Cyberversicherungen in Klinik und Praxis – warum man besser nicht mehr darauf verzichtet
A&W RedaktionEin Hackerangriff auf die Arztpraxis oder eine Klinik? Was vor wenigen Jahren noch eine Seltenheit war, ist heute Alltag. Versicherungsexperten raten deshalb häufig zum Abschluss einer sogenannten Cyberversicherung. Was die Policen können und warum sie heutzutage so wichtig sind, erklärt Falk Leibenzeder, Geschäftsführer der PVS Assekuranzmakler GmbH.
Medizinische Einrichtungen speichern und verarbeiten große Mengen sensibler Patientendaten, die für Kriminelle äußerst wertvoll sind. Werden Systeme in einer Klinik technisch blockiert, kann das außerdem Leben gefährden – das macht die Einrichtungen erpressbar. Die fortschreitende Digitalisierung des Gesundheitswesens führt zusätzlich zu einer erhöhten Bedrohung durch Cyberangriffe in Kliniken und Arztpraxen. Dass diese Gefahr nicht nur theoretischer Natur ist, zeigen die regelmäßigen Schlagzeilen über Hackerangriffe auf Krankenhäuser und große wie kleine Arztpraxen.
Mehr Cyberangriffe auf Praxen und Krankenhäuser
Ist der Cyberangriff erfolgreich, kann das nicht nur zu Datenverlust und erheblichen finanziellen Verlusten führen, sondern auch den Ruf einer Arztpraxis oder einer Klinik irreparabel beschädigen und das Vertrauen der Patienten erschüttern. Deshalb ist ein umfassender Schutz der Praxis-IT das oberste Gebot. War ein Hackerangriff dennoch erfolgreich, kann den erheblichen finanziellen Schaden bedeuten. Dagegen kann man sich mit einer Cyberversicherung schützen. Doch was genau leistet sie?
Eine Cyberversicherung bietet einen spezifischen Versicherungsschutz gegen die finanziellen Auswirkungen von Cyberangriffen und anderen IT-bezogenen Vorfällen, wie z.B. Datenverlust durch eine technische Panne. Sie deckt eine Vielzahl von IT-Risiken ab und kann in der Regel so maßgeschneidert werden, dass sie den individuellen Bedürfnissen einer Arztpraxis in diesem Bereich gerecht wird.
Die wichtigsten Gründe, die für eine Cyberversicherung für eine Arztpraxis sprechen
1. Schutz vor Datenschutzverletzungen: Arztpraxen sammeln und speichern eine Fülle von sensiblen Gesundheitsdaten ihrer Patienten. Im Falle eines Datenschutzverstoßes, beispielsweise durch eine Datenpanne oder einen Hackerangriff, können diese Daten in die falschen Hände geraten. Eine Cyberversicherung deckt die Kosten für die Benachrichtigung der betroffenen Patienten, die Bewältigung von Rechtsstreitigkeiten und Bußgelder im Zusammenhang mit Datenschutzverletzungen ab.
2. Datenwiederherstellung und Forensik: Bei einem Cyberangriff können wichtige Daten verloren gehen oder beschädigt werden. Eine Cyberversicherung kann die Kosten für die Datenwiederherstellung und die forensische Untersuchung des Vorfalls decken, um die Ursache des Angriffs zu ermitteln und weitere Sicherheitslücken zu schließen.
3. Haftpflichtdeckung: Wenn durch einen Cyberangriff Dritte Schaden erleiden, beispielsweise durch eine Verbreitung von Malware oder eine versehentliche Offenlegung sensibler Informationen, kann dies zu Haftungsansprüchen führen. Eine Cyberversicherung kann die Kosten für Rechtsstreitigkeiten und Schadenersatzansprüche abdecken.
4. Erpressungsversuche: Immer häufiger setzen Cyberkriminelle auf Ransomware, um Lösegeld zu erpressen. Eine Cyberversicherung kann die Kosten für die Lösegeldzahlung oder die Bewältigung der Folgen eines Erpressungsversuchs decken.
