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Corona-News

Kein echter Corona-Bonus für MFA

Die schlechte Nachricht: Einen echten Corona-Bonus, vergleichbar mit dem Corona-Pflegebonus, der an Mitarbeitende in Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen gezahlt und vom Staat finanziert wird, gibt es für Medizinische Fachangestellte (MFA) in Arztpraxen nach wie vor nicht. Die Bundesregierung hat aber am 19. Mai 2022 den Weg frei gemacht für einen steuerfreien Corona-Bonus von bis zu 4.500 Euro für Beschäftigte in Arzt- und Zahnarztpraxen, Einrichtungen für ambulantes Operieren, bestimmten Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtungen, Dialyseeinrichtungen sowie im Rettungsdienst.

In welcher Höhe muss der Corona-Bonus ausgezahlt werden?

Die Entscheidung, ob und in welcher Höhe MFA in den Arztpraxen einen Bonus für ihren herausragenden Einsatz in der Corona-Pandemie erhalten, bleibt den niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten überlassen. Sie können ihren Mitarbeitenden diesen Bonus aber steuerfrei zukommen lassen. Einen Rechtsanspruch der Beschäftigten gibt es allerdings nicht. Die Steuerfreiheit für den Bonus war ursprünglich in Höhe von 3.000 € geplant, wurde aber im Gesetzgebungsverfahren auf 4.500 € angehoben.

Mehr Bonus als bisher, aber ausschließlich arbeitgeberfinanziert

Durch die Steuerfreiheit zählt die Sonderzahlung nicht zum Arbeitsentgelt und ist damit auch in der Sozialversicherung beitragsfrei. Bislang hatten Arbeitgeber unabhängig von der Branche die Möglichkeit, vom 1. März 2020 bis zum 31. März 2022 eine steuerfreie Corona-Prämie in Höhe von insgesamt maximal 1.500 Euro an Mitarbeitende zu bezahlen.

Die Union im Bundestag hatte als Opposition zwar einen Antrag eingebracht, der eine Ausweitung des staatlichen Bonus auf MFA und Rettungskräfte vorgesehen hätte. Der Antrag wurde aber von der Ampelkoalition abgelehnt. Hannelore König, Präsidentin des Verbandes medizinischer Fachberufe e.V., sagte dazu: „Damit ignoriert die Bundesregierung erneut die großartigen Leistungen insbesondere der MFA, die seit März 2020 der Garant im Schutzwall vor den Kliniken waren und verhindert haben, dass die Kliniken überlaufen.“

Finanzielle Anerkennung für MFA

Auch der Hartmannbund kritisiert die Entscheidung und hält an seiner Forderung nach einer staatlich finanzierten Corona-Prämie für die MFA in den Praxen fest. „Dabei geht es nicht nur um die finanzielle Anerkennung der Leistungen der Praxisteams, sondern auch um den Ausdruck des Respekts gegenüber einer Berufsgruppe, die – neben dem Krankenhauspersonal und den Pflegekräften in den Kliniken – einen entscheidenden Anteil an der Bewältigung der Corona-Pandemie hatte und noch immer hat. Deshalb dürfen wir da auch nicht lockerlassen“, betont Dr. Marco Hensel, Vorsitzende des Arbeitskreises „Ambulante Versorgung“ des Hartmannbundes.

Zum Vergleich: In den Genuss des staatlichen Corona-Bonus kommen Pflegekräfte in Heimen und Krankenhäusern. Er sieht aktuell eine Zahlung von maximal 550 Euro für Vollzeitbeschäftigte in der direkten Altenpflege und Betreuung vor. Bis zu 370 Euro bekommen Beschäftigte in Einrichtungen der Altenpflege, die mindestens 25 Prozent ihrer Arbeitszeit für Pflegebedürftige aufwenden. Fachkräfte in den Krankenhäusern, die besonders wegen der Corona-Pandemie belastet sind, bekämen nach vorläufiger Rechnung 1.700 Euro, Mitarbeitende auf den Intensivstationen sogar rund 2.500 Euro.

Der Spielball für einen freiwilligen, steuerfreien Corona-Bonus für MFA liegt nun bei den Praxisinhaberinnen und -inhabern. Sie müssen entscheiden, ob sie den Einsatz ihres Praxisteams in der Pandemie extra honorieren wollen und können.

Jeder Arzt muss selbst über die Bonuszahlung entscheiden

Dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter den Bonus verdient haben, steht bei den meisten Ärztinnen und Ärzten wohl außer Frage. Viele ambulante Helferinnen und Helfer sind nach über zwei Jahren Pandemie ausgebrannt, oft selbst an COVID-19 erkrankt und leiden unter der weiterhin hohen Stressbelastung. Ob und in welcher Höhe die Praxisfinanzen einen solchen Corona-Bonus zulassen, muss aber jeder Arzt selbst bestimmen.

