Privatabrechnung: So rechnen Sie Ihre Ausgaben ab
Dr. Ulrich KarbachNatürlich sollte man einen Überblick über Kosten und Aufwand haben. Erst dann kann man sinnvoll entscheiden, ob es sich überhaupt lohnt, die Kosten in Rechnung zu stellen. Allerdings ergeben auch viele kleine Beträge eine ordentliche Summe, auf die man nicht verzichten sollte. Paragraf 10 der GOÄ listet auf, was Sie Ihren Patienten privat berechnen dürfen und was nicht.
Beginnen wir mit einem Beispiel: Ein Fahrradfahrer ist gestürzt und kommt mit verunreinigten Schürfwunden an Knie und Schulter in die Praxis. Für die nötige Reinigung werden Einmalhandschuhe, ein Einmalskalpell, eine Einmalpinzette, Tupfer, eine Nierenschale, die Flüsigkeit zum Reinigen sowie zwei größere Wundverbände benötigt. Aufgrund des unzureichenden Tetanusimpfschutzes ist zudem eine Simultanimpfung nötig, wobei die Spritzen in der Praxis vorrätig sind. Da der Radfahrer, wie die initale Anamnese ergab, privat krankenversichert ist, stellt sich die Frage, welche Kosten ihm in Rechnung zu stellen sind.
Rechtliche Grundlage für den Ersatz von Auslagen
Ganz klar: In den Allgemeinen Bestimmungen der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) regelt dies § 10. In drei Absätzen steht dort, wann welche Kosten in Rechnung gestellt werden dürfen und wann nicht.
GOÄ: Paragraf 10 (1)
In Absatz 1 von § 10 steht: „Neben den für die einzelnen ärztlichen Leistungen vorgesehenen Gebühren können als Auslagen nur berechnet werden
die Kosten für diejenigen Arzneimittel, Verbandmittel und sonstigen Materialien, die der Patient zur weiteren Verwendung behält oder die mit einer einmaligen Anwendung verbraucht sind, soweit in Absatz 2 nichts anderes bestimmt ist,
Versand- und Portokosten, soweit deren Berechnung nach Absatz 3 nicht ausgeschlossen ist,
die im Zusammenhang mit Leistungen nach Abschnitt O bei der Anwendung radioaktiver Stoffe durch deren Verbrauch entstandenen Kosten sowiedie nach den Vorschriften des Gebührenverzeichnisses als gesondert berechnungsfähig ausgewiesenen Kosten. Die Berechnung von Pauschalen ist nicht zulässig.“
die nach den Vorschriften des Gebührenverzeichnisses als gesondert berechnungsfähig ausgewiesenen Kosten. Die Berechnung von Pauschalen ist nicht zulässig.“
Bedeutung für den Beispielfall
Natürlich muss man sich zu § 10 (1) 1 die Ausführungen in § 10 (2) ansehen. Aber der letzte Satz von § 10 (1) ist auf jeden Fall wichtig. Sofern man nicht in der Lage ist, den Einzelpreis für abrechenbare Materialien oder Medikamente in der Rechnung anzugeben, geht man leer aus. Denn es ist verboten, statt dessen Pauschalen zu berechnen. Bleiben wir bei den Arzneimitteln. Wenn ich einen Tetanuskombiimpfstoff als Einzelpackung bezogen habe, könnte ich in diesem Fall dem Radfahrer für die aktive Immunisierung rund 37 Euro für diesen Impfstoff in Rechnung stellen; bei Erwerb als Zehnerpackung aber nur etwa 27 Euro. Wenn ich mich verkalkuliert habe und abgelaufene Spritzen aus der Zehnerpackung entsorgen muss, so ist das mein Problem.
Von einer Lösung, die aber nicht überall funktioniert, berichtete mir ein hausärztlicher Kollege vor einiger Zeit. In unmittelbarer Nähe zu seiner Praxis ist eine Apotheke. Also erhält der Patient das Rezept für den Impfstoff und kommt in die Praxis, nachdem er diesen besorgt hat. Das reduziert den organisatorischen Aufwand für die Praxis. Zudem fallen die Probleme mit der Lagerung von Impfstoffen zumindest für Selbstzahler und Privatpatienten weg.
