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Onkologie

Brustkrebs ist die häufigste Krebserkrankung der Frau. Im Jahr 2022 sind in Deutschland 74.500 Frauen und 690 Männer neu an Brustkrebs erkrankt, so das RKI Krebsregister. 6000 weitere Frauen haben die Diagnose einer Krebsvorstufe – eines duktalen Carcinoma in situ – erhalten. Am Brustkrebs gestorben sind im selben Jahr rund 18.500 Frauen und 186 Männer.

Brustkrebsmortalität durch Früherkennungsprogramm gesunken

Seit 2009 gibt es in Deutschland das Mammografie-Screening-Programm (MSP), bei dem Frauen zwischen 50 und 69 Jahren und seit 2024 sogar bis zu 75 Jahren, alle zwei Jahre zu einer Mammografie zur Früherkennung von Brustkrebs eingeladen werden. Dadurch ist die Brustkrebssterblichkeit um 25 Prozent gesunken.

Verschiedene medizinische Fachbereiche setzen KI bereits erfolgreich zur Unterstützung der Befundung bildgebender Diagnostik ein. Jetzt haben Wissenschaftler um Prof. Alexander Katalinic, Direktor des Instituts für Sozialmedizin und Epidemiologie an der Universität zu Lübeck und dem Universitätsklinikum Schleswig-Holstein (UKSH), Campus Lübeck, in Zusammenarbeit mit dem Softwarehersteller Vara den Nutzen von KI bei der Befundung von Mammografien untersucht. Ihre Ergebnisse hat das Fachmagazin „Nature Medicine“ veröffentlicht.

Größte prospektive Studie untersucht Einsatz von KI im Mammografie-Screening

Zwölf deutsche MSP-Standorte und 119 Radiologen haben sich an der PRAIM-Studie (Prospektive multizentrische Beobachtungsstudie eines integrierten künstlichen Intelligenzsystems (AI) mit Live-Monitoring) beteiligt. Zwischen 2021 und 2023 wurden dabei Mammografien von über 460.000 Frauen gescreent. Üblicherweise befunden zwei unabhängige Radiologen die Bilder. Im Rahmen der Studie blieb es ihnen überlassen, ob sie dazu eine herkömmliche Befundungssoftware oder die KI-unterstützte Software verwendeten. Über 260.000 Mammografien landeten in der KI-Gruppe, das heißt, mindestens einer der Radiologen hatte die KI-Software angewandt. Die restlichen rund 200.000 Bilder bildeten die Kontrollgruppe.

KI erkennt signifikant mehr Brustkrebsfälle

Das waren die Ergebnisse der Studie:

  • Mit KI-Unterstützung erkannten die Radiologen 6,7 Brustkrebsfälle pro 1.000 Untersuchungen.

  • In der Kontrollgruppe entdeckten sie nur 5,7 Brustkrebsfälle pro 1.000 Untersuchungen.

  • Das bedeutet, mithilfe von KI wurden 17,6 Prozent mehr Brustkrebserkrankungen erkannt.

  • Es kam durch die KI zu keinem Anstieg falsch-positiver Ergebnisse oder nicht notwendiger Ergänzungsuntersuchungen.

  • Die KI-Unterstützung erleichterte den Radiologen die Arbeit: Für Bilder, die von der KI als unauffällig eingestuft wurden, brauchten die Radiologen zur Interpretation deutlich weniger Zeit als bei auffälligen Bildern.

  • Selbst wenn alle Befunde, die die KI als normal einstufte, nicht mehr von Radiologen nachbefundet würden, wäre die Brustkrebserkennungsrate immer noch um 16,7 Prozent höher als ohne KI-Unterstützung.

„Eigentlich wollten wir mit der Studie zeigen, dass die KI-Befundung der menschlichen Befundung gleichwertig ist. Doch die Ergebnisse haben uns positiv überrascht: KI verbessert die Brustkrebsentdeckungsrate sogar signifikant“, fasst Prof. Alexander Katalinic zusammen. „Wir hoffen, dass die höhere Trefferrate mit KI die Prognose für Frauen mit Brustkrebs weiter verbessern kann.“

Quelle:

u.a. Bundesamt für Strahlenschutz: Mammografie-Screening-Programm in Deutschland

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