Nadelstichverletzung: Richtig dokumentieren & abrechnen
Dr. med. Heiner PaschTrotz aller Vorsicht gibt es immer wieder Nadelstichverletzungen – aber werden sie auch korrekt dokumentiert und abgerechnet? Oder handelt man nach dem Motto: Es wird schon nichts passieren!
Was gilt als Nadelstichverletzung nach der BGW?
Wie ist die Nadelstichverletzung aus Sicht der Berufsgenossenschaft Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege (BGW) definiert? In der Broschüre „Risiko Nadelstich“ (BGW-Themen, 2016) ist zu lesen: Als Nadelstichverletzung gilt nach Angaben der BGW jede Stich-, Schnitt- und Kratzverletzung durch Instrumente, die mit Patientenmaterial verunreinigt sind. Auch wenn es sich auf den ersten Blick um banale Verletzungen handelt, müssen sie dennoch als Arbeitsunfall dokumentiert und abgerechnet werden.
Warum die Meldung an die BGW so wichtig ist
Nadelstichverletzungen, die Praxismitarbeiter bei der Arbeit erleiden, müssen grundsätzlich der BGW gemeldet werden. Das heißt für den Praxisinhaber, dass er sowohl eine ärztliche Unfallmeldung erstellen als auch eine Arbeitgebermeldung der BGW einreichen muss. Allein aus Gründen des Gesundheitsschutzes ist es erforderlich, sich korrekt zu verhalten. Denn niemand kann im Vorhinein wissen, ob nicht doch Spätfolgen durch eine verschleppte Infektion auftreten.
Ärztliche Unfallmeldung: Welche Abrechnungsziffern sind relevant?
Für die Erstellung der Ärztlichen Unfallmeldung nach dem Formtext F1050 kann der Hausarzt bei jeder BG-lichen Verletzung die Nr. 125 UV-GOÄ abrechnen (aktuell 9,68 Euro). Dies gilt seit dem 1. Januar 2021 auch für solche Fälle, die nach einer Erstversorgung aufgrund der Vorstellungspflicht (§ 26 Vertrag Ärzte/UV-Träger) an einen D-Arzt weitergeleitet werden müssen. Zusätzlich sind eventuell anfallende Portokosten berechenbar. Daneben sind so gut wie immer auch eine symptomzentrierte Untersuchung und eine Beratung mit der Nr. 1 UV-GOÄ abrechenbar; zusätzlich hier noch die Nr. 250 GOÄ für die Blutentnahme.
Serumanalysen bei Nadelstichverletzungen: Ablauf und Empfehlungen
Bei Nachsorge von Nadelstichverletzungen geht es immer um eventuelle Übertragungen von Hepatitis B und C sowie HIV. Dabei sollte man sich am besten nach den Empfehlungen mehrerer Unfallkassen und der BGW richten (Stand 27.2.2018). Empfohlen werden Ak-Kontrollen sofort nach Verletzung sowie nach sechs und zwölf Wochen und nach sechs Monaten.
HBV: Eine Untersuchung von Anti-HBc und Anti-HBs ist nur bei unsicherer Immunitätslage indiziert (Anti-HBs-Titer nie oder vor mehr als zehn Jahren > 100 IE/L).
HCV: Eine Kontrolle von Anti-HCV wird obligat bei jeder Kontrolle empfohlen.
HIV: Screeningtest der 4. Generation bei den Kontrollen sofort und nach sechs und zwölf Wochen. Sind alle negativ, wird kein weiterer Test empfohlen. Achtung: HIV-Test nur mit dokumentierter Zustimmung des Patienten.
Abrechnung der Folgekontakte: Welche Ziffern sind möglich?
Bei blandem Verlauf sind die Folgekontakte in der Regel reine Laborkontakte, sodass in fast allen Fällen lediglich die Nr. 250 abgerechnet werden kann; allenfalls käme bei Arztkontakt eine Beratung (Nr. 11) in Frage, auf die man aber wegen des geringen Honorars verzichten sollte (Nr. 11: 3,21 Euro, Nr. 250: 3,55 Euro). Nach Vorliegen der Ergebnisse kann dann jeweils noch einmal eine Beratung nach Nr. 11 abgerechnet werden.
Laborkontrollen
sofort: Anti-HBc und anti-HBs nur bei unsicherer Immunitätslage; Anti-HCV; HIV-Screeningtest der 4. Generation
nach sechs Wochen: Anti-HBc und Anti-HBs nur bei unsicherer Immunitätslage; Anti-HCV; HIV-Screeningtest der 4. Generation
nach zwölf Wochen: Anti-HBc und Anti-HBs nur bei unsicherer Immunitätslage; Anti-HCV; HIV-Screeningtest der 4. Generation
nach sechs Monaten: Anti-HBc und Anti-HBs nur bei unsicherer Immunitätslage; Anti-HCV; HIV-Test entfällt, wenn die ersten drei Tests negativ waren