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Dermatologie

Für die Unterspritzung von Falten mit Hyaluron dürfen Ärztinnen und Ärzte sowie Heilpraktiker nicht mit Vorher-Nachher-Bildern werben. Denn bei der Behandlung handelt es sich nach Auffassung des Oberlandesgerichts (OLG) Köln um einen operativen plastisch-chirurgischen Eingriff. Für diesen darf nach § 11 Absatz 1 Satz 3 Nr. 1 des Heilmittelwerbegesetzes (HWG) nicht mit entsprechenden Bildern geworben werden (27.10.2024, Az. 6 U 77/23).

In dem vom Gericht entschiedenen Fall hatte eine privatärztliche dermatologische Gemeinschaftspraxis auf ihrer Website Bilder von Patientinnen und Patienten vor und nach einer Unterspritzung der Haut mit Hyaluronsäure oder anderen Fillern veröffentlicht. Die Bilder zeigten unter anderem Hohlwangenunterspritzungen, Nasolabialfalten-Behandlung, Volumenaufbau sowie Faltenbehandlungen. Die Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs hatte die Praxis abgemahnt und auf Unterlassung und Erstattung der Abmahnkosten verklagt.

Patienten sollen vor Gesundheitsschäden und Risiken unnötiger Eingriffe geschützt werden

Sowohl vor dem Landgericht als auch vor dem OLG Köln hatte die Klage Erfolg. Hauptstreitpunkt in dem Prozess bildete die Frage, ob man einen im Vergleich zu einer OP wenig invasiven Eingriff wie eine Unterspritzung als „operativ plastisch-chirurgischen Eingriff“ bewerten kann, obwohl der Körper dabei nicht klassisch mit einem Skalpell geöffnet wird.

Gesetzlich definiert ist der Begriff nicht. Daher muss er von den Gerichten interpretiert werden. Und diese legen die Bedeutung weit aus. Operativ bedeutet demnach, dass ein instrumenteller Eingriff am oder im Körper erfolgt, mit dem Form- oder Gestaltveränderungen an den Organen oder der Oberfläche vorgenommen werden. Das Gericht argumentiert mit dem Zweck des HWG: Es soll Verbraucher vor erheblichen Gesundheitsschäden und Risiken von nicht notwendigen schönheitschirurgischen Eingriffen schützen, indem die Werbung mit Vorher-Nachher-Bildern dafür verboten wird. Es sollen schlicht keine Anreize geschaffen werden.

Das Gericht macht aber deutlich, dass der Praxis mit dem Urteil nicht verboten wird, die Behandlungen selbst weiter anzubieten. Das Werbeverbot erstrecke sich außerdem nur auf Vorher-Nachher-Bilder. Bis an diese Grenze dürfe die Praxis werben. Konkreter wird das Gericht an dieser Stelle nicht. Nur Vorher-Bilder oder nur Nachher-Bilder oder Bilder des Eingriffs selbst wären demnach möglich. Außerdem ist es nur verboten, mit Vorher-Nachher-Bildern zu werben. In der individuellen Patientenberatung dürfen sie eingesetzt werden.

Ärztekammer kann beim Thema Werbemaßnahmen nicht helfen

Nun könnten manche Ärztinnen und Ärzte auf die Idee kommen, sich Werbemaßnahmen wie Vorher-Nachher-Bilder von ihrer jeweiligen Ärztekammer absegnen zu lassen. Das bietet jedoch keinerlei Rechtssicherheit. Denn die Ärztekammer hat keine Genehmigungsbefugnis für Werbung, die nach dem HWG verboten ist. Hinzu kommt, dass der Unterlassungsanspruch verschuldensunabhängig ist. Auch wenn sich die Praxis im Recht wähnte, weil die Ärztekammer zugestimmt hatte, schützt sie das nicht.

Hätten Sie das gewusst?

Werbung mit Vorher-Nachher-Bildern bietet eine große Angriffsfläche für Abmahnungen. Das betrifft aber nicht nur Fotos, auf denen Patienten vor und nach der Faltenunterspritzung zu sehen sind. Das Oberlandesgericht Koblenz hat entschieden, dass auch Darstellungen mittels Avataren verboten sind (23.04.2024, Az. 9 U 1097/23). In dem Fall hatten Ärzte mithilfe eines Avatars (vorher/nachher) für eine Lippenunterspritzung mit Hyaluronsäure geworben. Der Begriff der „Darstellungen“ umfasse auch schematische Darstellungen als visuell wahrnehmbare Abbildung. Eine Beschränkung auf Fotos ergebe sich aus dem Wortlaut des Heilmittelwerbegesetzes nicht.

 

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