Urteil zu Sozialversicherungsbeiträgen: Honorarärzte sind nicht selbständig
Dennis Janz LL.M.Ärzte, die als Honorarärzte in einem Krankenhaus tätig sind, sind in dieser Tätigkeit regelmäßig nicht als Selbstständige anzusehen, sondern unterliegen als Beschäftigte des Krankenhauses der Sozialversicherungspflicht. Dies hat der 12. Senat des Bundessozialgerichts entschieden (Aktenzeichen B 12 R 11/18 R als Leitfall). Steuerberater Dennis Janz über das aufsehenerregende Urteil.
Bei einer Tätigkeit als Arzt ist eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung nicht von vornherein wegen der besonderen Qualität der ärztlichen Heilkunde als Dienst “höherer Art” ausgeschlossen. Entscheidend ist, ob die Betroffenen weisungsgebunden beziehungsweise in eine Arbeitsorganisation eingegliedert sind.
Letzteres ist bei Ärzten in einem Krankenhaus regelmäßig gegeben, weil dort ein hoher Grad der Organisation herrscht, auf die die Betroffenen keinen eigenen, unternehmerischen Einfluss haben.
So sind Anästhesisten – wie die Ärztin im Leitfall – bei einer Operation in der Regel Teil eines Teams, das arbeitsteilig unter der Leitung eines Verantwortlichen zusammenarbeiten muss. Auch die Tätigkeit als Stationsarzt setzt regelmäßig voraus, dass sich die Betroffenen in die vorgegebenen Strukturen und Abläufe einfügen. Im verhandelten Fall war die Ärztin wiederholt im Tag- und Bereitschaftsdienst und überwiegend im OP tätig.
Hinzu kommt, dass Honorarärzte ganz überwiegend personelle und sachliche Ressourcen des Krankenhauses bei ihrer Tätigkeit nutzen. So war die Ärztin hier nicht anders als beim Krankenhaus angestellte Ärzte vollständig eingegliedert in den Betriebsablauf. Unternehmerische Entscheidungsspielräume sind bei einer Tätigkeit als Honorararzt im Krankenhaus regelmäßig nicht gegeben, so das Gericht. Die Honorarhöhe sei deshalb nur eines von vielen in der Gesamtwürdigung zu berücksichtigenden Indizien und war vorliegend nicht ausschlaggebend.
Ein etwaiger Fachkräftemangel im Gesundheitswesen hat keinen Einfluss auf die rechtliche Beurteilung des Vorliegens von Versicherungspflicht. Sozialrechtliche Regelungen zur Versicherungs- und Beitragspflicht können nicht außer Kraft gesetzt werden, um eine Steigerung der Attraktivität des Berufs durch eine von Sozialversicherungsbeiträgen “entlastete” und deshalb höhere Entlohnung zu ermöglichen, so die Richter.
Fazit:
Das Bundesarbeitsgericht hat entscheiden, dass Honorarärzte regelmässig keine freien Mitarbeiter, sondern sozialversicherungspflichtig sind. Daraus ergeben sich vielfältige Folgerungen bei Sozialversicherung und Steuern. Vor allem ist schnelles Handeln gebeoten, um wirtschaftliche und rechtliche Nachteile zu vermeiden.
Eine Folge dieses Urteils wird sein, dass die Sozialversicherungsträger massenhaft die Sozialversicherungsbeiträge einfordern werden. Hinzu kommt auch die Lohnsteuer für die nun als Angestellte geltenden Ärzte.
Aus steuerstrafrechtlichen Überlegungen heraus ist noch hinzu zu fügen, dass je nach Kenntnis von der Rechtslage die Klinken jedenfalls steuerlich zur Berichtigung beziehungsweise Nachmeldung verpflichtet sind. Kommen sie dem nicht pflichtgemäß nach, droht ihnen bzw. den Vertretungsorganen Strafbarkeit wegen Lohnsteuerhinterziehung.
Hinweise zur Rechtslage
§ 7 Absatz 1 SGB IV: 1,Beschäftigung ist die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. 2,Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers.