Wirtschaftsnachrichten für Ärzte | ARZT & WIRTSCHAFT
Finanzen

Wer sich für einen Beruf entscheiden muss, hat auch das Gehalt im Blick. Mediziner haben zweifelsohne einen hervorragend dotierten Job. Allerdings driftet das Einkommen von Vertragsärzten und Klinikärzten immer weiter auseinander. Während sich der angestellte Arzt über ein sattes Plus freuen kann, hat der Praxisinhaber immer öfter mit steigenden Ausgaben und stagnierenden Einnahmen zu kämpfen.

Ohne Privatpatienten wären Allgemeinmediziner und Fachärzte mit eigener Praxis wohl aufgeschmissen. So verdient ein niedergelassener Arzt mit der Behandlung gesetzlich Versicherter nach wie vor deutlich weniger als ein Mediziner, der als angestellter Arzt im Krankenhaus die gleiche Arbeit verrichtet. Damit sich die eigene Praxis lohnt, muss entweder die Zahl der Privatpatienten erhöht werden oder der Arzt muss eine deutlich höhere Arbeitszeit als die angestellten Kollegen akzeptieren. Der Grund für diese Diskrepanz: Seit Jahren haben Allgemeinärzte und Fachärzte mit eigener Praxis mit steigenden Betriebskosten und stagnierenden Umsätzen zu kämpfen.

Vertragsärztliche Vergütung und Arztgehälter im Vergleich

Die Ergebnisse basieren auf der aktuellen Erhebung des Zentralinstituts für die kassenärztliche Versorgung. Während die Jahresüberschüsse in den Jahren 2010 bis 2013 stagnierten, stiegen die Betriebskosten in den Praxen um 7,7 Prozent an. Die Daten wurden 2014 im Rahmen des Zi-Praxis-Panels (ZiPP) erhoben und jetzt einer ersten Auswertung unterzogen. Zur Bewertung der Angemessenheit der vertragsärztlichen Vergütungen hat der Bewertungsausschuss 2007 einen Referenzwert gebildet. Dieser orientierte sich am durchschnittlichen Gehalt eines Oberarztes. Zudem wurde berücksichtigt, dass die Arbeitszeit eines Praxisbesitzers mit rund 49 Wochenstunden deutlich über der eines angestellten Arztes liegt.

Für den Arzt zählt heute nicht nur das Gehalt

Um die Jahresüberschüsse der Praxen mit dem Referenzwert aus dem einheitlichen Bewertungsmaßstab vergleichen zu können, standardisiert das Zi die Erhebungsergebnisse. Hierbei wird davon ausgegangen, dass alle Leistungen der Praxis bzw. des Arztes, wie die Behandlung gesetzlich Krankenversicherter, vergütet wird. Zudem werden die Einnahmen des Arztes auf die Normarbeitszeit umgelegt.

Festanstellung in der Klinik liegt im Trend

Nach dieser Berechnung lag der sogenannte standardisierte Jahresüberschuss einer durchschnittlichen Arztpraxis 2013 bei rund 117.100 Euro. Laut Statistik ist das immerhin eine Verbesserung gegenüber dem Vorjahr um rd. 7.000 Euro. Das vergleichbare Bruttogehalt eines Oberarztes in einem Krankenhaus beträgt derzeit allerdings mehr als 135.000 Euro. Der Job des Mediziners lohnt sich im Angestelltenverhältnis also mehr. Kein Wunder, dass immer mehr Medizinstudenten sich für eine Festanstellung entscheiden. Im Trend ist auch das Thema Teilzeit. Junge Ärzte streben nicht nur ein gutes Gehalt an, sondern auch die Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Die Work-Life-Balance ist so manchem Mediziner mehr wert als die Karriere in der Klinik oder die eigene Praxis. Keine guten Aussichten für ländliche Regionen, die heute schon unter massivem Ärztemangel leiden.

Experten fordern bessere Vergütung

Die Arbeit des Arztes in der eigenen Praxis müsse sich wieder mehr lohnen, fordern Experten. „Die ambulante Behandlung von gesetzlich Versicherten wird nach wie vor schlechter vergütet als eine vergleichbar qualifizierte Tätigkeit im Krankenhaus“, kritisiert der Geschäftsführer des Zentralinstituts für die kassenärztliche Versorgung (Zi), Dr. Dominik von Stillfried. Das zeige einmal mehr, dass die seit Jahren von der KBV geforderte Angleichung der Vergütung „längst überfällig“ sei, fügte Stillfried hinzu. Während die Klinikärzte von Tariferhöhungen profitieren, verringere sich das Einkommen der Vertragsärzte durch stetig steigende Betriebskosten.“

Ausgaben für Leasing rückläufig – Wartungskosten gestiegen

Am stärksten sind laut Analyse die Personalkosten mit 16,8 Prozent gestiegen. Grund sind die merklichen Entgelterhöhungen in den vergangenen Jahren. Als Arbeitgeber muss der Arzt immer tiefer in die Tasche greifen, für ihn bleibt aber pro Monat immer weniger Verdienst übrig. Das rächt sich leider auch an anderer Stelle: Weil der selbständige Arzt weniger verdient, fehlt ihm das Geld für die Modernisierung.

Die rückläufigen Investitionen zeigen sich den Zi-Wissenschaftlern zufolge in den um 12,8 Prozent gesunkenen Abschreibungen und den rückläufigen Aufwendungen für Leasing und Mieten für Geräte um sechs Prozent. Zugleich sind die monatlichen Ausgaben für Wartung und Instandhaltung mit 11,5 Prozent deutlich gestiegen.

Unterschiedliche Entwicklung in den Fachgebieten

Allerdings handelt es sich bei den Ergebnissen nur um Durchschnittswerte. Tatsächlich verlief die wirtschaftliche Entwicklung von 2010 bis 2013 in den einzelnen Fachrichtungen sehr unterschiedlich – sowohl bei Einnahmen und Aufwendungen als auch beim Jahresüberschuss. Besonders deutlich sind die Aufwendungen je Praxisinhaber bei den Anästhesisten mit durchschnittlich jährlich 4,3 Prozent und in der Kinder- und Jugendpsychiatrie um 4,5 Prozent gestiegen. Dagegen wurden die größten Einnahmezuwächse im Fachgebiet Neurologie mit 5,8 Prozent erzielt. Für Orthopäden und Psychotherapeuten verringerten sich die Jahresüberschüsse um durchschnittlich 1,7 Prozent. Dennoch gehören niedergelassene Fachärzte zu den „Besserverdienern“ unter den Medizinern. Einen höheres Einkommen bei gleicher Arbeitszeit kann man nur noch als Chefarzt in einer Klinik verdienen.