Wirtschaftsnachrichten für Ärzte | ARZT & WIRTSCHAFT
Wettbewerbsrecht

Im Februar 2021 versandte der beklagte Mediziner per E-Mail ein Informationsschreiben zur Beratung über Telefon und Video zu Raumfahrt- und Regulationsmedizin. Hierbei bewarb er diesbezügliche Ferndiagnostik und -therapie. Er ist Facharzt für Neurologie und Psychiatrie sowie Psychotherapie. In dem Schreiben bezeichnete er sich zudem auch als Facharzt für „Akupunktur“, „Sexualmedizin“ und „Raumfahrttechnik“.

Die Wettbewerbsentrale forderte den Mediziner erfolglos zur Unterlassung dieser Werbung auf. Als dieser nicht reagierte, versuchte der Verband eine einstweilige Verfügung zu erwirken. Mit Erfolg: Das Landgericht Koblenz sah hier einen Fall von unlauterer Werbung (Az.: 1 HK O 29/21).

Einstweilige Verfügung untersagt ärztliche Werbung

Das Gericht betrachtete seine E-Mails für eine unlautere, weil irreführende, geschäftliche Handlung im Sinne der §§ 3 Abs. 1, 3a, 5 Abs. 1 UWG. Sie stufte den Inhalt des Informationsschreibens als unlautere Werbung ein, da der Mediziner zum einen in unzulässiger Weise entgegen § 9 HWG eine Fernbehandlung bewarb und sich zum anderen als Facharzt für Fachgebiete bezeichnete, die keine anerkannten Facharztbezeichnungen darstellen.

Werbung für Fernbehandlung weiterhin verboten

Werbung für eine sogenannte Fernbehandlung ist gemäß § 9 HWG unzulässig, es sei denn nach allgemein anerkannten fachlichen Standards ist ein persönlicher ärztlicher Kontakt mit dem zu behandelnden Menschen nicht erforderlich. Eine ausschließliche Beratung oder Behandlung über Kommunikationsmedien ist nach § 7 Abs. 3 BOÄ-RLP im Einzelfall erlaubt, wenn dies ärztlich vertretbar ist und die erforderliche ärztliche Sorgfalt insbesondere durch die Art und Weise der Befunderhebung, der Beratung, der Behandlung sowie der Dokumentation gewahrt wird und die Patientin oder der Patient auch über die Besonderheiten der ausschließlichen Beratung und Behandlung über Kommunikationsmedien aufgeklärt wird. Die fehlende Erforderlichkeit des persönlichen ärztlichen Kontakts hatte der beklagte Mediziner dem Gericht aber nicht dargelegt.

Es gibt keinen Facharzt für „Akupunktur“, „Hypnose“ oder „Sexualmedizin“

Zudem war die Bezeichnung u.a. als Facharzt für „Akupunktur“, „Hypnose“, „Sexualmedizin“ und „Raumfahrtmedizin“ nach Ansicht der Richter irreführend. Eine Facharztbezeichnung setze den erfolgreichen Abschluss einer Weiterbildung in einer zugelassenen Weiterbildungsstätte sowie die Anerkennung durch die jeweils zuständige Bezirksärztekammer voraus. Ansonsten darf eine Facharztbezeichnung nicht geführt werden.

Die Gebiete, für die es eine anerkennungsfähige Facharztbezeichnung gibt, sind in der Weiterbildungsordnung für Ärztinnen und Ärzte in Rheinland-Pfalz näher bezeichnet. Weder „Akupunktur“ noch „Hypnose“ noch „Sexualmedizin“ und auch nicht die „Raumfahrtmedizin“ gehören zu diesen Gebieten.

Das Gericht erklärte, die Irreführung durch das versandte E-Mail-Schreiben sei somit geeignet gewesen, den Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte. Die Richter verweisen darauf, dass Verbraucher besondere Fachkenntnisse über „Hypnose“, „Sexualmedizin“ usw. und damit eine bestmögliche Behandlung auf diesen Gebieten erwarteten.

Irreführende Werbung bei Ärzten kein Einzelfall

Es handelt sich bei dem Verfahren um keinen Einzelfall. Erst jüngst hat das OLG Oldenburgeinem Zahnarzt untersagt, sich als „Zahnarzt für Kieferorthopädie“ zu bezeichnen, sofern er nicht die nach dem Weiterbildungsrecht einer Zahnärztekammer erworbene Bezeichnung „Fachzahnarzt für Kieferorthopädie“ führen darf (OLG Oldenburg, Urteil vom 30.04.2021, Az. 6 U 263/20).

Quelle: Pressemitteilung des LG Koblenz v. 02.08.2021, Wettbewerbszentrale