Interview: Von Gewerbeimmobilien rate ich derzeit ab
A&W RedaktionBüro- und Einzelhandelsimmobilien leiden neben gestiegenen Zinsen auch unter dem Trend zum Homeoffice und zum Online-Handel. Fabian Thaler von der TOP Vermögen AG erläutert, was das für Investoren bedeutet.
Herr Thaler, wie entwickeln sich derzeit die Preise für Gewerbeimmobilien?
Fabian Thaler: In den vergangenen zehn Jahren sind die Preise von Büroimmobilien stark gestiegen, aktuell stagnieren sie jedoch. Im Einzelhandelsbereich sind sie schon etwa seit 2017 rückläufig. Im Gegensatz zu Wohnimmobilien sind im Gewerbebereich auch die Mieten nicht so stark angestiegen und wir sehen bei Büro- und Einzelhandelsflächen einen deutlichen Rückgang bei den Nettoanfangsrenditen.
Worin liegen die Gründe für die schwache Entwicklung?
Fabian Thaler: Zum einen spielen hier, wie bei Wohngebäuden auch, die gestiegenen Zinsen und die unsichere wirtschaftliche Entwicklung eine Rolle. Zum anderen kommt bei Büros der Trend zum Homeoffice dazu, weshalb weniger Büroflächen benötigt werden. Beim Einzelhandel ist es der Online-Handel, der belastet.
Das klingt nicht positiv für den Gewerbebereich…
Fabian Thaler: Das Umfeld war nicht gut und wird auch in diesem Jahr nicht gut aussehen. Wir wissen aktuell zwar nicht, ob eine Rezession kommt und wenn ja, wie stark sie sein wird. Sicher ist aber, dass ein wirtschaftlicher Abschwung den Einzelhandel belastet, womöglich auch den Bürobereich.
Sie raten aktuell also eher ab?
Fabian Thaler: Ja. In den großen Städten in Deutschland liegen die Mietrenditen im Schnitt bei unter drei Prozent. Da aber konservative Anleiheinvestments bereits wieder vier bis sechs Prozent liefern, sind Anlagen in Gewerbeimmobilien derzeit unattraktiv. Das Risiko übersteigt die Chancen deutlich.
Was sollen Anleger tun, die bereits investiert sind?
Fabian Thaler: Wenn es ohne größere Verluste möglich ist und Sie einen Käufer finden, würde ich verkaufen. Denn aktuell ist unklar, wann wir hier eine Erholung sehen. Ansonsten bleibt nur übrig, abzuwarten und auf eine Erholung zu hoffen.
Autor: Gerd Hübner