5. Unterbrechung des Geschäftsbetriebs: Ein schwerwiegender Cyberangriff kann die IT-Infrastruktur einer Arztpraxis lahmlegen und den normalen Geschäftsbetrieb stören. Eine Cyberversicherung kann die finanziellen Verluste während der Ausfallzeiten abdecken und bei der Wiederherstellung des Geschäftsbetriebs unterstützen.
6. Krisenmanagement und PR-Beratung: Nach einem Cyberangriff ist ein effektives Krisenmanagement und eine professionelle PR-Beratung unerlässlich, um den Ruf der Arztpraxis zu schützen. Eine Cyberversicherung kann die Kosten für diese Dienstleistungen übernehmen.
7. Sicherheitsverbesserungen: Viele Cyberversicherer bieten ihren Kunden auch Unterstützung und Ressourcen, um ihre IT-Sicherheit zu verbessern und das Risiko zukünftiger Angriffe zu minimieren. Dies kann etwa Schulungen für Mitarbeiter oder die Einführung neuer Sicherheitsmaßnahmen umfassen.
Abschließend lässt sich sagen, dass eine Cyberversicherung eine wichtige Ergänzung zur Gesamtversicherungsstrategie einer Arztpraxis ist. Angesichts der wachsenden Bedrohung durch Cyberangriffe ist es ratsam, die individuellen Risiken einer Praxis zu bewerten und eine maßgeschneiderte Versicherungspolice abzuschließen. Eine gut konzipierte Cyberversicherung kann dazu beitragen, finanzielle Verluste zu minimieren, den Geschäftsbetrieb aufrechtzuerhalten und den Ruf einer Arztpraxis zu schützen.
Wie viel kostet eigentlich eine Cyberversicherung für eine Arztpraxis?
Die genaue Höhe der Kosten wird von verschiedenen Parametern beeinflusst, darunter die Deckungssumme, die Selbstbeteiligung, die Größe der Praxis, der Standort und individuelle Risikofaktoren. Um die passende Versicherung zu finden, ist es ratsam, mit verschiedenen Versicherungsanbietern zu sprechen und Angebote einzuholen.
Die Kosten können jährlich oder halbjährlich anfallen und bewegen sich in einem breiten Spektrum, typischerweise von einigen hundert bis hin zu mehreren tausend Euro. Dabei spielt eine entscheidende Rolle, ob die in der Praxis verwendeten Geräte einem potenziellen Hackerangriff ausgesetzt sind oder nicht.
Beispielsweise wird eine Praxis, die Endoskopie-Geräte oder Radiologieausrüstung verwendet, höhere Prämien zahlen müssen als eine Allgemeinarztpraxis.
Als grobe Orientierung:
Für eine Einzelpraxis mit zwei Behandlungsräumen und ohne weiteren angestellten Arzt, bei einer Deckungssumme von 500.000 Euro, liegen die Kosten in der Regel zwischen 700 und 1200 Euro pro Jahr.
Für ein Medizinisches Versorgungszentrum, bestehend aus mehreren Allgemeinärzten mit einer Belegschaft von bis zu 20 Personen und einem angenommenen Umsatz von etwa 1,6 Millionen Euro, belaufen sich die Kosten für umfassenden Schutz auf etwa 2000 Euro pro Jahr, bei einer Deckungssumme von 2 Millionen Euro.
In einer Radiologischen Facharztpraxis mit bis zu 20 Angestellten, mehreren Ärzten, einem Umsatz von 2,6 Millionen Euro und einer Deckungssumme von 4 Millionen Euro können die Kosten etwa 3200 Euro pro Jahr betragen.
Es ist von entscheidender Bedeutung, die individuellen Risiken und Bedrohungen Ihrer Praxis genau zu analysieren und die Deckung entsprechend anzupassen. Die Zusammenarbeit mit einem erfahrenen Versicherungsmakler oder Berater kann Ihnen dabei helfen, die geeignete Cyberversicherung für Ihre speziellen Anforderungen zu finden und sicherzustellen, dass Ihre Praxis angemessen geschützt ist. Die Kosten sollten in einem angemessenen Verhältnis zu den Risiken stehen, denen Ihre Praxis ausgesetzt ist.