Ab sofort: Privatkliniken müssen keine Umsatzsteuer mehr zahlen
A&W RedaktionHeilbehandlungsleistungen von Privatkliniken waren bisher umsatzsteuerpflichtig. Das hat sich seit 01.01.2020 aber grundlegend geändert. Annette Bettker, Steuerberaterin bei Ecovis in Rostock, erklärt, wer künftig von der neuen Steuerfreiheit profitieren kann.
Die Regeln der Steuerbefreiungen im deutschen Umsatzsteuerrecht sind für die Gesundheitswirtschaft zu eng gefasst. Außerdem stehen sie nicht im Einklang mit dem europäischen Mehrwertsteuersystem. Das hatte der Bundesfinanzhof schon 2014 entschieden (23.10.2014, Az. V R 20/14). Das wird nun mit dem Gesetz zur weiteren steuerlichen Förderung der Elektromobilität und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften gelockert: Umsätze von Privatkliniken sind ab dem 01.01.2020, unabhängig von sozialversicherungsrechtlichen Zulassungen, umsatzsteuerfrei (§ 4 Nr. 14 Buchst. b) Doppelbuchst. aa) UStG n. F.).
Unter welchen Bedingungen Privatkliniken steuerbefreit sind
Damit eine Privatklinik steuerbefreit ist, muss sie bestimmte Voraussetzungen erfüllen. Die Steuererleichterung greift nur dann, wenn
- das Leistungsangebot der Privatklinik ähnlich dem von Krankenhäusern ist, die selbst Einrichtungen des öffentlichen Rechts sind oder
- das Leistungsangebot der Privatklinik ähnlich dem von Krankenhäusern ist, die nach § 108 SGB V zugelassen sind UND
- die Kosten in voraussichtlich mindestens 40 Prozent der jährlichen Belegungs- oder Berechnungstage auf Patienten entfallen, bei denen für die Krankenhausleistungen kein höheres Entgelt als für allgemeine Krankenhausleistungen nach dem Krankenhausentgeltgesetz oder der Bundespflegesatzverordnung berechnet wird oder
- voraussichtlich mindestens 40 Prozent der Leistungen den in § 4 Nummer 15 Buchst b. UStG genannten Personen zugutekommt.
Die Steuerbefreiung ist nicht immer vorteilhaft
Für Privatkliniken bedeutet das nicht unbedingt eine Erleichterung. Denn sie müssen nachweisen, dass sie die genannten Voraussetzungen für die Steuerbefreiung auch tatsächlich erfüllen. Insbesondere die Prüfung der 40 Prozent-Quote könnte bei Privatkliniken zu Schwierigkeiten führen. Grund dafür ist, dass ihre Entgelte im Vergleich zu Plankrankenhäusern schon allein deswegen höher sein dürften, weil sie keine öffentlichen Subventionen bekommen.
Außerdem sollten Privatkliniken abwägen, ob die Steuerfreiheit im Einzelfall auch wirklich günstiger für sie ist. „Bedenken Sie, dass die Steuerfreiheit für Ausgangsleistungen einen Verlust des Vorsteuerabzugs für Eingangsleistungen nach sich ziehen würde“, gibt Ecovis-Steuerberaterin Annette Bettker aus Rostock zu bedenken, „dies kann insbesondere dann eine Rolle spielen, wenn Sie in der Vergangenheit hohe Investitionen getätigt haben, für die Sie den Vorsteuerabzug in Anspruch genommen haben.“ Kommt es zu einer Steuerbefreiung, könnten Rückzahlungen an das Finanzamt drohen. „Da es sich bei der Steuerbefreiung nicht um ein Wahlrecht handelt, sollten Sie das weitere Vorgehen unbedingt mit Ihrem Steuerberater abstimmen, um böse Überraschungen zu vermeiden“, rät Expertin Bettker.