Wirtschaftsnachrichten für Ärzte | ARZT & WIRTSCHAFT
Honorare

Trotz formnichtiger Vereinbarung zwischen Zahnärztin und Patientin über einen Eigenanteil sprachen die Richter der klagenden Zahnärztin einen Anspruch auf Zahlung des Eigenanteils gegen ihre Patientin zu.

Zahlung des Eigenanteils für prothetische Maßnahmen

Die Klägerin war Zahnärztin der beklagten gesetzlich krankenversicherten Patientin und begehrte die Zahlung des Eigenanteils für prothetische Maßnahmen, die über das zahnmedizinisch notwendige Maß hinausgingen und daher von der Krankenkasse nicht übernommen wurden. Die Zahnärztin stellte einen ordnungsgemäßen Heil- und Kostenplan gemäß § 2 Abs. 3 S. 1 und S. 2 der Gebührenordnung für Zahnärzte (GOZ) auf und händigte ihn der Patientin mit der Bitte um die notwendige Unterschrift aus. Die Patientin gab den Plan ohne Unterschrift zurück, was den Praxismitarbeiterinnen nicht auffiel. Die Zahnärztin führte die Behandlung durch, die Patientin beglich die Rechnung jedoch nicht. Im Rahmen des Gerichtsprozesses berief die Patientin sich erstmalig auf Formnichtigkeit des Heil- und Kostenplans.

Grundsätzliche Nichtigkeit der Vereinbarung über den Eigenanteil

Die vorliegend nicht eingehaltene Schriftform (§ 126 BGB) des Heil- und Kostenplans gemäß § 2 Abs. 3 S. 1 GOZ führt nach § 125 S. 1 BGB dazu, dass Rechtsgeschäfte nichtig sind, die dem Formerfordernis nicht gerecht werden. Dies bedeutet konkret, dass die Vereinbarung über den Eigenanteil unwirksam ist und ein Zahlungsanspruch der Zahnärztin gegenüber der Patientin grundsätzlich nicht entstanden ist.

Treu und Glaube gem. § 242 BGB als Rettung

Einen Ausweg kann aber § 242 BGB bieten. Seine Wirkung besteht u.a. darin, dass er Korrekturen vornimmt, die anderenfalls zu einem schlicht untragbaren Ergebnis führen würden. Einen solchen Fall nahm der BGH hier an, denn die Patientin habe, trotz ihrer umfassenden Kenntnis über den Eigenanteil und das Schriftformerfordernis, Leistungen der Zahnärztin in Anspruch genommen und damit die Vorteile der Behandlung genutzt. Das nachträgliche Berufen auf die Formnichtigkeit stelle ein in hohem Maße widersprüchliches Verhalten und somit eine besonders schwere Treuepflichtverletzung dar. Außerdem sei die Zahnärztin, unbeachtlich ihres objektiven Verursachungsbeitrags, auch schutzwürdig. Sie vertraute auf die Wirksamkeit der Vereinbarung, denn sie besaß wegen des bloßen Büroversehens keine auf grober Fahrlässigkeit beruhende Unkenntnis. Besitze die Zahnärztin keine anderweitigen Leistungsansprüche, sei der Rückgriff auf § 242 BGB möglich.

Relevanz für die Praxis

Es bleibt festzuhalten, dass es stets eine Frage des Einzelfalls bleibt, ob es sich beim Berufen auf die Formnichtigkeit seitens des Patienten um eine unzulässige Rechtsausübung i.S.d. § 242 BGB handelt. Insofern sind Zahnärzte gut beraten, sich vorzeitig über die Einhaltung des Formerfordernisses bei einer Vereinbarung von zusätzlichen Leistungen zu vergewissern.