Zeiterfassung in Praxen und Kliniken: Was jetzt zu beachten ist
Judith MeisterBereits im September 2022 hat das Bundesarbeitsgericht entschieden, dass Arbeitgeber verpflichtet sind, die Arbeitszeit ihrer Belegschaft zu erfassen. Wie genau, war bis vor kurzem allerdings unklar. Nun liegt die Begründung des Beschlusses vor – und bringt ein wenig Licht ins Dunkel.
Bislang bestand in Deutschland keine gesetzliche Verpflichtung zur Aufzeichnung der Arbeitszeit. Nach den hiesigen Gesetzen müssen Arbeitgeber daher (eigentlich) nur die Überstunden ihrer Beschäftigten dokumentieren. Da jedoch das EU-Recht von den Mitgliedsstaaten eine exakte Dokumentation der Arbeitszeit verlangt, hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) inzwischen entschieden, dass Arbeitgeber in Deutschland auch den Beginn, die Dauer und das Ende der regulären Arbeitszeit erfassen und dokumentieren müssen (BAG, Az. 1 ABR 22/21).
Der Aufwand steigt durch die Verpflichtung zur Zeiterfassung
Für Praxen und Kliniken bedeutet das, dass ein Schicht- oder Dienstplan nicht mehr genügt, um die Stundenzahl der einzelnen Teammitglieder nachzuweisen. Nicht ausreichend ist es auch, dass der Arbeitgeber der Belegschaft ein Zeiterfassungssystem zur freiwilligen Nutzung anbietet. Vielmehr muss er auch dafür sorgen, dass die Angestellten dieses System tatsächlich nutzen.
Möglich ist es allerdings – wie schon bisher – die Aufzeichnung der Arbeitszeiten an die Mitarbeiter zu delegieren. Solange der Gesetzgeber keine konkreten Vorgaben macht, können Praxen und Kliniken außerdem selbst entscheiden, wie sie bei der Zeiterfassung vorgehen. Von Apps über Stechuhren bis zum guten alten Stundenzettel ist also alles möglich.
Wie Verstöße bei der Zeiterfassung geahndet werden
Nach der Entscheidung des BAG besteht für alle Arbeitgeber eine „objektive gesetzliche Handlungspflicht“, die Arbeitszeit ihrer Mitarbeiter zu erfassen. Sie gilt eigentlich ab sofort. Praxen und Kliniken, die dennoch auf die Vorgaben des Gesetzgebers warten, gehen allerdings ein überschaubares Risiko ein. Denn erst, wenn eine Praxis der Anordnung der Arbeitsschutzbehörde nicht Folge leistet und die Zeiten erhebt, drohen Geldbußen.
Dennoch raten Experten dringend , sich mit dem Thema jetzt schon auseinanderzusetzen und zu erkunden, welche Varianten der Zeiterfassung für die eigene Praxis oder Klinik am praktikabelsten sind.