gilt auch, wenn Versicherte falsche Angaben zu ihrer Gesundheit machen und dies auffliegt.
Der Leistungsumfang ist frei wählbar, damit haben Versicherte mehr Flexibilität als in der GKV. Viele Anbieter in der PKV setzen außerdem auf Tarife speziell für Ärzte und Mediziner: Wer sich zum Beispiel im Alter von 35 bis 40 Jahren niederlassen möchte, kann je nach Leistungspaket mit PKV-Beiträgen von 500 bis 600 Euro monatlich kalkulieren.
Hinzu kommen aber Kosten für die Pflegeversicherung und Krankentagegeldversicherung, die Privatversicherte zusätzlich abschließen müssen. Außerdem steigen die PKV-Beiträge in der Regel während der Versicherungslaufzeit.
Wann können Familienmitglieder trotz PKV mitversichert werden?
Ein Benefit in der gesetzlichen Krankenversicherung ist, dass Kinder in der Regel bis zum 23. Lebensjahr beitragsfrei mitversichert sind – vorausgesetzt, sie nehmen bis dahin keine Beschäftigung auf. Auch der Lebenspartner oder Ehegatte kann unter bestimmten Voraussetzungen mitversichert werden, etwa im Falle einer dauerhaften Arbeitsunfähigkeit.
In der PKV fallen für jedes Familienmitglied Zusatzkosten an. Wenn ein Elternteil gesetzlich und ein Elternteil privat versichert ist, dann sind deren Kinder von einer Familienversicherung auch ausgeschlossen, sofern diese Merkmale nach § 10 Abs. 3 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) zutreffen:
- Die Eltern sind Ehegatten und Lebenspartner.
- Das Einkommen des Privatversicherten ist regelmäßig höher als das des gesetzlich Versicherten.
- Das Gesamteinkommen des Privatversicherten übersteigt monatlich ein Zwölftel der Jahresarbeitsentgeltgrenze.
Wenn eines der drei genannten Merkmale nicht erfüllt ist, können weitere Familienmitglieder unter Umständen auch in einer Familienversicherung mitversichert werden.
Wie einfach oder schwierig ist es, zu wechseln?
Jedes freiwillige Mitglied einer GKV kann jederzeit in die private Krankenversicherung wechseln. Die Hürden für einen Wechsel von der privaten Krankenversicherung in die GKV sind dagegen sehr hoch. Selbstständige können zum Beispiel wechseln, indem sie wieder in ein Angestelltenverhältnis eintreten und mit ihrem Gehalt die Versicherungspflichtgrenze von 69.300 Euro im Jahr nicht überschreiten. Das ist nicht die einzige Voraussetzung: Wer 55 Jahre oder älter ist, kann in diesem Fall nicht wieder in die GKV eintreten.
Für ältere Ärzte, die ihre Selbstständigkeit als Praxisinhaber aufgeben und bis zum Ruhestand als angestellte Ärzte weiter praktizieren, ist ein Wechsel praktisch unmöglich. Wer kurz vor der Niederlassung steht, sollte sich vor diesem Hintergrund Gedanken machen, welche Krankenversicherung auf lange Sicht die passende ist.
Für angestellte Ärzte in der Praxis oder im MVZ gibt es mehr Spielraum: Sie können theoretisch einen Versicherungswechsel erwägen, wenn sie ihre Arbeitszeit reduzieren und durch ein niedrigeres Gehalt wieder in der GKV versicherungspflichtig sind.
So können Ärzte von bereits entrichteten PKV-Beiträgen profitieren
Wenn die Voraussetzungen für einen Wechsel in die GKV gegeben sind, gibt es die Möglichkeit, eine Krankenzusatzversicherung abzuschließen. Einige private Versicherer wandeln den Vertrag dementsprechend um und rechnen die Altersrückstellungen darauf an. Die werden von der PKV dazu gebildet, um steigende Behandlungskosten im höheren Alter zu finanzieren.
Mit dieser Umwandlung können Versicherte im Idealfall auch nach dem Wechsel von ihren bisherigen PKV-Leistungen profitieren. Ein Blick in die Vertragsunterlagen oder ein Anruf beim zuständigen Berater kann hierbei hilfreich sein.