Werbung mit Mund-Kiefer-Gesichtschirurgie ohne MKG-Chirurg unzulässig
A&W RedaktionDie Werbung mit Leistungen der Mund-Kiefer-Gesichtschirurgie (MKG) ist unzulässig, wenn in Klinik oder Praxis gar kein MKG-Chirurg tätig ist. Das hat das Landgericht Heidelberg in einem aktuellen Urteil entschieden.
Die Mund-Kiefer-Gesichtschirurgie (MKG) erfordert eine zahnmedizinische und eine humanmedizinische Ausbildung. Deshalb darf eine zahnmedizinische Klinik nur mit Leistungen der Mund-Kiefer-Gesichtschirurgie werben, wenn dort auch ein MKG-Chirurg tätig ist. Arbeiten dort aber nur Zahnmediziner und ein externer MGK-Experte kann nur im Einzelfall hinzugezogen werden, ist die Werbung unlauter und muss unterlassen werden (Landgericht Heidelberg, Az.: 11 O 50/17 KfH).
Der verhandelte Fall
Geklagt hatte die Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs. Zu deren Mitgliedern gehören unter anderem die Landesärztekammer, die Bundesärztekammer, die Bundeszahnärztekammer, die Deutsche Gesellschaft für Implantologie im Zahn-, Mund und Kieferbereich e.V. und die Deutsche Gesellschaft für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie e.V.
Angeklagt wurde eine Klinik in Heidelberg. Der Geschäftsführer der Beklagten, Doktor F., ist Zahnmediziner und Leiter der Abteilung der Beklagten für Oralchirurgie. Auf der Homepage ließ er eine Rubrik über Mund-Kiefer- und Gesichtschirurgie einrichten. Er suchte außerdem in einer Werbeanzeige in der Rhein-Neckar-Zeitung Patienten für Zahnimplantate, die im Rahmen der Fort- und Weiterbildung von Ärzten und Zahnärzten eingesetzt werden sollten. Laut Anzeige sollten die Materialkosten von der Klinik übernommen und die operativen Eingriffe von “Doktor R. F., Fachzahnarzt für Oralchirurgie, S. Klinik, Leiter der „Abteilung für Oral- & Mund Kiefer Gesichtschirurgie“ durchgeführt werden.
Verbraucher werden getäuscht, so der Vorwurf
Dagegen ging die Wettbewerbszentrale juristisch vor. Der Bereich Oralchirurgie stelle ein zahnärztliches Fach dar, Voraussetzung sei das Studium der Zahnmedizin. Die Facharztbezeichnung für den Bereich der Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie setze allerdings das Studium der Humanmedizin und Zahnmedizin voraus. Der Geschäftsführer der Klinik ist Zahnmediziner.
Der informierte Verbraucher gehe bei einer Klinik, die mit der Bezeichnung Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie werbe, davon aus, dass die betreffende Abteilung über eine gewisse organisatorische Größe und entsprechende personelle Ausstattung verfügt. Diese Voraussetzungen erfülle die Klinik aber nicht.
Auch wenn der Verbraucher nach eingehender Recherche des Internetauftritts schon feststellen könnte, dass dem Ärzteteam dauerhaft gar keine Fachärzte für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie angehörten, würde er durch die Werbung erst mal in die Irre geleitet. Der Verbraucher rechne bei dem Hinweis auf eine Mund-, Kiefer und Gesichtschirurgie auf der Homepage der Beklagten mit einer dort befindlichen eigenen Abteilung, entsprechendem fachlichen Know-how und entsprechend fachlich ausgebildeten Ärzten.
Bereits die Frage, ob eine Hinzuziehung eines Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgen im Einzelfall erforderlich sei, gehöre schließlich in den Bereich der Humanmedizin. Dieser könne von den in der Klinik beschäftigten Fachärzten, Zahnmedizinern, aber nicht abgedeckt werden.
Bezeichne sich der Geschäftsführer der Beklagten als Leiter der Abteilung für Mund-Kiefer- und Gesichtschirurgie, obgleich er als ausgebildeter Zahnmediziner eine ärztliche Behandlung in diesem Bereich gar nicht vornehmen könne, sei das mit den geweckten Erwartungen der Verbraucher nicht zu vereinbaren, weshalb auch diese Werbung zu unterlassen sei.
Die Klage hatte Erfolg
Die beanstandete Angabe stelle eine unlautere Wettbewerbshandlung im Sinne von § 5 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 und Nr. 3 UWG dar, bestätigte deshalb das Gericht. Gemäß § 5 Abs. 1 S. 2 UWG ist eine geschäftliche Handlung unter anderem dann irreführend, wenn sie zur Täuschung geeignete Angaben über wesentliche Merkmale der Dienstleistung (§ 5 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 UWG) und über die Eigenschaften des Unternehmers (§ 5 Absatz ein S. 2 Nr. 3 UWG) enthält.
Der normal informierte Internetnutzer könne nicht erkennen, dass der Klinik kein Mund-, Kiefer- oder Gesichtschirurg angehört. Die Erwähnung der Mund-, Kiefer-, Gesichtschirurgie neben der Oralchirurgie lasse vielmehr darauf schließen, die Beklagte verfüge über verschiedene Abteilungen mit entsprechenden Fachärzten. Dies sei nicht der Fall.
Daher sei der Verstoß geeignet, Patienten als Verbraucher spürbar zu beeinträchtigen. Die Tatsache, dass der Verbraucher sich durch Anklicken der Rubrik „Team der Klinik“ einen Überblick über die aktuell tätigen Fachärzte und deren Bezeichnung verschaffen könne, ändert an der Irreführung nichts.
Präsentiert sich der Geschäftsführer in der Werbeanzeige als Leiter der Abteilung für Oral- und Mund-, Kiefer-, Gesichtschirurgie, löse er gleichfalls den Eindruck aus, es gehöre der Klinik der Beklagten ein Arzt mit der Facharztbezeichnung Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie an.
Die Klinik wurde verurteilt, diese Werbung zu unterlassen. Bei einem Verstoß droht ein Bußgeld von bis zu 250.000 Euro.