Aktuelle Umfrage: Burnout gefährdet das Gesundheitswesen
Marzena SickingEine internationale Studie* von Healthcare Information and Management Systems Society (HIMSS) im Auftrag von Nuance untersucht die Auswirkungen von Überlastung und Burnout im Gesundheitswesen in Europa und Australien. Dabei wurde festgestellt, dass Ärzte und Ärztinnen und Pflegekräfte tagtäglich überlastet und erschöpft sind.
Insgesamt haben 98 Prozent der weltweit befragten Mitarbeiter im Gesundheitswesen in der Umfrage angegeben, dass sie sich in ihrem Berufsleben mindestens einmal ausgebrannt gefühlt haben. Auf die Frage nach den Auswirkungen von COVID-19 gaben 48 Prozent der Mediziner und Pflegekräfte in Deutschland an, dass die Pandemie ihre Überlastungssymptome verschlimmert habe. Im Vergleich dazu lag dieser Wert in den Nordischen Ländern bei nur 38 Prozent und in Frankreich bei 62 Prozent.
Überstunden mit zunehmender Dokumentationspflicht
Eine entscheidende Rolle spielt die Arbeitsbelastung: Es ist wissenschaftlich erwiesen, dass ein Arbeitspensum von mehr als 40 Wochenstunden zum Burn-out beiträgt. Dennoch arbeiten unter allen befragten Ärzt:innen 88 Prozent und von den Pflegekräften 43 Prozent mehr als 40 Stunden in der Woche.
Auf administrativer Seite trägt der zunehmende Verwaltungsaufwand stark zur Belastung bei. So müssen Ärzte und Pflegekräfte hohe Anforderungen bei der Dokumentation von Patienteninformationen, Diagnosen, Untersuchungen oder Therapien erfüllen. Dadurch geht wertvolle Zeit für die Patientenversorgung verloren. Laut 82 Prozent aller teilnehmenden Ärzte und Ärztinnen und 73 Prozent des Pflegepersonals trägt diese administrative Last signifikant zur Erschöpfung bei.
„Stress und Burnout sind im Klinik-Setting ein sehr umfangreiches Thema. Seit vielen Jahrzehnten haben Pflegekräfte eine deutlich feststellbare Überbelastung“, erklärt Prof. Christel Bienstein, Präsidentin beim Deutschen Berufsverband für Pflegeberufe (DBfK) und Ratsmitglied im Deutschen Pflegerat. „Ein wesentlicher Grund dafür ist, dass Pflegende heute das, was sie können, in der Praxis im Grunde nicht anwenden: vom kommunikativen Aspekt – dem begleitenden Patientengespräch – bis zur maßgeschneiderten Versorgungssituation, damit der Patient genau das erhält, was er braucht.“
Beschäftigte im Gesundheitswesen brauchen digitale Unterstützung
HIMSS untersuchte auch, wie Informations- und Kommunikationstechnologie im Gesundheitswesen wahrgenommen wird. In der Studie äußern sich Ärzte, Ärztinnen und Pflegekräfte dazu, dass Technologie beim Stressabbau und der Aufgabenbewältigung Unterstützung bieten kann. Die HIMSS-Studie stellt zusammenfassend fest, dass Technologie ein bestimmtes Problem lösen und einen unmittelbaren Mehrwert bieten muss.
Schlussendlich muss geprüft werden, ob sie die Arbeitsbedingungen verbessert. „Um die Tätigkeit in der Versorgung wieder inhaltlich attraktiver zu machen, erscheint mir die Digitalisierung heute als nahezu einzige Option, die kommenden Aufgaben bewältigen zu können,“ erklärt Prof. Dr. Matthias Rose, Direktor der Medizinischen Klinik mit Schwerpunkt Psychosomatik an der Charité Universitätsmedizin.
In der COVID-19-Pandemie hat sich beispielsweise auch der Einsatz von Telesprechstunden vielerorts bewährt. Besonders Befragte in Australien (58 Prozent), den nordischen Ländern (57 Prozent) und Frankreich (50 Prozent) nutzen diese Möglichkeit. In Deutschland herrschte mit 28 Prozent noch mehr Zurückhaltung beim Einsatz von Telesprechstunden.
Weitere Details der Studie von Nuance und HIMSS finden Sie in dem Whitepaper „Aktuelle Burnout Gefahr im Gesundheitswesen. Das berichten die Betroffenen“ unter diesem Link.
*Methodik der Studie: Nuance Communications beauftragte HIMSS, im Zeitraum von 19. November 2020 bis 26. Februar 2021 Ärzt:innen und Pflegekräfte in zehn Ländern zu befragen. Die Zahl der Teilnehmenden lag bei 443. 416 Ärzt:innen und Pflegekräften aus Australien, Belgien, Dänemark, Frankreich, Deutschland, Norwegen, Schweden und den Niederlanden. Sie beantworteten eine Online-Umfrage. Mit 27 Ärzt:innen und Pflegekräften aus diesen Ländern sowie aus Finnland und Großbritannien wurde ein qualitatives Telefoninterview durchgeführt.