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Finanzen

Kassenpatienten haben Anspruch auf eine mehrkostenfreie Versorgung mit Hilfs- und Pflegehilfsmitteln. Seit diesem Jahr können sie nun erstmals im gesamten Jahreszeitraum auf das überarbeitete Hilfs- und Pflegehilfsmittelverzeichnis zurückgreifen. Nach umfassenden Aktualisierungsarbeiten durch den GKV-Spitzenverband umfasst der gesamte Katalog nun mehr als 37.000 Produkte, die sich auf 41 Produktgruppen verteilen.

Besonders zu begrüßen ist die Aufnahme neuer digitaler Hilfsmittel. Dazu gehört zum Beispiel ein digitaler Medikamentenspender, der Pflegebedürftige dabei unterstützt, selbstständig ihre Arzneimittel zu nehmen. Außerdem ist ein Assistenz-System als Pflegehilfsmittel verfügbar, das unter anderem Stürze erkennt. Zusätzlich zu den neu aufgenommenen Hilfsmitteln wurden 338 veraltete oder nicht mehr verfügbare Pro­dukte aus dem Verzeichnis entfernt.

Überarbeitetes Hilfs- und Pflegehilfsmittelverzeichnis

Das Verzeichnis listet allerdings nicht nur Hilfsmittel auf, sondern bestimmt auch die für die Hersteller geltenden Anforderungen an Funktion und Qualität der einzelnen Hilfsmittelgruppen. Diese sind eine Grundvoraussetzung für die Aufnahme ins Verzeichnis, nicht aber für die Kostenübernahme. Die Arbeiten an dem Verzeichnis sind zudem keineswegs abgeschlossen: Bis Ende 2023 werden nach Angaben des GKV-Spitzenverbands voraussichtlich alle 41 Produktgruppen erneut aktualisiert. Neu hinzu komme dann unter anderem die Produktgruppe 30 „Hilfsmittel zum Glukosemanage­ment“, um den besonders innovationsstarken Bereich der Insulintherapie besser abzubilden.

Die Kosten für die Versorgung mit Hilfsmitteln werden jedoch zunehmend zur Belastung. Die Ausgaben der GKV in diesem Bereich sind zwischen 2008 und 2022 von 5,71 Milliarden Euro auf 10,36 Milliarden Euro und damit um 81 Prozent gestiegen. Deshalb plädiert man in der Führungsriege des GKV-Spitzenverbands für die Einführung „wirksamer Steuerungsinstrumente“ und mehr Wettbewerb auf dem Hilfsmittelmarkt.

Mehr Wettbewerb um Hilfsmittel soll Kosten senken

Auch von einzelnen Kassen kommt Kritik am aktuellen System. Insbesondere das seit 2019 geltende Ausschreibungsverbot ist den Körperschaften ein Dorn im Auge. Irmgard Stippler, Vorstandsvorsitzender der AOK Bayern, beklagt, dass der Wegfall dieser Option die Ausgaben erheblich gesteigert habe, aber keinen Mehrwert für die Versicherten biete. Deshalb sollten ihrer Meinung nach Ausschreibungen mit festen Qualitätskriterien wieder möglich sein.

Aus der Luft gegriffen sind die Vorwürfe gegen die Hilfsmittellobby nicht: Bereits im vergangenen Jahr hat das Bundeskartellamt ein Verfahren gegen mehrere Hilfsmittelverbände wegen gemein­samer Preisaufschläge zulasten der GKV eingeleitet.