Zur Einzel-Immobilie gibt es bessere Alternativen
Jürgen LutzWelche Nachteile ein Investment in eine Immobilie hat und welche alternativen Anlagemöglichkeiten in Frage kommen, erläutert Mathias Lebtig von der Financial Planning Asset Management GmbH in Freiburg im Interview.
Herr Lebtig, die Zinsen sinken wieder, und manche Anleger mit einigen hunderttausend Euro auf dem Konto überlegen, in eine Immobilie zur Kapitalanlage zu investieren. Getreu dem Motto: Gewohnt wird immer – und rentabel ist es für mich auch. Was sagen Sie aus dem Blickwinkel eines Vermögensverwalters?
Mathias Lebtig: Der Blick in die vergangenen Jahrzehnte zeigt, dass die Rendite-Bäume bei Immobilien nicht in den Himmel wachsen. Die Wertsteigerung liegt im Schnitt bei drei Prozent per anno. Hinzu kommt die Mietrendite, bei der man unterm Strich ebenfalls mit drei Prozent rechnen kann. Dafür hat man aber sozusagen auch einen Nebenjob als Vermieter. Was oft nicht beachtet wird bei dem Betongold-Thema: Es geht nicht nur um die Renditen, sondern auch um das Risiko.
Was heißt das konkret?
Mathias Lebtig: Nehmen wir jemanden, der eine Bestandsimmobilie erwirbt, um sie zu vermieten. Hier gibt es das Risiko, dass die Immobilie technische Mängel hat, die erst später zutage treten und die Kalkulation verhageln. Weiter das Risiko, dass sie schlechter zu vermieten ist, als erwartet oder man einen Mietnomaden an Land zieht. Drittens kann sich die nähere Umgebung negativ verändern, was den Verkaufswert senkt. Wichtiger: Finanziell stellt eine Mietimmobilie für Anleger ein Klumpenrisiko dar, weil darin meist der größte Teil ihres Vermögens steckt. Daher kommen Einzelimmobilien zur Kapitalanlage im Grund nur für Anleger mit mehreren Millionen Euro in Frage.
Was können Nicht-Millionäre tun, wenn sie dennoch in Immobilien investieren wollen?
Mathias Lebtig: Der in Deutschland bekannteste, aber definitiv nicht der beste Weg sind die offenen Immobilienfonds. Der Grund: Diese Finanzprodukte bieten wegen der hohen laufenden Kosten relativ geringe Renditen sowie wegen der gesetzlichen Vorgaben deutliche Nachteile bei der Rückgabe der Anteile an die Fondsgesellschaft. Eine lohnende und flexible Alternative dazu sind Real Estate Investment Trusts (REIT), die an der Börse gehandelt werden. REIT dürfen aber ausschließlich in Gewerbeimmobilien investieren. Dazu zählen etwa Einkaufszentren, Hotels, Krankenhäuser sowie Büro- und Logistikimmobilien.
Der Kauf von Wohnimmobilien ist den Real Estate Investment Trusts nicht erlaubt?
Mathias Lebtig: Das ist in Deutschland den Wohnungsunternehmen wie Vonovia und (der mit Vonovia fusionierenden) Deutsche Wohnen vorbehalten. Auch TAG Immobilien und LEG Immobilien gehören zu den Aktiengesellschaften, über die man auf einen Schlag in hunderttausende Immobilien investieren kann. Offene Immobilienfonds können ebenfalls in Wohnimmobilien investieren.
Das bedeutet also: Über REIT und solche Aktiengesellschaften können Anleger unkompliziert und breit gestreut in Wohn- und Gewerbeimmobilien investieren?
Mathias Lebtig: Richtig. Zudem vermeiden Anleger auf diese Weise die angesprochenen Risiken und ersparen sich die Arbeit, die als Vermieter auf sie zukommen würde. Darüber hinaus schütten Real Estate Investment Trusts mindestens 90 Prozent der Erträge aus, wenn sie keine Körperschafts- bzw. Gewerbesteuer zahlen wollen. Anleger haben sozusagen den Status eines Vermieters, der die Mieterträge kassiert, ohne sich darum kümmern zu müssen – eine charmante Lösung, wie ich finde. Zudem gibt es ETFs, die das Geld auf Dutzende dieser REITs und Immobilienaktien streuen.
Welchen Anteil können bzw. sollten solche Immobilien-Investments in einem Aktienportfolio ausmachen?
Mathias Lebtig: Das kommt auf die Anleger, ihre Ziele sowie ihre Risikoneigung an. Immobilien-Investments erzielen im Allgemeinen niedrigere Renditen als der breite Aktienmarkt, bieten dafür aber etwas mehr Stabilität. Wenn aber die Zinsen wie 2022 schnell und stark steigen, kommen sie deutlich unter Druck. Vor diesem Hintergrund halte ich einen Anteil zwischen 5 und 20 Prozent am Gesamtvermögen für angemessen.
Der breite Aktienmarkt hängt den Immobiliensektor deutlich ab
Der Vergleich zwischen dem breiten Aktienmarkt und dem Immobiliensektor über die vergangenen fünf und zehn Jahre zeigt deutlich, dass das sogenannte Betongold mit den Renditen des restlichen Aktienmarkts nicht mithalten kann. Gleichwohl kann ein Teil-Investment für Anleger, die vor allem stabile Ausschüttungen wünschen, Sinn ergeben.
5 Jahre | 10 Jahre | |
iShares MSCI World | plus 69 % | plus 118 % |
SPDR Dow Jones Global Real Estate | minus 8 % | plus 8 % |
Renditeangaben der ETF zur Vergleichbarkeit in US-Dollar, Renditedifferenzen in Euro sind identisch,
Quelle: marketsurge.com / Stand: 24.09.2024 / Recherche: Jürgen Lutz