GOÄ: Paragraf 10 (2)
Dieser Absatz lautet: „Nicht berechnet werden können die Kosten für
Kleinmaterialien wie Zellstoff, Mulltupfer, Schnellverbandmaterial, Verbandspray, Gewebeklebstoff auf Histoacrylbasis, Mullkompressen, Holzspatel, Holzstäbchen, Wattestäbchen, Gummifingerlinge,
Reagenzien und Narkosemittel zur Oberflächenanästhesie,
Desinfektions- und Reinigungsmittel,
Augen-, Ohren-, Nasentropfen, Puder, Salben und geringwertige Arzneimittel zur sofortigen Anwendung sowie für
folgende Einmalartikel: Einmalspritzen, Einmalkanülen, Einmalhandschuhe, Einmalharnblasenkatheter, Einmalskalpelle, Einmalproktoskope, Einmaldarmrohre, Einmalspekula.“
Bedeutung für den Beispielfall
Kommen wir zurück zum verunfallten Radfahrer. Die Tetanuskombinationsschutzimpfung ist schon weiter oben erwähnt. Auf diese trifft § 10 (1) 1 in Kombination mit § 10 (2) 3 zu. Denn die Spritze ist mit der Anwendung verbraucht und es ist von den Kosten her kein geringwertiges Arzneimittel. Von den für die Wundversorgung nötigen Materialien können nach § 10 (2) 5 die Einmalhandschuhe, das Einmalskalpell und die Tupfer nicht in Rechnung gestellt werden. Da die Auflistung abschließend ist, können die Einmalpinzette und die Nierenschale, die nach Verwendung entsorgt wird, in Rechnung gestellt werden. Die Reinigungsflüssigkeit zählt zu den geringwertigen Arzneimitteln zur sofortigen Anwendung und ist damit nicht abrechenbar. Aber die zwei größeren Wundverbände können in Rechnung gestellt werden, denn sie erfüllen die Kriterien von § 10 (1) 1 und sind gleichzeitig nicht in § 10 (2) 1 von der Rechnungsstellung ausgeschlossen. Aus medizinischen Gründen kommen Schnellverbandmaterial, Verbandspray oder Mullkompressen, die nach § 10 (2) 1 von der Rechnungsstellung ausgeschlossen sind, nicht in Frage zur Abdeckung der Schürfwunden.
Für die individuelle Rechnungsstellung ist es wichtig, dass man vom jeweiligen Lieferanten eine Auflistung der Einzelpreise bekommt. Das betrifft zum Beispiel die sterile Einmalpinzette oder auch die Wundverbände.
Fallstricke bei der Inrechnungstellung von Auslagen
Ganz klar: Materialien und Medikamente, die über den Praxisbedarf oder zum Beispiel im Rahmen der Impfvereinbarung bezogen wurden, dürfen nur bei GKV-Patienten eingesetzt werden. Daher sollte man die jeweiligen Materialien getrennt voneinander so lagern, dass eine versehentliche Nutzung ausgeschlossen ist.
Es gab schon erheblichen Ärger, wenn bei einer Praxisbegehung solch eine getrennte Aufbewahrung fehlte.
Korrekte Rechnungsstellung
Wie schon vorhin erwähnt, müssen die Kostenvorteile, die man bei Großpackungen hat, an den jeweiligen Rechnungsempfänger weitergegeben werden. Auch Rabatte und Boni oder ähnliches zählen zu den Kostenvorteilen, die man an den Rechnungsempfänger weitergeben muss. Einzige Ausnahme: Skonti, die man bei zeitnaher Bezahlung erhält, müssen nicht an Zahlungspflichtige weitergegeben werden.
GOÄ: Paragraf 10 (3)
Dieser Absatz befasst sich mit Kosten für Versand und besagt unter anderem: Versand- und Portokosten können nur von dem Arzt berechnet werden, dem die gesamten Kosten für Versandmate-rial, Versandgefäße sowie für den Versand oder Transport entstanden sind. ... Für die Versendung der Arztrechnung dürfen Versand- und Portokosten nicht berechnet werden.
Bedeutung für den Beispielfall
Da keine Laboruntersuchungen erfolgt sind, ist dies im Beispielfall irrelevant.
Wo finden sich die Kosten in der ärztlichen Privatabrechnung?
Nach § 12 (2) finden sich die Kosten am Ende der Rechnung. Mit einem Beleg müssen alle Ausgaben ab 25,26 Euro versehen werden. Bleiben wir bei der Chirurgie, so ist ein Verband nach Nr. 200 in vielen Fällen nicht abrechenbar, weil er eine Teilleistung des operativen Eingriffes ist. Etwas anderes ist es, wenn es sich eher rechnet die Nr. 1 und 5 abzurechnen als die Nr. 200 für den Verband. Dann können Sie die Kosten für den speziellen Verband trotzdem in der Rechnung aufführen. Auf alle Fälle sollte dieser in der Patientenakte vermerkt sein, damit man bei Nachfrage belegen kann, dass zum Beispiel ein Verbandwechsel ohne operativen Eingriff nötig war. Als Fazit sollte man der Rechnungsstellung der Kosten viel Aufmerksamkeit widmen, damit man nicht auf ihnen sitzen bleibt.