Ärztebewertung im Internet – wie wehrt man sich gegen ungerechte Bewertungen?
Dr. jur. Dr. med. Thomas RuppelArztsuche und Arztbewertung im Internet: Des einen Freud – des anderen Leid. Eine positive Arztbewertung kann gerade einer neuen Praxis viele Patienten bringen – oder jede Menge Ärger bereiten, wenn das Urteil bei Jameda & Co. negativ ausfällt. Der folgende Beitrag gibt eine erste Orientierung zu den rechtlichen Fallstricken von Bewertungsportalen.
Immer mehr Patienten verlassen sich bei der Arztsuche auf das Internet. Eine positive Arztbewertung kann der Praxis schnell neue Patienten bringen. War jemand mit der Behandlung allerdings nicht zufrieden und kritisiert den Arzt entsprechend, kann das auch negative wirtschaftliche Folgen haben. Kein Wunder also, dass sich viele Praxisinhaber fragen: Kann ich als Arzt meine Aufnahme in Bewertungsportale vielleicht verhindern? Und wie gehe ich gegen negative Bewertungen vor?
Patienten finden das Angebot attraktiv
Die schlechte Nachricht zuerst: Es gibt keine Möglichkeit, die Aufnahme der eigenen Praxis in ein Arztbewertungsportal wie Jameda zu verhindern. Die Rechtsprechung lässt das dadurch berührte Allgemeine Persönlichkeitsrecht der Ärzte hinter dem Recht auf Kommunikationsfreiheit der Anbieter solcher Portale zurücktreten. Hierzu gab es schon mehrere wegweisende Urteile, auch vom BGH.
Anonymität der Bewerter wird geschützt
Die zweite schlechte Nachricht: Es gibt nur unzureichende Möglichkeiten, zu erfahren, wer hinter schlechten Bewertungen steckt. Gerade diese Information wäre aber etwa dann, wenn hinter vermeintlich mehreren unzufriedenen Patienten nur eine Person steckt oder diese Person aus dem Praxisalltag als schwierig bekannt ist, wichtig. Jedoch verwehrt das Telemediengesetz den Betreibern von Ärztebewertungsportalen die Nutzerdaten herauszugeben. Zivilrechtliche Ansprüche auf Herausgabe sind nicht erfolgreich, wie schon mehrere Urteile gezeigt haben.
Eine Möglichkeit besteht dennoch, an die Nutzerdaten des Portals heranzukommen: Wenn der Arzt eine Strafanzeige gegen den Nutzer stellt, hat die Staatsanwaltschaft selbstverständlich die Möglichkeit, die Nutzerdaten des angeblichen Patienten zu erhalten. Der Arzt kann dann wiederum Akteneinsicht bei der Staatsanwaltschaft beantragen und findet in dieser Akte auch die Nutzerdaten. Akteneinsicht wird jedoch oft erst nach vielen Monaten gewährt. Die Strafanzeige ist damit ungeeignet, schnell Abhilfe zu schaffen, wenn Patienten die Arztpraxis oder den Arzt negativ bewerten.
Betreiber des Arztbewertungsportals muss auf Hinweise reagieren
Die etwas bessere Nachricht: Gegen den Betreiber des Arztbewertungsportals kann man vorgehen. Der Betreiber hat zwar keine Verpflichtung, die Einträge von sich aus auf Rechtsverstöße zu untersuchen. Er muss jedoch auf hinreichend konkrete Hinweise über eine falsche Information auf seiner Seite reagieren. Ist die Bewertung der angeblichen Behandlung rechtswidrig, hat der Arzt einen Anspruch auf Entfernung, also Löschung, dieser Bewertung.
Rechtswidrige Beiträge werden gelöscht
Wann ist der Eintrag rechtswidrig? Bewertungen sind zumeist Meinungsäußerungen, sind kund getane Gefühle. Als solche unterliegen sie der Meinungsfreiheit und können an sich nicht falsch sein. Ein Anspruch, unangenehme Meinungsäußerungen von Patienten entfernen zu lassen, besteht erst dann, wenn diese Schmähkritik sind, das heißt jegliche sachliche Ebene verlassen haben und nur noch dazu dienen, den Arzt zu diffamieren.
Falsche Tatsachenbehauptungen muss kein Arzt hinnehmen
Einfacher sind Unterlassungsbegehren, wenn Patienten keine Meinungen, sondern falsche Tatsachen behaupten. Tatsachen sind, im Gegensatz zu Meinungen, alle Behauptungen, die man nachprüfen und beweisen kann. Falsche Tatsachenbehauptungen in negativen Bewertungen muss kein Arzt über sich ergehen lassen. Hiergegen bestehen Unterlassungsansprüche, die an den Betreiber des Bewertungsportals zu richten sind. Um diese durchzusetzen, benötigt der Arzt allerdings die Unterstützung eines Rechtsanwalts.
Für den Erfolg eines Unterlassungsbegehrens relevant und juristisch schwierig ist jedoch die Abgrenzung von Meinungsäußerungen des Patienten zu Tatsachenbehauptungen. So sei die Behauptung, ein bewerteter Mediziner sei „kein guter Arzt”, zwar eine Meinungsäußerung und auch keine Schmähkritik. Diese habe jedoch einen Tatsachenkern, nämlich die konkrete medizinische Behandlung des Arztes. Diese war nicht zu beanstanden und die Behauptung deshalb rechtswidrig, so das Urteil in einem entsprechenden Fall. Anderseits haben Gerichte auch schon in eindeutigen Tatsachenbehauptungen wie der Barrierefreiheit der Praxis zugleich Meinungsäußerungen gesehen und Unterlassungsansprüche verneint.
Fazit: Gegen die Aufnahme in Ärztebewertungsportale wie Jameda kann man sich nicht wehren. Unwahre Tatsachenbehauptungen über die eigene Arbeit und Praxis muss aber kein Arzt hinnehmen.