Wer sich entscheidet, das steuerfreie Extra auszubezahlen, sollte einige arbeits- und steuerrechtliche Aspekte beachten.

Voraussetzungen für die Zahlung eines steuerfreien Corona-Bonus an MFA

Voraussetzung für die Zahlung eines steuerfreien Corona-Bonus an MFA ist gemäß § 3 Nr. 11b Einkommensteuergesetz (EstG):

  • Der Bonus muss zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn gezahlt werden.
  • Der Arbeitnehmer muss in den genannten Einrichtungen (z. B. in einer Arztpraxis) tätig sein.
  • Der Bonus muss in der Zeit vom 18. November 2021 bis zum 31. Dezember 2022 gewährt werden.
  • Mit der Sonderzahlung muss die besondere Leistung der Beschäftigten in der Corona-Krise anerkannt werden.
  • Die steuerfreie Leistung muss im Lohnkonto aufgezeichnet werden, sodass sie im Fall einer Überprüfung nachvollzogen werden kann. Das ist zum Beispiel möglich durch eine einzelvertragliche Vereinbarung zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber oder einen Überweisungsbeleg, in dem die Corona-Sonderzahlung als solche ausgewiesen ist. Die Finanzverwaltung legt hier aber keinen strengen Maßstab an.

Wer schon einmal einen steuerfreien Corona-Bonus von bis zu 1.500 Euro ausbezahlt hat, für den kann es knifflig werden. Wurde dieser vor dem 18. November 2021 gewährt, wird der neue Bonus von bis zu 4.500 Euro nicht angerechnet. Bonuszahlungen nach dem 18. November 2021 wohl hingegen schon.

Was im Begleitschreiben zur Bonuszahlung stehen muss

Doris-Maria Schuster, Fachanwältin für Arbeitsrecht in der Kanzlei Gleiss Lutz in Hamburg empfiehlt, ein Begleitschreiben zur Bonuszahlung zu verfassen und deutlich zu machen, dass es sich um den steuerfreien Corona-Bonus zur Anerkennung der Leistungen in der Corona-Krise handelt. „Für die steuerrechtliche Privilegierung ist das zwar nicht notwendig“, sagt die Juristin. „Arbeitsrechtlich sollten Arbeitgeber aber zugleich die Entstehung einer betrieblichen Übung verhindern.“

Hat ein Arbeitgeber einen Bonus nämlich regelmäßig – die Rechtsprechung geht von mindestens dreimal hintereinander aus – gewährt, kann für die Beschäftigten ein Rechtsanspruch auf die Zahlung entstehen. Davor kann ein sogenannter Freiwilligkeitsvorbehalt in dem Begleitschreiben schützen. Das ist laut Schuster vor allem dann wichtig, wenn der Arbeitgeber im vergangenen Jahr schon einmal einen steuerfreien Corona-Bonus gezahlt hat und nun ein zweites Mal etwas auszahlen möchte. Schuster: „Da ist man schon relativ nah dran an einer betrieblichen Übung.“

Wie der Freiwilligkeitsvorbehalt formuliert werden muss

Der Freiwilligkeitsvorbehalt muss klar und verständlich formuliert sein und darf keine Widersprüche enthalten. „Er sollte klarstellen, dass die Zahlung des Bonus freiwillig ist und auch bei wiederholter Gewährung kein Rechtsanspruch für die Zukunft entsteht“, rät die Juristin.

Will die Politik den Beruf der MFA tatsächlich wertschätzen, täte sie gut daran, einen von Bund finanzierten Bonus zu implementieren und die finanzielle und juristische Last nicht den Praxisinhabern aufzubürden.

Kommentar: Ein Dankeschön sieht anders aus
Wir alle können uns eigentlich gar nicht genug bedanken bei den vielen Praxishelferinnen und -helfern, die in der Pandemie für die Patienten da waren und gemeinsam mit den Niedergelassenen so viel gestemmt haben: Anrufe entgegennehmen, Fragen beantworten, COVID-19-Patienten testen und behandeln, Impfungen organisieren, den normalen Praxisbetrieb aufrechterhalten und und und. Ohne das Engagement der Arztpraxen wäre Deutschland bislang nicht so gut durch die Corona-Pandemie gekommen. Ein vom Bund finanzierter Corona-Bonus wäre daher das Mindeste, was die Gesellschaft in Anerkennung des Engagements der MFA hätte leisten können. Stattdessen warme Worte und ein Steuergeschenk in Form eines steuerfreien Corona-Bonus, den aber die niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte selbst finanzieren müssen. Der sinnbildliche schwarze Peter liegt nun bei ihnen. Ein echtes gesellschaftliches Dankeschön sieht anders aus. (ir)